Serbien

Trumps Schatten über dem Balkan

Unberechenbare Aktionen des US-Präsidenten könnten in Österreichs Nachbarregion alte Konflikte neu entzünden.

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Arglos betraten die jungen Leute die Lobby ihres Hotels in Belgrad. Sie hatten einen Workshop zur nachhaltigen Finanzierung von Zivilorganisationen besucht und waren im Anschluss noch ausgegangen. In der Lobby stellten sich ihnen plötzlich Männer in Zivil in den Weg. Sie zeigten ihre Dienstmarken vor und brachten sie auf eine Polizeiwache. Nach einer Nacht des Wartens und des Verhörtwerdens waren die 13 jungen Leute aus Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien und fünf anderen Ländern des Landes verwiesen. Der Grund: „Gefährdung der Sicherheit Serbiens und seiner Bürger“.

Die „NGO Academy“, die den Workshop abgehalten hatte, wird von der Erste Stiftung – die mit der österreichischen Erste Bank verbunden ist – und der Wiener Wirtschaftsuniversität organisiert. Die Sprecherin der Erste Stiftung, Maribel Königer, bezeichnete den Vorfall gegenüber profil als „besorgniserregend und schlicht unerklärlich“. Dass legal im Land befindliche Ausländer, unter ihnen viele EU-Bürger, massenhaft festgenommen und ausgewiesen werden, war in Serbien bislang nicht vorstellbar gewesen.

Disruptionen im Stile Trumps könnten zur Folge haben, dass in Österreichs Nachbarregion alte Konflikte neu aufflammen.

Möglicherweise war der Zeitpunkt der Schikane nicht dem Zufall geschuldet. Die Festnahmen ereigneten sich genau einen Tag, nachdem US-Präsident Donald Trump sein Amt angetreten hatte. Haben sich Serbiens Behörden durch den Machtwechsel im Weißen Haus ermutigt gefühlt? Trump hat bekanntermaßen ein Faible für Autokraten und Diktatoren. Auch die NGO-Szene, die an Autokratien und Diktaturen herummäkelt, ist ihm verhasst.

Seine zweite Präsidentschaft eröffnete er mit Drohungen, die Disruption im globalen Maßstab versprechen: Grönland und der Panamakanal sollten den USA einverleibt, die Palästinenser im Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien „umgesiedelt“ werden. Sein neuer und mächtiger Unterstützer, der Tech-Milliardär Elon Musk, macht Wahlkampf für Deutschlands rechtsradikale AfD. Zum Balkan war noch keine Idee aus dem Weißen Haus zu vernehmen. Aber Disruptionen im Stile Trumps könnten zur Folge haben, dass in Österreichs Nachbarregion alte Konflikte neu aufflammen.