Republikaner-Zentrale in Newport Beach: Flyer, Flaggen und Gebete für Donald Trump, der als Pappkamerad anwesend ist

US-Wahl: Die Leiden der Republikaner im liberalen Kalifornien

In Kalifornien haben die Republikaner keine Chance, die Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Aufgeben dürfen sie allerdings auch nicht - sonst sind sie politisch so gut wie tot. Also bleibt ihnen nur: Klinken putzen und beten.

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Es ist ein herrlicher Tag in Laguna Beach. Auf einer stillen Anhöhe über der belebten Küstenstadt südlich von Los Angeles blinzeln gut 20 Republikaner, die sich am Anwesen der Familie Monda zu einer Wahlkampfveranstaltung versammelt haben, entspannt in die Spätnachmittagssonne. Man trägt T-Shirts, Jeans und Hüte mit Donald Trumps Wahlkampfslogan "Make America great again“. Eben erst hat der republikanische Kongressabgeordnete Dana Rohrabacher seinen Vortrag beendet, im Hawaii-Hemd und mit einem Glas Weißwein in der Hand.

Mit erwartungsvollem Blick klappert Michele Monda auf ihrer weitläufigen Terrasse mit Blick auf den Pazifik einen Gast nach dem anderen ab. "Möchten Sie ein Trump-Gartenschild?“, fragt sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

Die Immobilienmaklerin Mary Jeffries, die sich Rohrabachers Ausführungen über die US-Außenpolitik, die Veränderungen innerhalb der Republikanischen Partei und den Wahlkampf von Donald Trump angehört hat, winkt dankend ab.

"Aber vielleicht können Sie ein paar Telefonate machen?“, hakt die Gastgeberin nach, die heute möglichst viele Wahlhelfer unter ihren Gesinnungsgenossen rekrutieren will.

Die Immobilienmaklerin nickt - und Monda strahlt über das ganze Gesicht, als sie wenige Momente später eine dicke Mappe, gefüllt mit einer langen Telefonliste, überreichen kann.

Aussichtsloser Kampf im "Golden State"

Mit Jeffries hat Monda einen guten Fang gemacht. Die Mittsechzigerin hat jahrelange Erfahrung mit Grassroots-Campaigning und weiß selbst, wie schwer es den Republikanern fällt, freiwillige Wahlhelfer zu begeistern - zumal für einen Kampf, der im "Golden State“ praktisch aussichtslos ist. Hier werden so oft Trump-Gartenschilder über Nacht ausgerissen, dass die Hausbesitzer bereits Nanny-Cams installieren, um die Diebe dingfest zu machen.

Die Lokalpresse kommentiert Aufrufe, sich als Wahlhelfer für Donald Trump zu engagieren, sarkastisch. "Haben Sie keine Scheu, sogar innerhalb Ihrer Familie ein Aussätziger zu werden. Das ist doch die Chance Ihres Lebens!“, spottete die Wochenzeitung "LA Weekly“.

Im liberalen Kalifornien sitzen die Demokraten an allen Schaltstellen der Macht. Sie stellen den Gouverneur und haben sowohl im Senat als auch in der State Assembly eine satte Mehrheit. In den Umfragen liegt Hillary Clinton hier 20 Prozentpunkte vor ihrem Kontrahenten Donald Trump, den nach dem Skandal um seine Prahlerei mit sexuellen Übergriffen die republikanischen Unterstützer scharenweise verlassen.

Das ist für den Präsidentschaftskandidaten fatal, vor allem aber auch für die kalifornischen Republikaner. Läuft der Wahlkampf nicht nur auf Präsidentschaftsebene, sondern auch im Bundesstaat richtig schief, könnten die Demokraten die Zweidrittelmehrheit im Senat erringen: "Dann verschwinden wir Republikaner in der Irrelevanz, und in Kalifornien gehen die Lichter aus“, wie es ein lokaler Kandidat formulierte.

Auch deshalb greift Immobilienmaklerin Jeffries mittlerweile fast täglich zum Hörer. Insgesamt sei das ein zähes Unterfangen, gesteht die blonde, schlanke Frau, die sich dazu bekennt, Trump-Unterstützerin der ersten Stunde zu sein. "Ich rufe am Tag 500 registrierte Republikaner an, um sie zu motivieren, zur Wahl zu gehen. Wenn ich Glück habe, hebt einer von zehn ab“, sagt sie. Mit früheren Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei sei es einfacher gewesen. "Die Republikaner sind heuer wahnsinnig gespalten“, sagt Jeffries und nippt an ihrem Tequila Orange, während ihr weißer Pudel aufgeregt mit dem Schwanz wedelt: "Sie sind entweder total gegen Donald Trump, oder sie sagen ganz leise, dass sie ihn wählen werden.“

"Die Demokraten sind um so viel besser organisiert“

Jeffries und ihre republikanischen Mitstreiter haben aber nicht nur das Problem Trump am Hals. "Die Demokraten sind um so viel besser organisiert“, klagt die Immobilienmaklerin. In der Tat hat Hillary Clinton im 40-Millionen-Einwohner-Staat Kalifornien ein Vielfaches an Wahlkampfbüros und Freiwilligen zur Verfügung. Während Trumps Team Ende August in Südkalifornien nur zwei Büros in Betrieb hatte, schickten die Demokraten bereits die ersten Busse mit Wahlkämpfern in den Nachbarstaat Nevada. "Die Republikaner finden, es ist unter ihrer Würde, von Tür zu Tür zu gehen“, sagt Jeffries. Sie selbst sei eine Ausnahme. Bei der vergangenen Präsidentschaftswahl habe sie wochenlang alles gegeben, um Mitt Romney zu unterstützen. Am Wahltag positionierte sie sich sogar am Abstimmungslokal und telefonierte von dort bis 19 Uhr all jene Parteimitglieder durch, die noch nicht aufgetaucht waren, um ihr Kreuz beim Kandidaten der Republikaner zu machen.

Eine Stunde später wurde der Sieg von Barack Obama verkündet. Jeffries schnauft: "Es ist deprimierend als Konservativer in Kalifornien. Mit Hollywood sind die ganzen Demokraten gekommen.“

Ähnlich deprimierend ist es für Patrick Brenden. Der Republikaner kandidiert für den Stadtrat in Huntington Beach. Er hält eine Wahlkampfveranstaltung in einem kleinen, schlichten Burger-Laden im Zentrum der 200.000-Einwohner-Stadt ab.

Gekommen sind lediglich 15 Personen, ein Teil von ihnen gehört zu seinem Wahlkampfteam, andere verfolgen auf den unzähligen Flachbildschirmen an den Wänden Baseballspiele oder "Versteckte Kamera“-Episoden. Die armenisch-iranische Inhaberin kredenzt halbe Cheeseburger und Pommes. Strahlemann Brenden im dunkelblauen Anzug, der auch schon mit Veranstaltungen in lokalen Tanzschulen und bei Frisören für seine Kandidatur geworben hat, sieht die Schuld für die Schwierigkeiten der Republikaner zwar nicht direkt in Hollywood, aber zu einem guten Teil in der Änderung der Bevölkerungszusammensetzung des Bundesstaates. "Die Demografie spricht gegen die Republikanische Partei. Es ist jetzt schon frustrierend als Konservativer, es wird aber in Zukunft noch frustrierender werden“, sagt Brenden. Immer mehr Latinos leben in Kalifornien - und diese wählen traditionellerweise eher demokratisch.

In Newport Beach, einer Republikaner-Hochburg südlich von Los Angeles, ist die Welt der Konservativen noch vergleichsweise intakt. Aus der kleinen Stadt mit der Postleitzahl 92660 gehen US-weit die höchsten Spenden an die Grand Old Party ein. Der frühere US-Präsident Ronald Reagan sagte einmal, hier sei der Ort, an den sich die Republikaner aus dem ganzen Land zum Sterben zurückziehen.

"Ich will das Amerika von früher zurückhaben“

Es ist Anfang Oktober, und in der örtlichen Republikaner-Zentrale herrscht lebhaftes Treiben. Eine Dutzendschaft Wahlhelfer macht sich für den Einsatz bereit. Pam Kelly ist heuer das erste Mal in ihrem Leben dabei: "Weil es diesmal wirklich wichtig ist“, sagt die 54-jährige Lehrerin hinter ihrer dunklen Sonnenbrille, während sie Flyer der republikanischen Kandidaten in ihre Tasche packt: "Ich will das Amerika von früher zurückhaben.“ Kelly ist frustriert von ihrem Job. "Wir unterrichten nur mehr die Kinder der Mexikaner“, ärgert sie sich: "Die Schüler holen sich im Pyjama ihr Gratisfrühstück und ihr Gratismittagessen ab.“

Kalifornien sei bekannt dafür, ein Wohlfahrtsstaat zu sein, und alle kämen hierher, um die Sozialleistungen zu erhalten. Irgendwann sei sie an den Punkt gelangt, an dem sie das nicht länger tolerieren konnte. Deshalb unterstütze sie nun aktiv die Republikaner. "Sie kontrollieren auf nationaler Ebene das Repräsentantenhaus und den Senat, und das soll so bleiben“, sagt sie. "Ich unterstütze aber natürlich auch Trump“, fährt sie mit Stolz in ihrer Stimme und durchgedrücktem Rückgrat fort und fährt sich dann mit der Hand über den Mund, als ob sie einen Reißverschluss zumachen würde. "Natürlich will ich manchmal zu ihm sagen: Halt doch die Klappe, Mister Trump. Sieh einfach nur zu, dass du da reinkommst, und dann kick ass.“

Auch Dana Rohrabacher ist hier. Der Kongressabgeordnete hat das Republikaner-Urgestein Reagan gut gekannt: Er war einer der Redenschreiber des 40. US-Präsidenten. Er muss an diesem Tag Wahlhelfer motivieren, von denen viele mit Trumps vulgärem Auftreten und Gerede ganz und gar nichts anfangen können.

Rohrabacher gibt also sein Bestes: "Die Meinung von großen Wahlspendern ist nicht besser als die Meinung jener, die von Tür zu Tür gehen“, ruft er: "Das ist eine verrückte Wahl, aber es geht um nichts Geringeres als die Rettung unseres Landes. Seid ihr bereit?“ Und die Männer und Frauen mit ihren "Make America Great Again“-Hüten antworten mit einem lauten "Yes“, "Woohoo!“-Rufen und Applaus.

Während die Ersten bereits hinausströmen wollen, ermahnt ein junger Mann die Anwesenden aber noch, keinesfalls ohne Gebet aufzubrechen. Jetzt wird es still in dem bunt dekorierten Raum, in dem auch eine mannshohe Trump-Pappfigur steht. Die Wahlhelfer halten inne, senken die Köpfe und verstummen.

"Herr, beschütze alle, die heute von Tür zu Tür gehen, und beschere ihnen wunderbare Erfolge“, bittet der Vorbeter: "Hilf uns, dass Donald Trump die rechte Führung erhält, dass er Präsident und Amerika wieder großartig wird. In Jesu Namen, Amen!“