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Trump empfängt selbstbewussten Juncker

EU-Kommissionspräsident: EU wird "auf Augenhöhe verhandeln".

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will selbstbewusst in das Gespräch Treffen mit Donald Trump zum Handelsstreit gehen und hofft auf ein Angebot des US-Präsidenten. "Wir sitzen hier nicht auf der Anklagebank. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen", sagte Juncker in einem ZDF-Interview vor dem Besuch im Weißen Haus am Mittwochabend.

"Es kann ja auch sein, dass Herr Trump uns auch etwas anzubieten hat."

Die deutsche Regierung forderte Juncker und dessen Delegation zu einer harten Haltung im Handelsstreit auf. Die deutsche Wirtschaft fürchtet im Fall von Autozöllen Milliardenlasten. Derweil sprachen sich Ökonomen für neue Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen aus.

Juncker plädierte für einen Verzicht auf weitere Zollerhöhungen und eine "Beruhigung der Gesamtlage", warnte aber auch Trump: "Wenn es zu Autozöllen kommt, dann muss die EU Gegenmaßnahmen ergreifen. Dazu sind wir bereit. Das haben wir nicht im Gepäck, aber im Kopf. Wir sind in der Lage, dass wir sofort adäquat antworten können." Die EU werde "auf Augenhöhe verhandeln". Was die Gesprächsergebnisse angehe, sei er "nicht übermäßig optimistisch". Zuvor hatte Juncker mitteilen lassen, dass er ohne ein konkretes Angebot zu Trump reisen werde.

Die EU muss sich wehren und darf sich nicht erpressen lassen

Der deutsche Außenminister Heiko Maas gab Juncker eine klare Handlungsempfehlung mit auf den Weg. "Die EU muss sich wehren und darf sich nicht erpressen lassen", sagte der SPD-Politiker der Funke-Mediengruppe. "Wir müssen die EU zusammenhalten und uns gemeinsam selbstbewusst gegen Strafzölle wehren." Sollte Trump weitere Zölle verhängen lassen, wäre die EU aus Sicht von Maas zu Gegenmaßnahmen gezwungen.

Ziel der EU ist es vor allem, Trump von der Einführung von Sonderzöllen auf Autoimporte abzuhalten. Diese würden vor allem die deutsche Wirtschaft deutlich stärker treffen als die bereits geltenden Abgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte. Trump begründet seine Zusatzzölle "mit nationalen Sicherheitsinteressen". Die EU hält das aber für unglaubwürdig und geht davon aus, dass es darum geht, die US-Wirtschaft vor unerwünschter Konkurrenz zu schützen.

In der deutschen Wirtschaft wächst inzwischen die Sorge. "Sollten die USA die angedrohten Zölle auf importierte Autos erheben, würde das allein in der ersten Runde eine Mehrbelastung von rund fünf Milliarden Euro für deutsche Unternehmen ausmachen, sagte Eric Schweitzer, Präsident des DIHK, der "Passauer Neuen Presse".

Trump erfährt vor dem Treffen mit der EU-Spitze Widerstand im eigenen Land. So stellte sich der US-Dachverband der Autozulieferer gegen seinen Kurs. "Alle Autoproduzenten, ob in- oder ausländisch, sind gegen die Zölle", sagte Ann Wilson, Vizepräsidentin des Verbands Mema, dem "Handelsblatt" (Mittwoch). Unter Autozöllen würden viele Betriebe in Amerika leiden. Gegen Trump wandten sich auch Hersteller von Garten- und Elektrogeräten. Vertreter beklagten in Washington, Firmen hätten die Produktion wegen Zöllen bereits herunterfahren müssen. "Wir sind im Zentrum dieses Handelskrieges gefangen."

Zölle sind das größte!

Trump geht mit unverhohlenen Drohungen in die Gespräche. "Zölle sind das größte!", schrieb er am Dienstag auf Twitter, nur "faire Handelsabkommen" seien eine Alternative. Was er darunter versteht, war unklar. Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA, das Zölle und andere Handelshemmnissen beseitigen sollte, hatte Trump auf Eis gelegt.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforderung (DIW) und das Ifo sprachen sich nun für neue TTIP-Verhandlungen aus. "Ich habe die Hoffnung, dass US-Präsident Trump und EU-Kommissionspräsident Juncker sich auf eine große Freihandelszone einigen werden", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher der Deutschen Presse-Agentur.

Auch das Ifo glaubt, dass die Gespräche mit Trump eine Chance für neue TTIP-Gespräche sind. Juncker und Malmström sollten aber zeigen, dass Europa bereit sei, "auch vor der eigenen Haustür zu kehren", sagte Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr dem SWR. Brüssel müsse zugeben, dass Europas eigene Zölle auf Autos, aber auch jene in der Agrar- und Lebensmittelbranche hoch seien.

Widerstand kam von der Linkspartei. "Weder ein TTIP-light noch Angst vor härterer Besteuerung von US-Konzernen helfen Jean-Claude Juncker im Handelskrieg mit Donald Trump", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Fabio De Masi. Ein Freihandelsabkommen stütze die deutsche Autoindustrie, sei aber nicht im Interesse der französischen oder italienischen Landwirte.

In der Nacht zum Mittwoch schob Trump abermals auf Twitter einen Vorschlag nach. Sowohl die USA als auch die Europäische Union könnten sämtliche Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen aufheben. "Das wäre dann endlich das, was man freien Markt und fairen Handel nennt! Ich hoffe, sie tun es, wir sind dazu bereit - werden sie aber nicht!"

Trump hat auch mit China und anderen Wirtschaftspartnern einen Handelsstreit vom Zaun gebrochen. Um die Folgen für heimische Landwirte abzumildern, kündigte die US-Regierung am Dienstag Nothilfen in Höhe von bis zu zwölf Milliarden Dollar (bis zu 10 Mrd. Euro) an.