Leonore Gewessler im Chat: Das Klima in Dubai
Von Elena Crisan
Es wirkt wie eine Szene aus einer Kneipe nach Mitternacht. Die Atmosphäre drückt, die Sitznachbarn spüren es auch, zwei Streitende gehen vor die Tür. Inländische Querelen in der EU-HauptstadtDie Streitenden heißen Karoline Edtstadler und Leonore Gewessler. Es geht um den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP). Um genauer zu sein: Um dessen Entwurf. Das Verhalten der Europaministerin sei „nicht zielführend“, sagte Gewessler bei einem Ratstreffen in Brüssel. Wegen des zurückgezogenen Entwurfs drohe Österreich jetzt ein Strafverfahren der EU wegen Vertragsverletzung. EU-Ministerin Edtstadler will hingegen auf X (vormals Twitter) „sagen, was ist“: Dass die Klimaministerin den Entwurf ohne finalem OK der anderen Ministerien abgeschickt habe, sei „ein gefährlicher Präzedenzfall“, die Verfassung gelte auch für Klimaschützer. In Brüssel mischt man sich in den österreichischen Infight noch nicht ein, finale Deadline für die Abgabe des NEKP ist Juni 2024. Das Klima in DubaiMorgen fliegt Österreichs Klimaministerin nach Dubai. Im Ölstaat findet heuer die Weltklimakonferenz COP 28 statt. Die Erwartungen sind niedrig: Der Präsident der Konferenz ist Chef eines Ölkonzerns und behauptete, es gäbe „keine wissenschaftlichen Belege“ dafür, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nötig sei, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Warum sie dennoch den Flieger nach Dubai nimmt und wie sie Dampf ablässt, wenn sie sich über den Regierungspartner ärgert, verrät Leonore Gewessler im Chat mit profil-Redakteurin Elena Crisan. |
Als Global-2000-Geschäftsführerin fanden Sie die “Politik der kleinen Schritte” unzureichend. Jetzt fliegen Sie zur COP, rechnen dort aber mit keinen großen Durchbrüchen. Betreiben Sie Symbolpolitik?
Nein, die COP braucht es. Klimaschutz ist auch eine globale Aufgabe, und die COP ist der einzige Ort, wo alle Staaten am Tisch sitzen. Aber schwierig wird es heuer sicher.
Laut dem aktuellen Entwurf des Energie- und Klimaplans plant Österreich sogar damit, die Klimaziele – also die Senkung der Treibhausgase um 48 % – zu verfehlen. Lässt man sich auf der COP jetzt loben, obwohl man die eigenen Hausaufgaben vernachlässigt?
Wir sehen erstmals in diesem Land, dass Klimaschutzpolitik wirkt. Unsere Emissionen sinken und das ist gut. Aber selbstverständlich werden wir uns um die letzten 13 Prozentpunkte, die uns auf’s Ziel fehlen, auch noch kümmern.
Der NEKP wurde von der ÖVP abgeschossen, das Klimaschutzgesetz fehlt: Würden Sie sich manchmal lieber auf die Straße kleben, als Klimaministerin zu sein?
Nein.
Es waren bis jetzt alle Projekte - vom Pfand bis zum Klimaticket - anstrengend und nicht einfach, aber am Ende haben wir sie alle durchgesetzt. Darum geht’s.
Aber wie gehen Sie als Politikerin mit Wut um? Wie reagieren Sie sich z. B. ab, wenn die Europaministerin den NEKP aus Brüssel zurückzieht?
Ich hab meinen Neujahrsvorsatz dieses Jahr durchgehalten. Jeden zweiten Tag Sport.
Aber ehrlich: Wut ist ein schlechter politischer Ratgeber.
Eine Klimaschutz-Baustelle heißt Bodenversiegelung. Ab 2030 soll der Bodenverbrauch auf 2,5 ha pro Tag reduziert sein. Aktuell liegt er bei rund 11 ha pro Tag. Ganz ehrlich, das klingt mehr als ambitioniert.
Ja, aber höchst an der Zeit. Wir zerstören jedes Jahr viel zu viel Böden. Das geht den Menschen auf die Nerven, mir auch. Bei ambitionierten Zielen ist es umso wichtiger, dass wir endlich anfangen etwas zu tun. Und auch die Blockierer in manchen Ländern einsehen: vom Beton kann man nicht abbeißen.
Mit Blockierern meinen Sie wohl manche Bürgermeister.
Bei der Raumordnung haben schon auch die Bundesländer viel Kompetenz.
Schlussfrage: Sie haben früher im Chor gesungen, Ihre Leidenschaft galt damals der Musik. Verraten Sie uns die Top Künstler:innen und Lieder aus Ihrem Spotify Wrapped?
😬
Bei mir wäre wohl derzeit das Ö1 Morgenjournal ganz oben. Und die spielen wenig Musik. 🙃
Frau Gewessler, es hat mich gefreut, mit Ihnen zu chatten.
Mich auch. Danke!
