Grünen-Abgeordneter Hammer: „Aserbaidschan will, dass wir Klimaschützer zu Hause bleiben."
Von Kevin Yang
Während der Generalsekretär der Vereinten Nation, António Guterres auf der heurigen Klimakonferenz, COP29 aufruft, aus fossiler Energie auszusteigen, preist der Präsident des Gastgeber-Landes Ilham Aliyev seine heimischen Ölvorkommen als „Geschenk Gottes" an. Dass sich Aserbaidschan nach Dubai und Ägypten als Gastgeber-Land, in eine Reihe problematischer Austragungsorte für die COP einordnet, ist dem Grünen Klimasprecher Lukas Hammer bewusst.
Im Chat mit profil gibt der Nationalratsabgeordnete Einblicke in seine Beweggründe, trotz Kritik am Gastgeber, an der Klimakonferenz teilzunehmen. Zur Innenpolitik erklärt Hammer, warum er das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus durch Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) ablehnt und warum Klimathemen bei der Nationalratswahl in den Hintergrund geraten sind.
Sie sind bekanntlich leidenschaftlicher Bahnfahrer. Die klimafreundliche Anreise per Zug nach Baku wird schwierig?
Ja leider, zur Klimakonferenz nach Glasgow bin ich tatsächlich mit dem Zug gefahren. Nach Baku geht das nicht so leicht😉
Aktivisten werden weggesperrt. Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev bezeichnet Erdöl und Gas als „Geschenk Gottes“.
Warum nimmt Österreich trotzdem teil?
Das ist alles richtig, bereits Ägypten und Dubai waren denkbar schlechte Orte für eine Klimakonferenz.
Aber viele Menschen haben sich das Recht überhaupt an Klimakonferenzen teilnehmen zu können, hart erkämpft.
Vor allem für Menschen aus besonders betroffenen Regionen ist die COP der einzige Ort, an dem sie ihre Forderungen und ihren Protest direkt anbringen können.
Haben Sie keine Angst dass sich Länder mit solchen Veranstaltungen „grün” waschen?
Viele Regierungen und vor allem Gastgeber Aserbaidschan wollen ja, dass wir Klimaschützer:innen zu Hause bleiben damit sie ungestört ihr Greenwashing betreiben können und kritische Stimmen nicht gehört werden.
Diesen Gefallen werden ich ihnen sicher nicht machen.
Wechseln wir nach Österreich.
Sie verwehrten sich, dass Nationalratspräsident Walter Rosenkranz im Namen des Nationalrats einen Kranz im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus niederlegt. Warum?
Rosenkranz ist Mitglied einer deutschnationalen Burschenschaft und hat hochrangige Nationalsozialisten als "Leistungsträger" bezeichnet.
Er behauptete, dass er am Judenplatz einen Kranz im Namen aller 183 Nationalratsabgeordneten niederlegen wollte.
Dazu gab es weder einen Beschluss in der Präsidiale noch sonst einen Auftrag.
Als Nachfahre von Opfern der Shoah und als einer der 183 Abgeordneten verwehre ich mich dagegen, dass er in meinem Namen einen Kranz niederlegt
Dieses Gedenken nehme ich ihm nicht ab und dazu bräuchte es zusätzliche Schritte von seiner Seite.
Aber wäre es nicht noch schlimmer, der Nationalratspräsident würde den Opfern der Novemberpogrome gar nicht gedenken?
Gedenken kann aber nicht nur eine Hülle oder eine Geste sein, sondern setzt eine ehrliche Auseinandersetzung voraus. Die sehe ich bei Walter Rosenkranz und seiner Gesinnungsgemeinschaft nicht.
Wie wir in Zukunft damit umgehen, wird noch eine schwierige Diskussion werden.
Die Grünen werden wahrscheinlich nicht Teil der nächsten Bundesregierung, in Vorarlberg koaliert die ÖVP mit der FPÖ.
Ist Klimaschutz für die Wählerinnen und Wähler doch nicht mehr so wichtig?
Klimaschutz ist als Wahlmotiv etwas in den Hintergrund gerückt, das stimmt schon. Aber davon geht die Klimakrise auch nicht weg.
Haben die Grünen vielleicht an der Bevölkerung vorbei regiert?
Nein nur an unserem Koalitionspartner 😀
Aber im Ernst:
Sämtliche Regierungen in Europa haben an den multiplen Krisen verloren und diesen Trend konnten auch wir nicht brechen. Ich glaube, dass wir zeigen konnten welchen Nutzen Klimaschutz für die Menschen bringt.
zB durch das Klimaticket, das ein Vorzeigeprojekt in ganz Europa ist und Menschen hunderte Euro beim Öffi fahren spart.
Und wir haben gezeigt, dass wir es mit sauberer Politik ernst meinen - siehe zB Abschaffung Amtsgeheimnis
Welche Tipps möchten Sie den NEOS als Regierungspartner geben?
Erstens ist der Kas noch lang nicht bissn und der Weg zu einem Koalitionsabkommen noch lang und beschwerlich.
Und zweitens wenn es so weit ist, hoffe ich, dass sie sich an ihrer deutschen Schwesterpartei kein Vorbild nehmen.
Und vielleicht an Wien auch nicht, da regieren sie am Papier ja auch mit.
Der Klimabonus steht in der Kritik (soziale Treffsicherheit, teuer). Braucht es den noch?
Der Klimabonus ist de facto eine Umverteilung von oben nach unten, weil Menschen mit hohem Einkommen wesentlich mehr CO2 verbrauchen als jene mit niedrigem - aber alle gleich viel zurück bekommen.
Sagen nicht wir, sondern der Budgetdienst des Parlaments.
Eine Abschaffung wäre de facto eine Steuererhöhung.
Lustig finde ich ja Vorschläge wie vom Tiroler Landeshauptmann, der mit den Einnahmen des CO2 Preises die Budgetlöcher in den Kassen der Bundesländer stopfen will. Und somit das Geld den Menschen wegnehmen will.
Wofür haben Sie Ihren Klimabonus ausgegeben?
Da der Klimabonus genialerweise direkt auf das Konto überwiesen wird, hat er von mir kein Mascherl bekommen.
Herr Hammer, vielen Dank für das Gespräch 🙂
Ich danke für die spannenden Fragen!
