Meri Disoski im Chat: „SPÖ kuschelt mit FPÖ im U-Ausschuss“
Von Max Miller
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Zwei Tage lang befragte der "Rot-blaue-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss" letzte Woche Auskunftspersonen. Der Fokus liegt ganz auf der FPÖ, auch wenn sich die Freiheitlichen bisher verschwiegen zeigen. Herbert Kickls früherer Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, verweigerte jegliche Aussage, andere Blaue kamen erst gar nicht.
Meri Disoski führt zum ersten Mal ein grünes U-Ausschuss-Team. Was die 41-Jährige herausgefunden hat und wieso die SPÖ bisher kein Thema war, verrät sie im Chat:
Sie sind grüne Fraktionschefin im "Rot-blauen-Machtmissbrauch U-Ausschuss". Haben Sie SPÖ und FPÖ schon des Machtmissbrauchs überführt?
Überführen ist nicht Teil meiner Jobdescription. Was ich hingegen leidenschaftlich gern mache: Auf Basis gelieferter Akten Widersprüche, Intransparenzen und mutmaßliche Selbstbereicherung aufzeigen. Und bei der FPÖ sehen wir einmal mehr: All das gehört dazu, wenn Blaue regieren
Was ist das Spannendste, das Sie gefunden haben und nicht herzeigen dürfen?
Wir wühlen uns gerade durch mehrere neue Aktenlieferungen. Da ist sehr vieles drinnen, das ich noch nicht herzeigen durfte. Viel zu viel!
Ist es nicht ein wenig sinnlos, wenn Sie die Fälle nicht öffentlich aufzeigen können?
Das tun wir doch! Wir haben zum Beispiel letzte Woche im Ausschuss das blaue Gagenparadies im Kickl-geführten Innenministerium, geschredderte Akten im Büro von Hartinger-Klein und ein bemerksenswertes Interesse von Peter Goldgruber, Kickls Ex-Generalsekretär, für die rechtsextremen Identitären aufgezeigt.
Und wir sammeln Beweis um Beweis dafür, wie die FPÖ ihren Freundschaftsvertrag mit Putins Partei in ihrer Regierungszeit mit Leben gefüllt hat. Da stellt sich für uns die Frage: Was bekommen die Österreicher:innen, wenn sie Kickl wählen? Jemanden, der im Interesse unseres Landes oder aber auf Zuruf eines despotischen Kriegstreibers handelt?
Zur SPÖ gibt es im "Rot-blauen-Machtmissbrauch U-Ausschuss" nichts?
Was SPÖ, FPÖ und bekanntlich auch die ÖVP gemeinsam haben: ihr Spiel mit Medien und die Versuche, darüber die Bevölkerung zu manipulieren. Es war einst ein gewisser SPÖ-Stadtrat namens Faymann, der den Boulevard mit Inseraten fütterte, um wohlwollende Berichterstattung zu kaufen. Das haben andere später perfektioniert, Stichwort "Beinschab-Tool". Soweit, so bekannt.
Wenn neu gelieferte Akten neue Missstände offenbaren, werden wir diese als Grüne immer benennen - unabhängig davon, welche Partei sie auch betreffen mögen. Denn: Unsere Liebe gilt der Aufklärung und die kennt keine Farben.
Interessant finde ich ja auch, dass die SPÖ mit der FPÖ kuschelt und sich obsessiven Geschäftsordnungs-Spielchen widmet, statt sich endlich - so wie wir Grüne - auf die Seite der Aufklärung zu stellen.
Sie leiten ja zum ersten Mal ein U-Ausschuss-Team der Grünen. Was - außer der Kooperation von SPÖ und FPÖ - hat Sie denn im Ausschusslokal überrascht?
Meine 3 minütige Fragezeit ist mir wie 3 Sekunden vorgekommen ...
Dass sich mit Goldgruber der ehemals höchste Beamte des Innenministeriums vor den U-Ausschuss setzt und sich allen Fragen entschlug, hatte ich nicht erwartet.
Das soll, hab ich mir sagen lassen, in dieser Form bislang nicht vorgekommen sein.
Das klingt alles eher frustrierend. Also wollen Sie Nina Tomaselli keine Konkurrenz auf den grünen Vorsitz in künftigen Ausschüssen machen?
Ich habe das große Glück, diesen U-Ausschuss mit einem super motivierten und kompetenten Team bestreiten zu dürfen, das macht großen Spaß!
Mich wundert's ehrlich gesagt, dass die anderen Fraktionen die U-Ausschüsse auf die leichte Schulter nehmen. Doppelt so viel Aufklärungsarbeit in nicht einmal der Hälfte der Zeit - da ist es doch völlig klar, dass wir uns breit aufstellen, weil wir die parlamentarische Kontrollarbeit ernst nehmen.
Dann eine letzte Frage abseits des U-Ausschusses: Sie waren Geschäftsführerin des Vereins Wirtschaft für Integration, jetzt sind sie grüne Vizeklubchefin. Wie oft haben Sie im den letzten fünf Jahren aus Koalitionsräson mit der ÖVP und gegen Ihre eigene Überzeugung gestimmt?
Ich darf jetzt seit Oktober 2019 Abgeordnete sein und kämpfe mit meinen Kolleg:innen und unserem Regierungsteam jeden Tag dafür, dass aus unseren Überzeugungen reale Politik wird. Politik, die das Leben der Menschen in Österreich verbessert. Da ist uns in den letzten Jahren vieles gelungen. Gerade auch in der Frauenpolitik, obwohl wir hier durchaus sehr unterschiedliche Zugänge haben.
Das war jetzt aber keine Antwort auf die Frage.
Ich habe nie gegen (!) meine Überzeugung gestimmt! Klar ist auch: Aus Koalitionsraison können Abgeordnete nicht immer für etwas stimmen, das sie politisch unterstützen. Das gilt übrigens immer auch für beide Koalitionspartner.
Frau Disoski, danke für den Chat!
Danke für die interessanten Fragen, Herr Miller!
Max Miller
ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.