Titelgeschichte: Trump, Türkei, Brexit, Terror - Warum spielt die Welt verrückt?
„Wo sollen wir anfangen?“, fragt der Reporter, und Mark Toner, der Sprecher des US-Außenministeriums, kann ihm auch nicht helfen. „Wo anfangen… ja…“, murmelt er verloren. Es ist Mittwoch vergangener Woche, im State Department findet das tägliche Presse-Briefing statt. Wie immer wird die Lage der Welt aus Sicht der US-Regierung besprochen. Normalerweise liegt auf der Hand, was wichtig ist, was als Erstes kommt und was zuletzt. Doch derzeit ist alles anders. Sagen wir einmal so: Die Welt eignet sich nicht für ein Briefing. Man kann es auch ein wenig drastischer formulieren: Alles spielt verrückt. In nur wenigen Wochen sind vier große Verwerfungen passiert, die für viele Jahre alles anders machen könnten. In Cleveland, Ohio, haben die Republikaner mit Donald Trump einen Mann für das Weiße Haus – und damit zum Herren über die Nuklearcodes einer Supermacht – nominiert, der seinen Gegnern offen mit Gewalt droht und rassistische Pöbeleien für politische Statements hält.
Ist es Zufall, dass alles zusammenkommt?
Die Briten haben entschieden, dass sie nicht länger in der EU bleiben wollen, und gefährden damit ein supranationales Projekt, das ohnehin schon in Lethargie feststeckte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat einen Militärputsch abgewehrt und geht nun dazu über, sein Land von Dissidenten zu säubern. Und als wäre das noch nicht genug, bricht immer wieder Gewalt durch die Fassade vorgeblich stabiler Demokratien – von den Schießereien zwischen US-Polizisten und schwarzen Bürgern bis zu den zumindest islamistisch inspirierten Terroranschlägen von Nizza oder Würzburg.Es ist nicht das erste Mal, das die Welt aus den Fugen zu geraten scheint. Der Fall der Sowjetunion, 9/11, die weltweite Finanzkrise waren schwere Krisen, ihre Nachwehen sind bis heute spürbar. Was ist dieses Jahr anders? Ist es Zufall, dass alles zusammenkommt? Die Welt scheint irrationaler, gefährlicher, feindseliger und komplexer geworden zu sein. Es fühlt sich an, als würde sie an allen Ecken und Enden brennen. „Wir erleben ein globales Drama“, schreibt „Die Zeit“ auf ihrem Titelblatt. Das alles ist nicht mehr weit weg, sondern kommt näher.
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