Jane Pontarelli, Vizepräsidentin des “Womens National Republican Club”
US-Wahl 2024

Wahlparty der Republikaner in New York: Making Trump Great Again

profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer verbrachte den Wahlabend bei den Republikanern in New York. In seiner Heimatstadt hat Trump zwar wenig treue Wähler – aber finanziell potente Unterstützer, die ihn feiern.

Drucken

Schriftgröße

Sandwiches mit Huhn, Beef oder Schinken-Feta, Tortellinisalat für Vegetarier – und Berge an grünem Salat (ohne Dressing) für die Figurbewussten (von denen es hier viele gibt). Das ist das letzte Mahl für die Republikaner New Yorks, bevor am Dienstabend die ersten Wahlergebnisse eintrudeln. Ehe das Buffet eröffnet wird, singen die Anwesenden inbrünstig die Nationalhymne. Mit Hand am Herz, wie sich das für echte Patrioten schickt. Dann kann die Party beginnen. Die Trump-Fans des „Big Apples“ haben sich im Haus des „Woman National Republican Club“ in der 51. Straße unweit des Rockefeller Center im Herzen Manhattans versammelt. Hier ist man schon vor Wahlschluss sicher: Donald Trump wird gewinnen. 

Mächtige Freunde

Die Stimmung steigt mit jedem Drink: Ein Glas Wein kostet 12 Dollar, ein Bier 10, harter Alkohol 14. Wer mit Cash bezahlt, bekommt Getränke um ein paar Cent günstiger, billig werden sie aber auch dann nicht. New-York-Preise eben – aber das macht der gut betuchten Gesellschaft hier nichts aus. Die Republikaner New Yorks sind vor allem: einflussreich und mächtig, weil finanziell potent. Daher ist die größte Stadt der USA für Donald Trump wichtig, obwohl er hier chancenlos ist. Die letzten 100 Jahre hat es in dem Bundesstaat kein republikanischer Präsidentschaftskandidat mehr geschafft, zu siegen. Aber das Geld der New Yorker Elite ist für Donald Trump überproportional wichtiger, als die ein oder andere (sowieso nicht entscheidende) Wählerstimme zu holen. Finanzielle Mittel sind in Wahlkämpfen eben entscheidend – vor allem in den USA.

Nicht zuletzt deswegen machte Trump wohl bei seiner Wahlkampftour trotz aller Aussichtslosigkeit einen Stopp in der Millionenstadt. Und um die Ehre ging es wohl auch: Immerhin ist er im Stadtteil Queens aufgewachsen und aufgestiegen. Als Erbe eines Immobilienunternehmers prägte Trump Ende der 1970er und 1980er das Stadtbild maßgeblich. Mit den Wolkenkratzern schoss auch seine Prominenz in die Höhe. 

Bei seinem Auftritt im Madison Square Garden Ende Oktober hatte er prominente Unterstützung: X- (vormals Twitter-) Eigentümer Elon Musk sprach auf der Bühne ebenso wie der Kult-Wrestler Hulk Hogan oder der ehemalige Fox-News-Moderator Tucker Carlson. Ein Redner sorgte für einen derartigen Eklat, dass sich schlussendlich sogar das Wahlkampfteam rund um Donald Trump von ihm distanzierte. Der Komiker Tony Hinchcliffe sagte über das US-Außengebiet Puerto Rico: „Es gibt im Moment eine schwimmende Müllinsel mitten im Ozean. Ich glaube, sie heißt Puerto Rico.“ Der Komiker war schon zuvor durch negative Bemerkungen über Schwarze, Juden und Latinos aufgefallen – allesamt wichtige Wählergruppen, die das Zünglein auf der Waage ausmachen könnten. 

Bei der Party der Republikaner ist man sich sicher, dass Trump dennoch bei Minderheiten punkten konnte. Mehrere jüdische Republikaner sind gekommen – beinahe demonstrativ wurden sie an den vorderen Tischen platziert, mit Geistlichen anderer Religionen. „Ich bin fast sicher, dass die jüdische Community mehrheitlich Trump wählt. Weil er Israel uneingeschränkte Unterstützung zugesagt hat. Es hat viele Wahlempfehlungen für Trump in der Community gegeben“, sagt Eli Cohen, ein jüdischer Anwalt. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass uns der Puerto-Rico-Sager schadet“, sagt der junge Republikaner Thomas, dessen Eltern selbst Wurzeln in Südamerika haben. Dass Trump in Florida gut performt hat, wertet er als Beweis, dass die Hispanics ihm diesen Fehltritt doch nicht so übel genommen haben wie befürchtet. Aber auf Florida kommt es sowieso nicht an – der südliche Bundesstaat ist seit Jahren tief republikanisch. 

Ob Trump Präsident wird oder nicht, wird woanders entschieden.

Stimmung und Alkohol 

Erste Ergebnisse zu den heiß umkämpften Swing States kommen ab 21 Uhr Ortszeit – da schließen in New York die letzten Wahllokale, die bereits seit fünf Uhr Früh geöffnet hatten. Der Andrang war bei einem profil-Lokalaugenschein in Manhattan riesig. „So viel war überhaupt noch nie los“, sagt ein Security vor einem Wahllokal in East Village, vor dem eine 70 Meter lange Menschenschlange steht. Die Wahlwilligen haben Glück, dass es nicht regnet. Offenbar haben hier nur wenige die Möglichkeit der Briefwahl in Anspruch genommen. 

So zu wählen käme für eingefleischte Republikaner sowieso nicht infrage. „Man kann betrügen, man kann die Briefkästen aufbrechen, man kann sie anzünden, das ist alles unsicher“, sagt ein Gast. Die anderen am Tisch pflichten ihm murmelnd bei.

Ab 21 Uhr wird es also spannend. Bis dahin sind die Gäste auch mit dem Essen fertig. „Mir ist schlecht vor Aufregung, besser nichts mehr essen“, sagt Thomas. Alle sind nervös, es wird ein knappes Rennen erwartet. Bevor die ersten Ergebnisse eintrudeln, gibt es noch eine Brandrede von Ed Cox. Ein Name, der in Europa wohl nur wenigen etwas sagt, doch in den USA kennen die Eliten den Mann. Cox ist seit 15 Jahren Vorsitzender des Republican Comittee in New York. 

Der einflussreiche Rechtsanwalt ist mit einer Tochter von Richard Nixon verheiratet. Er hat sich in der Innen- und Außenpolitik einen Namen gemacht, drei US-Präsidenten, vier Gouverneuren und der Republikanischen Partei auf Landes- und Bundesebene gedient. Seit mehr als vierzig Jahren unterstützt er Kandidaten im ganzen Land und führt Wahlkämpfe für sie. 1968 nahm er an der Präsidentschaftskampagne von Nixon teil. Im Jahr 1972 unternahm er ausgedehnte Reisen als Familienvertreter für Präsident Nixon und 1980 war er in der Reagan-Kampagne aktiv. 1984 konzipierte und organisierte er den landesweiten Freiwilligeneinsatz, der dazu beitrug, den Staat New York für das Reagan-Bush-Team zu gewinnen. In den Jahren 1988 und 1992 organisierte Cox das New Yorker Sprecherbüro für die Präsidentschaftskampagnen von George H. W. Bush. 

Ed Cox. Chairman.

„Trump wird gewinnen. It‘s the Economy, stupid“

Ed Cox war sich schon früh sicher, dass die Republikaner die Wahl für sich entscheiden werden.

Cox hat viel gesehen – und er ist sich sicher: „Trump wird gewinnen“. Grund: „It‘s the Economy, stupid“. Die Wirtschaft sei unter der Biden-Präsidentschaft zum Erliegen gekommen, hohe Inflation und Lebenserhaltungskosten würden dieses Mal auch demokratische Stammwähler überzeugen, Trump zu wählen. Die letzte Regierung habe nicht geschafft, zu überzeugen. Den Menschen sei das Geld aus der Tasche gezogen worden – etwa auch, weil man um viele Milliarden einen Krieg in der Ukraine finanziere. Cox lässt keinen Zweifel daran, was bei einem Trump-Sieg außenpolitisch passieren würde: Die Unterstützung in der Ukraine würde man aufgeben, und die für Israel intensivieren. 

Tosender Applaus nach seiner Rede. Und ein Song zur Auflockerung, bevor die Anspannung ins Unerträgliche steigt und alle unruhig auf ihren Sitzen hin- und herwetzen: „God Bless Amerika“ von Lee Greenwood. Viele setzen ihre „Make Amerika Great Again“-Kappen auf und schauen gebannt auf die Bildschirme. Freilich wird die Wahlnacht auf Fox-News übertragen, dem rechtskonservativen Lieblingsfernsehsender der Trump-Anhänger. 

Frauensachen

In der Mitte des Saals sitzt Jane Ponatarelli, Vizepräsidentin des Woman National Republican Clubs. Die Gastgeberin des Abends ist mit ihrem großen Amerika-Hut nicht zu übersehen. Das historische Gebäude gegenüber der St. Paul‘s Chapel hat sie herausputzen lassen. Überall hängen rot-blaue Elefanten, das Symbol der New Yorker Republikaner. Der 1910 gegründete Club ist der älteste seiner Art. Dass ausgerechnet hier gefeiert wird, ist wohl nicht nur der wunderschönen Immobilie zu verdanken. Es ist auch symbolisch zu sehen – denn gerade die Frauen könnten am Ende das Zünglein an der Waage sein. Vor allem die weibliche Wählerschaft aus den Vorstädten der Swing States wurde zuletzt noch hart umkämpft. Sie hat den Ruf, konservativ zu sein, hat aber 2020 mehrheitlich demokratisch gewählt. 

Eingangstür des Clubhauses der republikanischen Frauen.

Trumps Politik war zuletzt nicht gerade frauenfreundlich – Experten glaubten im Vorfeld, dass es darum für viele attraktiv sein könnte, die erste Präsidentin der USA zu wählen. Dass Kamala Harris das Thema Abtreibungen ins Zentrum ihres Wahlkampfs gerückt hat, ist kein Zufall. In zehn Bundesstaaten haben Wählerinnen und Wähler gestern nicht nur über die Präsidentschaftskandidaten abgestimmt, sondern in einem Referendum auch über das Recht auf Schwangerschaftsabbruch.

Bei der Wahlparty der New Yorker Republikaner sind tatsächlich viele Frauen, wohl mehr als Männer. Auf den traditionellen Gendergap angesprochen – Frauen wählen mehrheitlich Demokraten, Männer Republikaner – winken sie alle ab. Trump habe viele starke Frauen um sich, ihn als Frauenfeind zu framen sei demokratische Propaganda. Am Wahlergebnis werde man ablesen können, dass es hier kein Problem gebe. 

Das liegt zwar noch lange nicht vor, aber gefeiert wird schon einmal. Denn es läuft für die Republikaner gut – die Mehrheit im Senat scheint sicher. Und auch wenn die Ergebnisse in den Swing States zum offiziellen Ende der Party noch nicht vorliegen: Man geht von einem Sieg aus. Wenn Trump Präsidentschaft und Senat in der Tasche hat, kann er die Geschicke des Landes in vielen Fragen lenken. 

Die Republikaner freut das. Man stößt schon einmal mit Champagner an und hofft, dass es nicht wie vor vier Jahren am nächsten Morgen ein böses Erwachen gibt. Damals gingen die Trump-Fans in dem Glauben in Bett, ihr Kandidat werde gewinnen – und wachten mit dem demokratischen Wahlsieger Joe Biden auf. 

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.