Ehemaliger EU-Kommissar Fischler im Chat
Ballhausplatz 50

Fischler: Schengen-Veto hat „mehr Schaden als Nutzen angerichtet“

Warum Rosenkranz das Orbán-Treffen abhalten und Österreich bei Schengen umdenken soll. Franz Fischler im Chat.

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Keine 24 Stunden nach seiner Angelobung fand sich Walter Rosenkranz (FPÖ) in einer Zwickmühle. Der Erste Nationalratspräsident soll am morgigen Donnerstag Viktor Orbán und damit seinen ersten internationalen Gast empfangen. Obwohl er eigentlich seinen umstrittenen Ruf aufpolieren will. Franz Fischler kann den Rufen nichts abgewinnen, das vereinbarte Treffen abzusagen. Aber er rät Rosenkranz, klarzustellen, dass er mit Orbáns Ansichten nicht einverstanden sei. Noch ist der neue Nationalratspräsident dem nicht nachgekommen.

Franz Fischler war der erste Österreicher in der EU-Kommission. Heute ist der ehemalige ÖVP-Politiker 78 Jahre alt und beschreibt in seinem neuen Buch die Stationen, die ihn aus Absam, einer 7000-Einwohner Gemeinde in Tirol, nach Brüssel führten. Im profil-Chat gibt er Magnus Brunner einen Tipp für seine anstehende Amtszeit als EU-Kommissar und findet scharfe Worte für das Schengen-Veto seiner Volkspartei.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Ihr neues Buch heißt „Die Kraft der Mitte“. Wer ist für Sie die Mitte?

Franz Fischler
Franz Fischler

Es geht um die politische Mitte und für mich sind die Mitte die Mitte Rechts und die Mitte Links Parteien, plus die Liberalen.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

War es richtig von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Herbert Kickl nicht den Regierungsauftrag zu geben?

Franz Fischler
Franz Fischler

Es hätte keinen Sinn gehabt, weil er selber erklärt hat, dass er keinen Partner findet.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Und wie sehen Sie den Besuch von Viktor Orbán beim frisch gewählten Nationalratspräsidenten? Hätte Walter Rosenkranz das Treffen absagen müssen?

Franz Fischler
Franz Fischler

Nachdem Ungarn zurzeit die Präsidentschaft des europäischen Rates hält, konnte der Parlamentspräsident den Termin schwer absagen.

Franz Fischler
Franz Fischler

Aber man kann ja bei der Gelegenheit eine Klarstellung machen, dass man mit Orbán und seinen Ansichten nicht einverstanden ist.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Im Buch schreiben Sie, dass das System Orbán nun für all das steht, was er bekämpfen wollte. Wem nützen solche Klarstellungen?

Franz Fischler
Franz Fischler

Mit Klarstellungen war gemeint eine Äußerung gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Sie waren der erste österreichische EU-Kommissar. Magnus Brunner wird im Winter sein Amt antreten und Migrationsagenden übernehmen. Welchen Fehler sollte er in seinen ersten Tagen als Kommissar jedenfalls vermeiden?

Franz Fischler
Franz Fischler

Vermeiden soll er Schnellschüsse und diese nicht nur am ersten Tag. Die Kommission arbeitet unter Zuhilfenahme der Beamtenschaft und wissenschaftlicher Erkenntnisse.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Mit dem Schengen-Veto hat sich Österreich in Brüssel nicht besonders beliebt gemacht. Erachten Sie einen Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien noch heuer für realistisch?

Franz Fischler
Franz Fischler

Heuer wird das nicht mehr möglich sein, denn es braucht einen Beschluss des Rates. Nächstes Jahr sollte das auf jeden Fall über die Bühne gehen.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Dann gehen Sie davon aus, dass Österreich sein Veto aufhebt?

Franz Fischler
Franz Fischler

Ich kann das unserer Heimat nur raten, weil sich schon jetzt zeigt, dass dieses Veto für unser Land mehr Schaden als Nutzen angerichtet hat.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Zurück zu Ihrem Buch. Darin beschreiben Sie ein Missverständnis in Ihrer Familie. Ihre Frau war zum vierten Mal schwanger, als Sie als Landwirtschaftsminister bestellt wurden. Als Kompromiss pendelten Sie wöchentlich zurück nach Tirol. War man im Ministerium manchmal böse auf Sie, wenn Sie am Wochenende nicht erreichbar waren?

Franz Fischler
Franz Fischler

Man war deshalb nicht böse, weil ich zumindest telefonisch immer erreichbar war.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Heute haben Sie ein Lobbyunternehmen. Für wen lobbyieren Sie genau?

Franz Fischler
Franz Fischler

Ich habe kein reines Lobbyunternehmen, sondern ich wickle meine Vortragstätigkeiten und Beratungstätigkeiten über eine private GmbH ab.

Franz Fischler
Franz Fischler

Zurzeit lobbyiere ich für niemanden, sondern halte ausschließlich Vorträge.

profil-Redakteurin Elena Crisan
Elena Crisan

Herr Fischler, danke für den Chat!

Franz Fischler
Franz Fischler

Gern geschehen.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.