Ballhausplatz 1

Nina Tomaselli im Chat: Das Pilnacek-Tonband und der U-Ausschuss

Die grüne Fraktionsführerin in den letzten U-Ausschüssen, Nina Tomaselli, chattet über die Causa Pilnacek.

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Gleich zu Beginn war Ballhausplatz war brandaktuell: Der neue profil-Newsletter startete mit einem Interview mit der grünen Fraktionschefin in den letzten U-Ausschüssen, Nina Tomaselli.

Sie bewertete die Causa Pilnacek und gab zu erkennen, dass die Grünen eine parlamentarische Aufarbeitung des Tonbandes unterstützen würden, aber lesen Sie selbst:

Wie so oft in Österreichs Politik überschlagen sich die Ereignisse: Eine Handy-Aufnahme eines Verstorbenen hält die Republik in Atem. Der im Oktober überraschend verstorbene frühere Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, hatte im Juli in kleiner Runde über hochrangige Vertreter der Volkspartei hergezogen.

In dem heimlich aufgenommenen Gespräch erklärt Pilnacek, ÖVP-Minister hätten von ihm die Einstellung von Ermittlungen und andere Eingriffe in die Justiz verlangt. Er sei dem aber nie nachgekommen und hätte stets gesagt: „Ich kann nichts tun. Ich mache auch nix. Das ist alles rechtswidrig.“

Unschuldsvermutung

Konkret soll die frühere Justizministerin Beatrix Karl im Auftrag der ÖVP vergeblich versucht haben, Pilnacek zu Interventionen in das Telekom-Verfahren zu bewegen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka soll Pilnacek später regelmäßig vorgeworfen haben, Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale nicht verhindert zu haben.

Ein Sprecher Sobotkas weist das zurück, der Nationalratspräsident habe „niemals mit Pilnacek über laufende Verfahren, Ermittlungen oder Sicherstellungsanordnungen gesprochen“. Karl will „illegal aufgenommene Aufnahmen eines Verstorbenen„ nicht kommentieren. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker betont: Im Ibiza-U-Ausschuss habe Pilnacek unter Wahrheitspflicht gesagt, dass es „sicher keine Interventionen oder verfahrensbezogene Gespräche“ gegeben habe. Justizministerin Alma Zadić setzt dennoch eine Untersuchungskommission ein.

Klar ist: Das Tape belastet die Volkspartei und die Regierung politisch schwer.

Die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli hat Pilnacek im U-Ausschuss jene Fragen gestellt, deren Antworten die ÖVP nun zur Entlastung heranzieht.

Sie glaubt nicht, dass Sobotka und Pilnacek in Telefonaten vor Hausdurchsuchungen „nur über's Wetter“ gesprochen haben und würde einen U-Ausschuss zur Aufklärung begrüßen, wie sie im Chat mit profil-Redakteur Max Miller erklärt:

Max Miller

Was war Ihr erster Gedanke als Sie vom Inhalt des Tapes gehört haben? Ist das ein kleines Ibiza?

Nina Tomaselli

Der Inhalt reiht sich nahtlos in jene Erkenntnisse ein, die wir aus den vergangenen zwei U-Ausschüssen gezogen haben: Es gab eine Reihe von Menschen im Dunstkreis der ÖVP, die die Geschicke der Republik zum Vorteil für sich und ihre Freunde leiten wollten. Und sie machten nicht Halt vor den tragenden Säulen der Republik, wie die unabhängige Justiz. Das verurteile ich scharf.

Max Miller

Laut dem Pilnacek-Tape soll auch Nationalratspräsident Sobotka zu diesen Personen gehören. Er sagt, er habe mit Pilnacek nie über laufende Ermittlungen gessprochen. Glauben Sie ihm das?

Nina Tomaselli

Wir wissen aus dem U-Ausschuss, dass es intensiven Kontakt zwischen Sobotka und Pilnacek gegeben hat. Sobotka meinte, die Gespräche seien privater Natur gewesen. Ich will dem nicht viel Glauben schenken.

Nina Tomaselli

Ich kann mir nicht vorstellen, dass in zig Telefonaten in zeitlichen Zusammenhang zu Hausdurchsuchungen im Finanzministerium nur über's Wetter gesprochen worden ist.

Max Miller

Muss Sobotka jetzt zurücktreten?

Nina Tomaselli

Sobotka bekleidet das zweithöchste Amt im Staat. Indem er im U-Ausschuss immer wieder versuchte, die Aufklärung zu verhindern und selbst immer wieder Teil der Untersuchung war, hat er das Ansehen dieses hohen Amtes beschädigt. Wir sagen daher seit Jahren, an seiner Stelle hätten wir die Konsequenzen gezogen und wären zurückgetreten.

Max Miller

Das scheint nicht zu reichen. Wie werden die Grünen Druck machen, um Sobotka zum Rücktritt zu bewegen?

Nina Tomaselli

Sobotka kann sich laut Gesetz nur selber aus dem Amt befördern. Unsere Haltung ist glasklar. Die ÖVP wäre jedenfalls gut beraten, intensiv darüber nachzudenken, wie lange sie ihm noch die Mauer machen möchte.

Max Miller

Die ÖVP sieht sich durch Pilnaceks Aussagen im U-Ausschuss entlastet. Sie haben ihm dort die Fragen gestellt. Hat Pilnacek die ÖVP damals unter Wahrheitspflicht "reingewaschen"?

Nina Tomaselli

Pilnacek hat in einem Mail geschrieben, er hätte nie politischen Druck weitergegeben. Ich habe ihn daher gefragt, woher und von wem er denn den politischen Druck bekommen habe. Trotz mehrmaliger Nachfrage habe ich keine Antwort bekommen.

Nina Tomaselli

Das Negieren des Inhalts der Aufnahmen bringt niemand was. Jetzt braucht es Klarheit und Sauberkeit. Dafür werden wir uns einsetzen. Die offenen Fragen müssen beantwortet werden.

Max Miller

Die Opposition könnte einen U-Ausschuss einsetzen, um diese offenen Fragen zu klären. Fänden Sie das gut?

Nina Tomaselli

Ja, wir würden eine intensive parlamentarische Aufarbeitung dazu begrüßen und in gewohnter Tradition aktiv mit sachlicher Aufarbeitungsarbeit mitarbeiten.

Max Miller

Danke für den Chat, Frau Tomaselli.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.