Zwei Mal Trump
Die Vorstellung, dass Donald Trump, einmal im Präsidentenamt, in kürzester Zeit so viel Mist bauen werde, dass seine Popularitätswerte runterrasseln, beruhigt ein wenig die amerikanischen Demokraten. Dann könnte seine Republikanische Partei bereits bei den Zwischenwahlen Ende nächsten Jahres die Mehrheit zumindest in einer Kammer verlieren und The Donald selbst müsste nach einer schweren Wahlniederlage 2020 wieder das Weiße Haus räumen.
Die Hoffnung, dass die Trump-Ära auf vier Jahre begrenzt sein werde, ist nicht unbegründet. Vor allem wirtschaftlich führt seine Politik in die Katastrophe, mutmaßt die Mehrheit der Ökonomen. Die Frage ist nur: Wann? Paul Krugman, Nobelpreisträger und vehementester Trump-Gegner, warnte ganz aufgeregt bereits am Tag „nach dieser schrecklichen Wahlnacht“, dass eine globale Rezession bevorstehe. Wenige Tage später korrigierte er sich: „Der Trumpismus wird fatale Folgen haben. Aber es wäre nicht überraschend, sollte sich das Wirtschaftswachstum für ein paar Jahre beschleunigen.“
Was, wenn Präsident Trump trotz aller Verrücktheit seiner Politik erfolgreich wird?
Die Märkte sehen das ebenfalls so: Seit der Wahl hat der Dow Jones über zehn Prozent zugelegt, der US-Aktienindex rangiert sogar nahe der historischen Marke von 20.000 Punkten. Die Anleger sehen optimistisch in die unmittelbare Zukunft. Ein Albtraum für die Demokraten: Vor dem Hintergrund eines Booms könnte Trump das Wahlvolk in vier Jahren wieder für sich gewinnen, und weitere vier Jahre das Land regieren. Immer häufiger wird nun die bange Frage gestellt: Was, wenn Präsident Trump trotz aller Verrücktheit seiner Politik erfolgreich wird?
Zunächst „erbt“ er von Barack Obama eine US-Wirtschaft, die klar auf Erholungskurs ist. Und so widersprüchlich, unausgegoren und langfristig desaströs seine angekündigten wirtschaftspolitischen Rezepte erscheinen mögen – sie sind dazu angetan, kurzfristig bis mittelfristig Wachstum zu befördern: Trumps versprochene Steuersenkungen riesigen Ausmaßes werden zwar den Reichen und Superreichen um ein Vielfaches mehr bringen als den einkommensschwachen Schichten, was den Konjunktureffekt reduziert – echte Wachstumsimpulse sind erfahrungsgemäß zu erwarten, wird die Massenkaufkraft gehoben –, aber wenn den Wohlhabenden viel geschenkt wird, verbessert sich zumindest das allgemeine Businessklima. Die anvisierten Deregulierungen in der Banken- und Energiebranche beflügeln diese sicherlich. Und schließlich will Trump Hunderte Milliarden in die marode amerikanische Infrastruktur stecken. Das würde die Konjunktur deutlich antreiben.
All das kostet natürlich. Die Berechnungen zeigen: Der Staat wird sich in gigantischem Ausmaß weiter verschulden. Paradox: Deficit spending – das, was die amerikanischen Rechten Obama immerzu verweigerte – soll nun die Politik der neuen Administration sein. Wenn alles gut geht, dann erlebt Amerika tatsächlich in den kommenden paar Jahren sinkende Arbeitslosigkeit, höhere Reallöhne und höhere Profite. Und Trump wird „America great again“ posaunen.
Verlassen sollte man sich nicht darauf, dass der neue Mann im Weißen Haus bald stolpert.
Die Hoffnung, ihn nach vier Jahren doch noch loszuwerden, müssen seine Gegner aber nicht gänzlich fahren lassen. Vielleicht trüben sich die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten doch früher ein als gedacht:
- Zunächst könnten Zinssteigerungen – die US-Notenbank hat im Dezember damit schon begonnen – und ein weiter steigender Dollarkurs die Trump’schen Konjunkturimpulse konterkarieren, wenn nicht sogar zunichte machen. - Ob die versprochenen Infrastrukturinvestitionen im republikanisch dominierten Kongress überhaupt durchgesetzt werden können, ist nicht klar. Bisher war für die republikanische Mehrheit Schuldenmachen des Teufels. Und nun soll sie dafür sein? Schon hat Trump reagiert: Wollte er ursprünglich das Infrastrukturprogramm durch Staatsanleihen finanzieren, so heißt es nun, dieses solle durch verstärkte Abschreibungsmöglichkeiten realisiert werden. Die Geldmittel für Infrastruktur könnten also weit geringer ausfallen als angekündigt. - Auch ist denkbar, dass der Honeymoon von Big Business mit dem neu gewählten Präsidenten ein schnelleres Ende findet als vielfach angenommen. Trumps Protektionismus, den Autokonzernen Ford und General Motors bereits jetzt schmerzhaft zu spüren bekommen, schadet den Interessen von großen Teilen des amerikanischen Kapitals. Ein drohender Handelskrieg könnte für ganze Branchen geradezu existenzgefährdend werden.
Amerika bewegt sich mit Trump als Präsident auf historischem Neuland. Verlassen sollte man sich jedenfalls nicht darauf, dass der neue Mann im Weißen Haus bald stolpert. Dass seine Präsidentschaft nur ein kurzes Intermezzo der amerikanischen Geschichte bleibt, ist nicht ausgemachte Sache.