Sigrid Maurer im Chat: "Pendlerpauschale ist sozial ungerecht"
Von Elena Crisan
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Es ist fix: Klimaaktivistin Lena Schilling will als EU-Spitzenkandidatin für die Grünen kandidieren. Parteimitglied will die 23-Jährige, die zuletzt eine streitbare Kolumne für die „Kronen Zeitung“ schrieb, nicht werden.
Schillings neue Klubchefin Sigrid Maurer hat damit kein Problem – im Gegenteil: Im Chat mit profil-Redakteurin Elena Crisan verrät Maurer, warum sie selbst früher „mit Vehemenz“ ausgeschlossen hätte, zu den Grünen zu gehen und was sie eigentlich gegen Katzen hat.
„Die Grünen sind eine Altpartei. Sie sind mit großen Zielen innerhalb der herrschenden Strukturen gestartet und nicht weit gekommen.“ Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt?
Na wenn Sie mich das fragen, ist das wohl von mir 😄😄
Fast: Es stammt von Lena Schilling. Es ist nicht lange her, da war es für Schilling undenkbar, sich Ihrer Partei anzuschließen. Gestern gab sie ihre EU-Spitzenkandidatur bekannt. Sehen Sie das eigentlich ein, wenn Klimaaktivist:innen sich von den Grünen im Stich gelassen fühlen?
Ich komme selber aus einer Protestbewegung, und habe mit einer ähnlichen Vehemenz wie Lena ausgeschlossen zu den Grünen zu gehen. 😂 Und dann merkt man halt, uije, um wirklich etwas zu verändern muss man sich organisieren und versuchen, Gesetze zu verändern. Dass Klimaaktivist:innen hohe Ziele und Ambitionen haben, die jedenfalls nicht in dem von ihnen gewünschten Tempo erfüllbar sind, ist logisch, und dass junge Menschen angesichts der Ignoranz vieler gegenüber der Klimafrage manchmal auch ein bissl verzweifelt sind - das verstehe ich gut.
Mit Protesten kennt sich Ihre Partei seit ihren Anfängen aus. Auf welcher Demo waren Sie eigentlich zuletzt?
Öhm
Ich denke das wird eine der Israel-Demos gewesen sein
Am Ballhausplatz, jedenfalls
Also erst kürzlich. Könnte man Sie auch auf einer Palästina-Demo antreffen?
Nein, ganz sicher nicht. Die humanitäre Lage in Gaza ist schrecklich, und wir müssen alles tun um der Zivilbevölkerung dort zu helfen. Aber Proteste, die das Existenzrecht Israels leugnen und die sich dazu versteigen die Vergewaltigungen und Zerstückelungen von Frauen durch die Hamas unter dem Titel "freedom fighters" zu verharmlosen oder sogar zu verteidigen, das erhält meinen konsequenten Widerstand.
Kommen wir zurück zum Klimaschutz. Sie wollen klimaschädliche Subventionen reduzieren. Was soll beim Pendlerpauschale anders werden?
Das Pendlerpauschale ist sozial ungerecht, weil es einkommensabhängig ist: der Besserverdiener bekommt für die selbe Pendelstrecke mehr Geld als eine Geringverdienerin. Das ist absurd. Und natürlich geht es darum, auch das Pauschale so auszugestalten, dass umweltfreundliche Mobilität stärker unterstützt wird. Die vereinten Benzinbrüder von ÖVP und SPÖ beharren auf ihrem alten Weltbild und wollen hier nichts verändern. Dass Menschen, die pendeln, Unterstützung bekommen, steht aber nicht in Frage.
Was heißt das konkret: Um wie viel weniger sollen Pendler bekommen, die mit dem Verbrenner in die Arbeit fahren?
Pendler:innen bekommen alle unterschiedlich viel Geld, und es geht natürlich darum es so umzugestalten dass es gerechter ist - sozial, und für die Umwelt.
Ich formuliere anders: Wie viel mehr sollen jene bekommen, die öffentlich in die Arbeit fahren?
Das ist in einem Chatinterview nicht so zu beantworten, da wäre ich unseriös 😉
Warum denn?
Na weil das natürlich komplexe Rechenmodelle sind, das Pendlerpauschale für alle unterschiedlich hoch ist und eine Antwort á la 3 Euro 50 einfach falsch wäre.
Es geht auch darum, wie Sie schreiben, dass umweltfreundliche Mobilität stärker unterstützt wird. Das ist eine Forderung aus Ihren eigenen Reihen. Deshalb die Frage, was Pendler sich da zumindest ungefähr erwarten können.
Wir haben jedenfalls mit dem Klimaticket, mit dem Bahnausbau und auch Maßnahmen für beispielsweise Diensträder dafür gesorgt, dass klimafreundliche Mobilität und damit auch klimafreundliches Pendeln einfacher wird. Und mit dem Klimabonus sichergestellt, dass diejenigen, die keine Ubahn-Station vor dem Haus haben, nicht schlechter gestellt werden.
Ich hätte noch eine letzte Frage zu einem Thema, das wohl selbst fürs Internet zu kontrovers ist.
Ameisenbär. Ich sags gleich.
Ihr Lieblingstier bekanntlich. Aber es geht um ein anderes Video auf Ihrem Insta-Account, in dem Sie sagten, Sie würden Katzen hassen. Damit sorgten Sie selbst in Ihren eigenen Reihen für Wirbel. War so viel Transparenz eine gute Idee?
😂😂😂
Also, ich habe eigentlich nur eine sehr bestimmte Katze die ich wirklich gar nicht mag. Aber: die Gruppe der Menschen die Katzen nicht für Gottesgeschenke halten, ist viel größer als man glaubt, ich sprach damit vielen aus der Seele und habe auch vielen (heimlichen) Zuspruch erhalten!!
Habe ich mich damit bei manchen Leuten auch eher unbeliebt gemacht, nunja...
Aber im Ernst. Was finden Sie schlimmer: Katzen oder dass das Infofreiheitsgesetz in einer milderen Form als ursprünglich gefordert kommen soll?
Ich finde Katzen nicht schlimm, nur lästig. Und sie können ja auch nix dafür dass es sie gibt! Also muss man natürlich, wie zu allen Tieren, auch lieb mit ihnen sein.
Was die Infofreiheit betrifft: Ich habe sehr viele Wetten gewonnen - die meisten Vorkämpfer:innen haben nicht damit gerechnet, dass diese Gesetz jemals beschlossen wird. Die paar kleinen Abstriche die wir machen mussten um es durchzubringen - wohlgemerkt gegen so ziemlich die ganze Republik: Bürgermeister, Landeshauptleute, und nicht zuletzt gewichtige Stimmen aus ÖVP und SPÖ - die sind absolut verkraftbar. Wir haben hier einen fundamentalen Paradigmenwechsel, mit schnellen Einklagsmöglichkeiten und einen Meilenstein gegen Korruption. Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, dass uns das gelungen ist. 💪💪
Frau Maurer, danke für den Chat! Ich muss sagen: Niemand tippt so schnell wie Sie.
Sehr gerne!
Elena Crisan
war bis Oktober 2024 Journalistin im Online-Ressort.