Ausland

Viktors viele Vetos

Ungarns Premier Viktor Orbán profitiert von den Geldern aus Brüssel, sabotiert aber gleichzeitig EU-Beschlüsse im großen Stil. Macht er die EU damit handlungsunfähig?

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Die Ukraine droht den Krieg gegen Russland zu verlieren. Die EU will dem Land Finanzhilfen in der Höhe von 50 Milliarden Euro auszahlen. Für Kiew ist dieses Geld überlebenswichtig, weil es damit seinen Haushalt finanzieren kann und somit den Staat am Laufen hält.

26 von 27 Staats- und Regierungschefs in der EU sind sich einig: Das Geld soll fließen. Nur einer stellt sich quer: Viktor Orbán, der Ministerpräsident eines Zehn-Millionen-Einwohner-Landes. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist Ungarn Empfänger Nummer eins von EU-Hilfen. Kein anderes EU-Mitgliedsland profitiert mehr. Seit Orbán 2010 an die Macht kam, sind 40 Milliarden Euro aus dem EU-Budget nach Budapest geflossen. Gleichzeitig gibt es keinen Regierungschef, der die EU derart zum Feindbild stilisiert hat und geradezu gewohnheitsmäßig Beschlüsse blockiert. Wie kann das sein? Und vor allem: Was bezweckt Orbán damit?

Zuallererst: Orbán ist nicht der einzige Staatschef, der eine Boykotthaltung an den Tag legt. Frankreich hat in Bezug auf die Eröffnung von Beitrittsgesprächen mit Balkanländern immer wieder sein Veto eingelegt, und Österreich tut das bis heute in Bezug auf die Erweiterung des Schengenraums.

Das Problem: Orbán nutzt sein Veto immer häufiger dafür, um Geld freizupressen, das von der EU-Kommission aufgrund von Ungarns Demokratiedefiziten eingefroren wurde. Konkret pokert er um 30 Milliarden Euro.

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.