"Wir arbeiten effektiv, aber reden nicht gerne darüber"

Otmar Lahodynsky zu Besuch beim Chef der bulgarischen Polizei-Einheit gegen organisiertes Verbrechen, Ivaylo Spiridonov.

Drucken

Schriftgröße

Zwei bulgarische investigative Journalisten haben im November von einer lokalen Mafia-Bande Todesdrohungen erhalten. Sie hatten auf der lokalen Website "Zov News" über den Fall einer in Zürich wegen Drogenschmuggels verhafteten älteren Bulgarin berichtet. Offenbar war diese von bulgarischen Kreditbetrügern erpresst und zur Tat überredet worden.

Als Präsident der "Association of European Journalists" (AEJ) besuchte ich den Polizei-Chef der bulgarischen Sondereinheit gegen organisiertes Verbrechen, Ivaylo Spiridonov, in Sofia. Gemeinsam mit Kolleginnen der bulgarischen Sektion forderten wir Schutzmaßnahmen für die bedrohten Journalisten, auch im Hinblick auf die in Malta ermordete Journalistin Daphne Galicia.

Spiridonov beteuerte, dass seine Einheit nach den ersten Hinweisen Ermittlungen gegen die Mitglieder der lokalen Mafiaorganisation aufgenommen habe. "Sie sind uns inzwischen alle bekannt und sie werden verhört. Aber nun muss der Staatsanwalt über eine Verhaftung entscheiden", so Spiridonov. Auch Maßnahmen zum Schutz der bedrohten Journalisten seien geplant. Alle Zeugen würden derzeit einvernommen, auch die bedrohten Journalisten. In der betroffenen Region sei ein Verbrechersyndikat aktiv, das sich auf überteuerte Kredite spezialisiert habe. Wer die Raten nicht bezahlt, würde erpresst. Manchmal seien Kunden schon aus ihren Wohnungen vertrieben worden. "Wir arbeiten effektiv, aber reden nicht gerne im Detail darüber", so Spiridonov.

Spiridonov erklärte, dass Bulgarien an der Einfallsroute für organisiertes Verbrechen aus dem Nahen Osten liege. Dazu gehörten auch Schlepperbanden. An der Grenze zur Türkei wurde in diesem Jahr ein Zaun errichtet, den Bulgarien ohne EU-Hilfe gebaut hätte. Zwar sei dieser nicht unüberwindbar, aber er stelle eine gewisse Abschreckung dar. Derzeit sei keine Zunahme an illegalen Migranten festgestellt worden. Flüchtlinge in den bulgarischen Zentren, die bei NGOs schon Kritik auslösten, könnten sich frei bewegen und diese Aufnahmelager auch jederzeit verlassen.

Im Rahmen der von der EU-Kommission beschlossenen Umverteilung von Migranten aus Griechenland und Italien hat Bulgarien nach Auskunft der Behörden in Sofia erst einen Asylwerber aufgenommen. Er war der einzige, der sich freiwillig für einen Aufenthalt in Bulgarien gemeldet habe.