Wie sich Dagobert Duck eine Regierung vorstellt
Noch nie war der zu diesem Zeitpunkt reichste Mensch der Welt Teil einer Regierung, sieht man von Monarchen wie Ludwig XIV., Frankreichs „Sonnenkönig“, ab. Elon Musk, aktuell eben reichster Mann der Welt und dank seiner SpaceX-Raumfahrtunternehmungen so was wie ein „Marskönig“, wird von Donald Trump mit dem ehrenvollen, neu geschaffenen Titel „Vorsitzender des Departments für Effizienz der Regierung“ bedacht. „The Great Elon Musk“ (Zitat Donald Trump) teilt sich die Funktion mit dem Unternehmer und Kandidaten der republikanischen Vorwahl 2024, Vivek Ramaswamy. Der ist laut dem US-Magazin „Forbes“ bloß 2748.-reichster Mensch der Welt.
Musk und Ramaswamy sollen „die Bürokratie der Regierung abbauen“, und Musk verspricht, sein Vorhaben werde „Schockwellen durch das System senden und alle erfassen, die mit dem Regierungsmüll zu tun haben, und das sind eine Menge Leute!“
Die Regierung zu verschlanken, ist eine alte Forderung der Republikaner. Doch die Radikalität, die Musk und Ramaswamy dabei versprechen, sorgt für Aufsehen. Ramaswamy kündigte in seiner Zeit als Vorwahlkandidat an, die Zahl der Mitarbeiter im Dienst der Bundesregierung um 90 Prozent zu verringern.
Musk selbst bezieht für seine Unternehmen staatliche Förderungen, was einen Interessenkonflikt bedeutet, wenn er gleichzeitig für die Neustrukturierung der Behörden zuständig ist. Die Lösung dafür könnte sein, dass Musks Job formal außerhalb der staatlichen Strukturen angesiedelt wird. Wobei: In Musks Welt verschwindet jedes Problem mit dem Hinweis auf sein sagenhaftes Vermögen. Er ist Donald Trumps Dagobert Duck.
Drei Deportations-Manager
Trumps plakativstes Wahlversprechen war wohl die „größte Massendeportation in der Geschichte der USA“. Um dieses Vorhaben in die Realität umzusetzen, hat der designierte Präsident seinen früheren Chef der Einwanderungs- und Zollbehörde Tom Homan zum „Grenz-Zaren“ ernannt, Gouverneurin Kristi Noem, international bekannt geworden, weil sie ihren „untrainierbaren“ Hund Cricket erschoss, zur Heimatschutzministerin, und Stephen Miller, einen langjährigen Berater, zum stellvertretenden Stabschef. Die drei gelten als engagierte – man könnte auch sagen: fanatische – Anhänger des Plans von Massenabschiebungen. Homan hat in einem TV-Interview auf die Frage, wie die Behörden die illegalen Immigranten aufspüren werden, geantwortet, dass diese zum Beispiel an ihrem Arbeitsplatz aufgesucht werden könnten. Ein Beleg dafür, dass auch integrierte, arbeitende Einwanderer außer Landes gebracht werden sollen.
Klimawandel? Welcher Klimawandel?
Eine Quizfrage: Für welches Ministeramt wurde der Mann nominiert, der daraufhin folgende Nachricht auf X postete: „Wir werden die Dominanz der USA auf dem Energiesektor wiederherstellen, die Autoindustrie wiederbeleben, um Jobs nach Amerika zurückzubringen, und die USA zum weltweiten Führer bei künstlicher Intelligenz machen. Gleichzeitig werden wir den Zugang zu sauberer Luft und Wasser schützen.“ Industrie? Wirtschaft? Verkehr? Nein, Lee Zeldin feierte mit diesem Tweet seine Ernennung zum Chef der Environmental Protection Agency (EPA), der staatlichen Umweltbehörde. Deren wichtigste Aufgabe ist der Kampf gegen die Klimakatastrophe, doch der Begriff „Klima“ kam Zeldin einfach nicht in den Sinn, als er seine freudige Botschaft textete. Kein Wunder, Donald Trump versprach im Wahlkampf unter dem Slogan „Drill, Baby, drill“ (gemeint ist: nach Öl und Gas bohren, wo immer es geht), möglichst alle Klimaschutzgesetze, die der Industrie im Weg stehen, wieder aus dem Weg zu räumen. Ob die USA unter seiner Führung wieder aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten oder nur dessen Vorgaben ignorieren, ist eine Stilfrage und für das Weltklima einerlei.
Die „Erwachsenen im Raum“
Dieser Begriff wurde in Trumps erster Amtszeit zu einem politologischen Terminus. Er bezeichnet Personen, die undurchführbare, weil gegen die Interessen des Landes verstoßende oder gesetzeswidrige, Ideen des Präsidenten verwerfen. In der neuen Administration gilt Marco Rubio, der als Außenminister vorgesehen ist, als ausreichend eigenständige Persönlichkeit, die Trumps Wünschen nicht blind folgen würde.
Rubio, seit 2011 Senator für Florida, passt mit seinem Ruf als außenpolitischer Falke nicht so recht in das Trump’sche Konzept der „America First“-Strategie, die militärische Interventionen ausschließt, wenn diese nicht unmittelbar US-Interessen dienen. Auch Aussagen des designierten Nationalen Sicherheitsberaters Michael Waltz (nicht zu verwechseln mit Kamala Harris’ Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Walz) widersprechen der Befürchtung, dass Trump die Ukraine gegenüber der russischen Aggression einfach so im Stich lassen werde. Waltz, Kongressabgeordneter aus Florida, sprach sich Anfang 2023 in einem Interview mit dem TV-Sender „Fox News“ dringend für verstärkte Waffenlieferungen europäischer Staaten an die Ukraine aus, nicht aber für eine Reduktion der US-Hilfe.
Als eine weitere „Erwachsene im Raum“ wird Susan Wiles gehandelt, eine 67 Jahre alte republikanische Beraterin, die bereits für US-Präsident Ronald Reagan, Floridas Gouverneur Ron DeSantis und seit 2016 bei allen Wahlkämpfen für Donald Trump gearbeitet hat. Ein früherer republikanischer Kongressabgeordneter wird vom US-Magazin „Politico“ mit folgendem Satz zitiert: „Wenn Donald Trump Präsident wird, will ich, dass Susie Wiles mit von der Partie ist.“ Wiles traut man zu, auf Trump mäßigenden Einfluss auszuüben.
Sie ist als Vertreterin der alten Republikanischen Partei ein gutes Beispiel dafür, weshalb Leute, die mit Trumps rüpelhaftem, grenzüberschreitendem Verhalten nichts anfangen können, dennoch für ihn arbeiten. „Du kriegst die Trump-Politik nicht ohne Trumps Persönlichkeit“, sagte sie zu „Politico“ und: „Du musst einfach das Gute zusammen mit dem Schlechten akzeptieren.“
Loyal, sehr loyal, illegal
In der neuen Administration finden sich Personen mit unterschiedlichen Abstufungen der Loyalität gegenüber ihrem Chef. Während Susan Wiles zu denen gehört, die den designierten Präsidenten auch kritisch sehen, entsprechen andere eher dem Typus des unerschütterlichen Followers: Pete Hegseth, voraussichtlich Verteidigungsminister, war bisher Moderator des TV-Senders „Fox News“ und verteidigte in seinem Job als Journalist im Wesentlichen Trumps Positionen. Als Trump etwa 2017 nach dem Aufmarsch rechtsextremer Gruppen in Charlottesville, darunter Mitglieder des rassistischen Ku-Klux-Klans und Neonazis mit Hakenkreuz-Fahnen, sagte, es gebe unter den Teilnehmern auch „sehr anständige Leute“, und die Gewalt ginge „von beiden Seiten“ – Rechtsextremen und Gegendemonstranten – aus, fand Hegseth auf „Fox News“ lobende Worte: „Der Präsident hat es genau auf den Punkt gebracht.“
Die wohl kontroverseste Persönlichkeit, die Donald Trump bisher in seine Ministerliste aufnahm, ist aber Matt Gaetz. Der 42 Jahre alte Kongressabgeordnete aus Florida gehört zu den hartnäckigen Leugnern der Wahlniederlage von Donald Trump im Jahr 2020. Indem er diese Behauptung verbreitet, impliziert er, dass die Justiz, die alle Wahlanfechtungen behandelte – und zurückwies –, Teil einer riesigen Verschwörung sei. Tatsächlich ortet der Mann, der von der „New York Times“ als „Cheerleader“ Trumps bezeichnet wird, überall die Machenschaften des sogenannten „tiefen Staates“. Verschwörungs-theoretiker verstehen darunter eine kleine, elitäre Gruppe von Menschen, die in Wahrheit unbemerkt von der Öffentlichkeit den Staat lenkt. Der Job, für den Gaetz nun von Trump nominiert wurde, ist der des Justizministers.
Im Falle seiner Angelobung hätte Gaetz alle Möglichkeiten, um seinem Chef die Strafverfolgung in mehreren anhängigen Fällen vom Leib zu halten. Auch Gaetz selbst geriet bereits mehrmals ins Zentrum von Untersuchungen. Einmal wegen des Verdachts des Handels mit Minderjährigen zur sexuellen Ausbeutung – das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, ein anderer Angeklagter wurde zu elf Jahren Haft verurteilt – und bis zu seiner Nominierung als Minister lief ein Verfahren des Ethik-Komitees im Kongress, weil Gaetz im Sitzungssaal Nacktfotos von Frauen herumgezeigt haben soll.
Was all das bedeutet
Dass Loyalität zum Präsidenten ein Kriterium bei der Auswahl von Ministern darstellt, ist alles andere als ungewöhnlich, und dass die Kandidaten die Ziele des Präsidenten gutheißen, ebenso wenig. Die Agenda der kommenden Regierung wird eine teils neu-rechte, teils libertäre, teils konservative (und, als Prognose: eine teils chaotische) sein. Bei Leuten wie Musk, Hegseth oder Gaetz scheint allerdings Skepsis angebracht, ob ihre Loyalität zu Trump und ihr Wunsch nach radikalen Änderungen des politischen Systems auch wirklich da endet, wo die Verfassung die Grenzen zieht.