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IV-Präsident Knill: „Ich messe meine Arbeit nicht in Zeit“

Der Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill chattet über Arbeitszeit, den 1. Mai und die Freude am eigenen Job.

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Wie lange soll gearbeitet werden? Die Frage ist ein echtes Politikum: SPÖ, Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft fordern eine Verkürzung der gesetzlichen Normarbeitszeit auf vier Tage Arbeit (und, um den gewerkschaftlichen Arbeits-Kampfschrei zu vervollständigen: drei Tage frei). Der Industriellenvereinigung (IV) ist das ein Dorn im Auge: Es werde in Österreich ohnehin zu wenig gearbeitet, findet IV-Präsident Georg Knill. Statt einer Arbeitszeitverkürzung fordert der geschäftsführende Gesellschafter der Knill-Gruppe eine Verlängerung auf 41 Stunden pro Woche. 

Im Chat erklärt der IV-Präsident seine nicht populäre Forderung und verrät, was er am Tag der Arbeit feiert:

Max Miller

Herr Knill, wie viele Stunden arbeiten Sie pro Woche?

Georg Knill

Ich messe meine Arbeit nicht in Zeit. Ich erfülle Aufgaben, das geht manchmal schneller und manchmal dauert es länger.

Max Miller

Und wenn es länger dauert: Wünschen Sie sich dann manchmal eine kürzere Arbeitswoche?

Georg Knill

Mir macht meine Arbeit unheimlich Spaß. Daher schaue ich auch nicht immer auf die Uhr. Ich nehme mir regelmäßig auch meine Freizeit.

Max Miller

Nehmen Sie sich auch manchmal eine Vier-Tage-Woche? Oder geht das für einen IV-Chef aus Prinzip nicht?

Georg Knill

Ich habe das Privileg, dass ich mir meine Arbeit gut einteilen kann. Wenn es sechs Tage die Woche sind ist es gut, wenn es manchmal weniger Tage die Woche sind, habe ich auch kein Problem damit. Wie gesagt: Mir macht meine Arbeit unheimlich Spaß und ich arbeite gerne.

Max Miller

Ich frage natürlich, weil Sie die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche ablehnen. In den 1970ern hat die IV eindringlich vor der Fünf-Tage-Woche gewarnt. Warum sollten Sie diesmal recht haben?

Georg Knill

Unserem Sozialsystem steht das Wasser bis zum Hals. Die Bevölkerung wächst, die Arbeitszeit stagniert. Die Arbeitszeit pro Beschäftigtem geht in den letzten Jahren auch zurück: von 2015 bis 2023 von 1.520 Stunden auf 1.448 Stunden. Mehr Menschen, die weniger arbeiten, bei gleichbleibenden Leistungen – das geht sich irgendwann nicht mehr aus.

Max Miller

Das liegt vor allem an mehr Teilzeitarbeit. Der sagen Sie nun den Kampf an: Wer Teilzeit arbeitet, könne keinen vollen Anspruch auf den Sozialstaat haben, sagen Sie. Welche Leistungen wollen Sie konkret kürzen?

Georg Knill

Es geht nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen, sondern vielmehr darum das Sozialsystem auf mehr Schultern zu verteilen. Ein Drittel der Beschäftigten in Österreich arbeitet in Teilzeit – es muss uns gelingen mehr Menschen wieder für Vollzeitarbeit zu begeistern. Aktuell ist unser System so ausgestaltet, dass Vollzeit steuerlich benachteiligt wird, das muss sich ändern. Anreize für einen Umstieg können zB ein Vollzeitbonus von 5.000 € bei einem Wechsel auf Vollzeit oder auch die steuerliche Befreiung von Überstunden sein.

Max Miller

Vor einer Woche wollten Sie noch darüber diskutieren, ob man mit Teilzeitarbeit einen Vollanspruch auf den Sozialstaat haben soll. Das ist nun also vom Tisch?

Georg Knill

Uns geht es um eine breite und offene Debatte rund um Arbeitszeit und unser Sozialsystem – wer arbeitet, soll auch dafür belohnt werden. Wir müssen grundsätzlich über die Bevorzugung von Teilzeitarbeit in unserem System reden und auch welche Maßnahmen notwendig sind, dass wir auch weiterhin unseren Wohlstand und unser Sozialsystem aufrecht erhalten können, wie wir es gewohnt sind. Dazu zählen viele Punkte – zentral ist die Frage: Wie können wir das Arbeitsvolumen in Österreich wieder erhöhen?

Max Miller

Verstehe. Die IV fordert dafür auch, die Vollzeitarbeit auf 41 Stunden pro Woche zu erhöhen. Sogar die selbsternannte Wirtschaftspartei ÖVP distanziert sich klar von dieser Forderung. Enttäuscht Sie das?

Georg Knill

Uns ist klar, dass die Forderung nicht populär ist, aber es ist notwendig, die Debatte zu führen. Wir haben vor ca 2 Jahren ein Leistung muss sich lohnen-Paket vorgestellt, daraus hat die Bundesregierung bereits einige wichtige Punkte umgesetzt.

Max Miller

Also Geduld statt Enttäuschung?

Georg Knill

Konstruktive Debatte & Gespräche statt Enttäuschung!

Max Miller

Letzte Frage: Die IV kritisiert auch die vielen Feiertage in Österreich. Haben Sie heuer am 1. Mai trotzdem einmal die Arbeit sein lassen?

Georg Knill

Grundsätzlich haben wir in Österreich zu viele Feiertage. Am 1. Mai hat mein Vater Geburtstag. Den haben wir gefeiert!

Max Miller

Ein passender Geburtstag für den Vater eines IV-Chefs. Herr Knill, danke für den Chat!

Georg Knill

Danke für den Chat. Hat mir die Zugfahrt nach Innsbruck verkürzt...

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.