USA

Noch einmal mit Brutalität

In seiner zweiten Amtszeit hat Donald Trump mehr Macht als in seiner ersten. Behutsamkeit in deren Ausübung gehörte noch nie zu seinen Talenten.

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An diesem Montag, um zwölf Uhr Mittag Ortszeit in Washington D.C. (18 Uhr MEZ), wird Donald John Trump zum zweiten Mal den Eid auf die Verfassung schwören und zum 47. Präsidenten der USA angelobt. Danach wird er eine Rede halten. Nimmt man die Ansprache, die Trump am 20. Jänner 2017 hielt, als Messlatte, kann sich das Publikum an der National Mall und vor den Bildschirmen auf rund 20 Minuten ungläubiges Staunen gefasst machen. Oder wie Ex-US-Präsident George W. Bush es damals laut dreier Ohrenzeugen formulierte: „That was some weird shit!“ (Das war ja eine verrückte Scheiße!)

Was Trump 2017 der Nation vom Inaugurationspult aus zurief, führt geradewegs in die Gegenwart: Er versprach nämlich, dass dieser Tag in Erinnerung bleiben werde als der Moment, „an dem das Volk wieder zum Herrscher dieser Nation wurde“, ganz so, als habe unter seinem Vorgänger Barack Obama eine Diktatur geherrscht. „Die vergessenen Männer und Frauen in unserem Land werden nicht länger vergessen sein. Jeder hört euch zu!“, proklamierte Trump. Als jedoch die Männer und Frauen der USA ihn vier Jahre später abwählten, weigerte er sich beharrlich, ihnen zuzuhören, und machte sich vielmehr daran, die Wahl nachträglich zu manipulieren. Und jetzt, wenige Tage vor Trumps zweiter Angelobung, veröffentlichte der mittlerweile zurückgetretene Sonderermittler Jack Smith seinen 137-seitigen Abschlussbericht, in dem er zum Ergebnis kommt, die Beweise wären ausreichend gewesen, um Trump wegen versuchter Wahlfälschung vor Gericht zu stellen. Dies geschieht nur deshalb nicht, weil das Volk Trump am 5. November 2024 neuerlich wählte. So schließt sich der Kreis von einer Angelobung zur nächsten.

Der verhinderte Wahlfälscher, strafrechtlich verurteilt in einem anderen Fall, wird die USA von Montag an neuerlich vier Jahre regieren. Versprochen und angekündigt hat er vieles, und, wie es seine Art ist, viel Widersprüchliches. Einerseits will er die USA aus allen Kriegen heraushalten und Frieden schließen oder erzwingen, wo jetzt noch Krieg herrscht – etwa in der Ukraine, und zwar „innerhalb von 24 Stunden“. Andererseits will Trump in einer Art von Halbstarken-Imperialismus den Panamakanal, Grönland und Kanada zu neuen Staatsgebieten der USA machen. Selbst militärische Gewalt könne er dabei „nicht ausschließen“.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur