Kamala Harris gegen Donald Trump: „Einer mit Eiern“
Im Wahlkampffinale trat Donald Trump bei den „Nelk Boys“ auf. Die Youtuber interviewen gern Football-Stars und preisen nebenbei geschäftstüchtig ihre Knüller wie Alkopops und Bierflaschenöffner an. Zielgruppe: junge Männer. Frauen tauchen in der Nelk-Boys-Welt vor allem als Dekoration in Nicht-Sprech-Rollen auf und zeigen sich leicht bekleidet vor Autowaschanlagen oder bei Pools. Das zieht in dieser Testosteron-Welt offensichtlich, der You-Tube-Kanal hat fast neun Millionen Follower. In Trumps MAGA-Welt sehen die Frauen einander sehr ähnlich, fast bizarr weibchenklischeehaft, Klimperwimpern, hohe Absätze, ausladende Dekolletés – kurz: wie Melania Trump. Auf X posteten die Nelk-Boys Mittwochfrüh nach der Wahl stolz: „Sie hatten Taylor Swift, Beyoncé und so viele andere – und haben verloren.“
Sie, das sind die Demokraten und Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie war angetreten, die Welt vor Donald Trump zu retten – und die erste Präsidentin der USA zu werden. Und unterlag in einer Wahl, die auch als Krieg der Geschlechter geführt wurde. „Die ist verrückt wie eine Bettwanze“, höhnte Trump vulgär über Harris – auf der nach unten offenen Trump-Draufdreschskala nur eine seiner derb-sexistisch-rassistischen Untergriffe gegen die Konkurrentin.
Die USA hatten die Wahl: Zwischen einer ehemaligen Staatsanwältin – und einem verurteilten Straftäter, der wegen eines sexuellen Übergriffs und Schweigegeldzahlungen nach einer Affäre mit einem Pornostar vor Gericht stand. Zwischen einer Juristin, die sich für Frauen- und Abtreibungsrechte einsetzt – und dem „grab ‘em by the pussy“-Uraltmacho. Zwischen einer 60-jährigen ambitionierten Politikerin, die im Wahlkampf sehr viel Geld, Hollywood-Stars und Musikerinnen wie Taylor Swift hinter sich vereinte – und einem 78-jährigen Pöbler, der im Wahlkampf teils erratische und zusammenhanglose Schimpftiraden von sich gab. Die USA hatten die Wahl – und entschieden sich für Trump.
Ein wenig wiederholt sich damit Geschichte.
„Dear Fellow White Women: We F**ked This Up“ schrieb die Autorin Sarah Ruiz-Grossmann selbstanklagend nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016. Damals hatte mit 53 Prozent die Mehrheit der weißen Frauen Trump gewählt und nur eine Minderheit Hillary Clinton. Dabei war Clinton stolz darauf, als erste Frau von einer der großen Parteien ins Rennen um das Weiße Haus geschickt zu werden und sprach oft darüber, die „härteste gläserne Decke“ durchstoßen zu wollen. Und erschien zur Nominierung in einem leuchtend weißen Hosenanzug, der Farbe der feministischen Wahlrechtsbewegung.
Die Trump-Anhänger konterten 2016 mit Aufklebern mit dem Spruch „Finally Someone with Balls“, endlich einer mit Eiern.
Harris versuchte, sich anders als Clinton zu positionieren und vermied es auffällig, ihr Geschlecht überhaupt zu thematisieren. Auch mit dem Ziel, Männer zu gewinnen. Das misslang – Männer wählten Trump, Frauen auch. Wenn auch in geringerem Ausmaß: 54 Prozent der Männer wählten Trump – und 44 Prozent der Frauen. Harris hatte auf einen deutlicheren Vorsprung bei Frauen gehofft. Doch Harris siegte nur bei schwarzen Frauen überwältigend. Die weißen Frauen hingegen, die größte demografische Gruppe der USA, die ein Drittel des Elektorats stellen, erwiesen sich nicht als Bastion. Im Gegenteil. Sie zog es zu Trump.
Das ist kein neues Phänomen, Frauen wählen nicht automatisch Frauen. Die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright prägte deswegen einmal grollend den Spruch: „Es gibt einen besonderen Platz in der Hölle für Frauen, die anderen Frauen nicht helfen.“
Kamala Harris war immer die Erste. Die erste schwarze Bezirksstaatsanwältin San Franciscos und später die erste Generalstaatsanwältin Kaliforniens. Dann die erste nichtweiße Vizepräsidentin. Doch erste Präsidentin der USA, das wird sie nicht.