Donald Trump und Joe Biden
US-Wahl

Trump: Er ist immer noch da

Donald Trump kann unmöglich noch einmal zum US-Präsidenten gewählt werden – nach allem, was vorgefallen ist? Bloß nicht schon wieder ein vorschnelles Urteil!

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Der 16. Juni 2015 markiert gleichzeitig den Beginn der wohl unglaublichsten politischen Karriere der US-Geschichte und des am längsten währenden Irrtums der politischen Beobachterszene – Experten, Medien, profil nicht ausgenommen. An diesem Tag fährt der Geschäftsmann und TV-Promi Donald J. Trump im nach ihm benannten Trump Tower in Manhattan auf der Rolltreppe eine Etage tiefer, um vor Medien und Publikum seine erste Präsidentschaftskandidatur bekannt zu geben. Niemand nimmt die Sache besonders ernst. Die Nachrichtenagentur Reuters schickt eine Praktikantin, um das wenig bedeutsam erscheinende Ereignis zu covern.

Trump, so waren sich damals so gut wie alle sicher, hätte bei den Vorwahlen keine Chance, würde niemals republikanischer Kandidat und noch weniger US-Präsident. Irrtum. Als er dann 2020 die Wiederwahl gegen Joe Biden verliert, setzt sich die Fehleinschätzung fort. Er sei erledigt, würde nie wiederkehren und eher im Gefängnis landen als noch einmal im Weißen Haus. Nächster Irrtum.

Am übernächsten Montag, dem 15. Jänner, beginnen die Vorwahlen der Republikaner, und Donald Trump liegt in den Umfragen bei 61 Prozent, während seine Verfolger, wenn man sie so nennen will, auf gerade einmal elf Prozent kommen. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird er am 5. November neuerlich als Kandidat für das Präsidentenamt antreten, voraussichtlich gegen Amtsinhaber Joe Biden. Kurz: Donald Trump ist immer noch da, und wie. Achteinhalb Jahre nach der Rolltreppenfahrt im Trump Tower ist seine Popularität ungebrochen. In Umfragen liegt er manchmal vor Biden, manchmal gleichauf, fast nie hinter dem Präsidenten. Und das nach allem, was vorgefallen ist. Unmöglich, aufzuzählen, durch wie viele Skandale, Fehltritte und mutmaßlich kriminelle Handlungen Trump sich in den Augen der Wählerinnen und Wähler hätte disqualifizieren müssen. Doch nein, sie halten weiter zu ihm, möglicherweise sogar eine Mehrheit unter ihnen.

Wie kann das sein?

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur