Trump-Versteher und wie sie die Welt sehen
Donald Trump macht ernst: Einreiseverbot für Muslime, Auftrag zum Mauerbau an der Grenze zu Mexiko, die Beauftragung zur Abschaffung von Obamacare. Das sind nur ein paar der "Executive Orders", die Trump nur wenige Tage nach seiner Inauguration verabschiedet hat.
Seine Fans scheint das derweil nicht zu beunruhigen. Je lauter der Präsident poltert, um so begeisterter reagieren seine Wähler. Auch in Europa gibt es immer mehr Menschen, die Trumps Politik ("America first!") durchaus begrüßenswert finden.
Auch die Affäre um Trumps Russlandkontakte scheint seine Unterstützer nicht zu stören. Aber haben die aktuellen Enthüllungen, wonach Trumps Team vor dem Wahlsieg im November enge Kontakte zu russischen Geheimdienstmitarbeitern unterhalten haben soll, wirklich das Zeug, den Präsidenten ernsthaft in Gefahr zu bringen?
Trump wendet sich gegen illegale Einwanderung und er will mehr Wertschöpfung im eigenen Land. Das sind Megathemen, mit denen er Erfolg haben kann
Der frühere SPD-Politiker und Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin ist wohl einer der bekanntesten Trump-Versteher in Europa. Für den zweifelhaften Bestsellerautor ("Deutschland schafft sich ab") gibt es zwar weiterhin nur ein Thema: Muslime und Migration. Jetzt kann er das aber gut mit Trump verbinden: "Trump wendet sich gegen illegale Einwanderung und er will mehr Wertschöpfung im eigenen Land. Das sind Megathemen, mit denen er Erfolg haben kann", sagt Sarrazin im deutschen Fernsehen.
Die häufigsten Argumente der Trump-Versteher
Die Zitate in diesem Teil des Textes stammen aus unserer Facebook-Community.
1) Trump ist unabhängig (und Kritiker kommen damit nicht klar)
In der Tat: Trumps Handeln erweckt den Anschein, als würde er sich von niemanden etwas sagen lassen. Seine Unterstützer schätzen seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Er unterzeichnet Dekret um Dekret und versucht so, seine Wahlversprechen in die Tat umzusetzen.
Aber ich verstehe, Trump ist böse, weil er in euer Konzept nicht passt, weil er eigenständig ist.
Trumps Eigenständigkeit lässt sich aber hinterfragen. Ohne diese Unterstützer wäre er wohl nicht Präsident geworden:
Steve Bannon: Bannon gilt als einer der "Ideengeber" hinter Trumps Politik und als Leitfigur der rechtsextremen "Alt-right"-Bewegung in Amerika. Mit seiner Nachrichtenplattform "Breitbart" hatte er großen Anteil an Trumps Erfolg. Nun ist er Chefstratege im Weißen Haus.
Wladimir Putin: Trumps früherer Sicherheitsberater Michael Flynn stand während Trumps Wahlkampf in engem Kontakt mit Russland. Er soll eine Aufhebung der US-Sanktionen gegen das Land in Aussicht gestellt haben. Russland seinerseits beeinflusste die Wahl zu Trumps Gunsten, indem Hacker die "Clinton E-Mails" verbreiteten. Flynn ist mittlerweile wegen seinen Russland-Kontakten zurückgetreten.
Die Medien:Obwohl Trump gerne gegen die Medien wettert, haben vor allem soziale Medien wesentlich zu seinem Sieg beigetragen. Facebook war nicht fähig, die Flut an "Fake News", die Trump immer mehr Zuspruch brachte, einzudämmen. So schafften es seine Unterstützer, den politischen Diskurs zu bestimmen.
Es stellt sich außerdem die Frage, wie eigenständig ein Präsident sein sollte. Die meisten Demokratien sind ein System aus mehreren Instanzen, die sich gegenseitig kontrollieren. In den USA sind diese "Checks and Balances" besonders ausgeprägt. Darum werden Trumps Dekrete dort teilweise auch heftig kritisiert - sogar von seinen Unterstützern.
2) Die anderen Präsidenten waren viel schlimmer (und keiner hat etwas gesagt)
Obama habe seine Gegner mit Drohnen ermordet, Hillary Clinton wird von Trumps Anhängern gerne "Killary" genannt. Kriegstreiber seien sie beide, so die Trump-Fans. Der Aufschrei der Medien und Zivilbevölkerung hingegen sei bei ihnen ausgeblieben.
Kein Problem damit, dass der Friedensnobelpreisträger und seine Außenministerin Killery hunderttausende Zivilisten bombardierten? Demokratisch gewählte Staatsoberhäupter absetzten? Aber voll das Problem, wenn Trump einen Einreisestopp verhängt? Realitätsverweigerung total? Massenpsychose? Manipulation at it's best!
Tatsächlich wurde vor allem Obamas Einsatz von Drohnen zur Tötung von Terrorverdächtigen immer wieder verurteilt. Wie viele Zivilisten bei solchen Einsätzen ums Leben kamen ist unklar. Journalisten und NGOs sprechen von bis zu 325 zivilen Opfern durch Drohnenangriffe seit 2009, das Weiße Haus sprach im Sommer 2016 von 64 bis 117 "versehentlichen" Tötungen.
Der Einsatz von Drohnen wurde unter Obama extensiv ausgeweitet, wohl auch um das Engagement von Bodentruppen zu vermeiden. Trump scheint diese Politik bis jetzt weiterführen zu wollen. Beim ersten Drohnenangriff unter Trump wurden Ende Jänner drei Al-Kaida-Verdächtige getötet. Beim ersten von ihm autorisierten Bodeneinsatz im Jemen wurden mindestens 14 Al-Kaida-Mitglieder, sowie zehn Frauen und Kinder getötet, darunter ein achtjähriges Mädchen. Ein US-Soldat kam ebenfalls ums Leben.
Hillary Clinton wir vor allem ihre Zustimmung zur Entsendung von Truppen in den Irak vorgeworfen. Im Oktober 2002 stimmte sie gemeinsam mit 76 anderen Senatoren für die Resolution, die dem Irakkrieg den Weg ebnete. In den Jahren danach gab sie immer wieder an, die Entscheidung zu bereuen. Sie kritisierte auch mehrmals das Verhalten des damaligen Präsidenten George W. Bush: Er habe den Krieg "überstürzt".
Clinton wird eine tragende Rolle bei der Entscheidung Obamas nachgesagt, in Libyen zu intervenieren und Muammar al-Gaddafi zu stürzen. An der Militärintervention beteiligten sich auch mehrere europäische Staaten.
3) Die linke Elite weint nur ihrer Macht nach
Trump hat sich im Wahlkampf als ein "Mann des Volkes" inszeniert, seine Gegnerin Hillary Clinton war für seine Anhänger nur eine weitere Repräsentanten des "Systems", der "linken Eliten". Diese seinen nun in Panik, weil sie an Macht verlieren.
Clinton war in der Tat bereits früh politisch aktiv: 1964 arbeitete Clinton, deren Eltern mittelständische Unternehmer waren, für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Barry Goldwater. Später war sie Präsidentin der jungen Republikaner, legte das Amt aber bald nieder, weil sie mit der Haltung der Partei zum Vietnamkrieg nicht einverstanden war. Später wird sie First Lady, Senatorin für New York und Außenministerin unter Obama - als Demokratin.
Trump hatte zwar vor seiner Präsidentschaft nie ein politisches Amt inne, dennoch ist er nicht politikfremd und noch weniger antielitär. Schon 1987 lässt er sich als Anhänger der Republikaner registrieren, später wechselt er zur "Independence Party", danach zu den Demokraten und schließlich wieder zu den Republikanern. Seine großzügigen Spenden teilte er lange ausgewogen zwischen den beiden großen Parteien auf.
Je mehr die Linken "Zoff" machen, desto sicherer werde ich, dass Trump kein schlechter Präsident sein wird ... !
Schon während seiner Studienzeit war Trump, Sohn eines Immobilienmoguls, mit Kapital seines Vaters als Bauentwickler tätig. Aufgrund seiner Tätigkeit in Manhattan war er ständig in engem Kontakt mit den politischen Verantwortlichen der Stadt New York, die ihm oftmals Steuervorteile gewährten.
Trump verfügt über weitreichende Kontakte in Politik und Wirtschaft. In seinem Kabinett finden sich zahlreiche Weggefährten aus der Elite der Finanzwelt wieder. Trumps Regierungsteam ist das reichste in der US-Geschichte.
Auch Trumps Wähler sind eher innerhalb als außerhalb der Eliten zu finden. Sie sind vorwiegend weiß, männlich, älter und haben ein höheres Einkommen.
4) Trump ist demokratisch gewählt, das ist anzuerkennen
"Gab es das schon mal?", fragt "Weltwoche"-Chefredakteur Roger Köppel kürzlich in einem Gastkommentar für "Die Welt". "Noch nie seit Journalistengedenken wurde ein demokratisch gewählter Regierungschef derart angefeindet, geradezu kriminalisiert von seinen Gegnern", so der Schweizer Publizist.
Ich finde es auch nicht gut, dass Trump der neue Präsident geworden ist. Aber er hat die Mehrheit der Stimmen erhalten. Wenn wir Demokraten sind, ist das zu akzeptieren.
Die Frage ist: Darf Trump jetzt machen, was er will? Nein, natürlich nicht. Das demokratische System der Checks and Balances zerfällt, wenn die Mehrheitspartei bereit ist, alle Regeln über den Haufen zu werfen.
Trump ist demokratisch gewählt, obwohl Hillary Clinton 2,86 Millionen mehr Stimmen bekam. Dass Trump trotzdem siegte, liegt am System der Wahlmänner in den USA: Der Präsident wird nicht direkt vom Volk gewählt sondern durch das Wahlmännergremium. Nach der Angelobung kann den Präsidenten nur ein Amtsenthebungsverfahren zu Fall bringen. Den US-Präsidenten abzusetzen ist aber fast unmöglich. In der Verfassung steht dazu nur ein Satz: "Der Präsident, der Vizepräsident und alle Zivilbeamten der Vereinigten Staaten werden ihres Amtes enthoben, wenn sie wegen Verrats, Bestechung oder anderer Verbrechen und Vergehen unter Amtsanklage gestellt und für schuldig befunden worden sind."
Donald Trump wurde gewählt, weil er als Geschäftsmann für Erfolg steht. Jedenfalls hat er sich so seinen Wählern angedient. Die Realität sieht anders aus. Im Weißen Haus herrschen chaotische Zustände. Trumps wirre Kurswechsel und Widersprüche von Russland über China bis zur möglichen Aufhebung der Krankenversicherung schaffen Verunsicherung.