US-Wahl

Warum der „Super Tuesday“ diesmal gar nicht so super ist

Fällt am Dienstag die Vorentscheidung bei den US-Vorwahlen? Nein, denn diesmal stehen die beiden Kandidaten de facto schon fest. Und trotzdem könnte es am Ende ganz anders kommen.

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Den Namen Dean Phillips kennt selbst in den USA kaum jemand. Der 55 Jahre alte Kongressabgeordnete aus Minnesota ist

der einzige verbliebene Gegenkandidat von Joe Biden im Vorwahlkampf um die Kandidatur der Demokratischen Partei. Wobei der Begriff „Kampf“ etwas in die Irre führt. Biden hat bisher 91 Delegiertenstimmen gewonnen, Phillips keine einzige.

Auf republikanischer Seite verläuft das Rennen zwar nicht ganz so eindeutig, aber immer noch eindeutig genug. Ex-Präsident Donald Trump hält bei fünf gewonnenen Bundesstaaten und 122 Delegierten, die einzige Gegenkandidatin Nikki Haley hat noch in keinem Staat gewonnen und bloß 24 Delegiertenstimmen am Konto.

Deshalb will vor dem „Super Tuesday“ am kommenden Dienstag keine rechte Spannung aufkommen. Biden und Trump, die Gegner der Wahl von 2020, werden bei den Abstimmungen in 15 Bundesstaaten und dem Territorium Amerikanisch-Samoa die Zahl ihrer Delegiertenstimmen (die dann bei den jeweiligen Parteitagen im Sommer den Kandidaten küren) vervielfachen. Bei den Republikanern, wo die Vorwahl theoretisch umkämpft hätte sein können, weil im Gegensatz zu den Demokraten kein amtierender Präsident ins Rennen geht, deutet keine einzige Umfrage auch nur annähernd auf eine Niederlage von Trump hin.

Das Duell am 5. November 2024 wird also wohl Biden gegen Trump lauten. Damit haben sich beide Parteien und die amerikanische Öffentlichkeit abgefunden. Oder etwa doch nicht? 

Tatsächlich könnten sowohl Biden als auch Trump auf dem Weg zur Kandidatur noch straucheln.

Bidens Stolperstein ist sein Alter. Er ist 81 und wirkt zunehmend gebrechlich. Er stolpert, vergisst Namen und geht Interviews immer öfter aus dem Weg. Jetzt, knapp acht Monate vor dem Wahltermin, beginnt in demokratischen Kreisen ein Rumoren und Raunen – Biden solle seine Nominierung ausschlagen und den Weg für einen jüngeren Kandidaten oder eine jüngere Kandidatin freimachen. Ist das denkbar?

Trumps Achillesferse bleiben die Gerichtsverfahren, die bis zum Wahltermin im November anlaufen werden

Trump wiederum ist zwar nur vier Jahre jünger als Biden, doch er wirkt deutlich fitter. Seine Achillesferse bleiben die Gerichtsverfahren, die bis zum Wahltermin im November anlaufen werden. Bisher haben sie ihm nicht geschadet, doch wird das so bleiben? Wenn sich unabhängige Wählerinnen und Wähler, die sich keiner der Parteien zugehörig fühlen, mehrheitlich von ihm abwenden, kann das Trumps Aussichten eintrüben.

Wie stehen also die Chancen, dass am 5. November der unbeliebteste Präsident der Geschichte (Biden) und der zweitunbeliebteste (Trump) gegeneinander antreten? profil hinterfragt die scheinbare Unausweichlichkeit.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.