Susanne Raab im Chat: „Sie sind aber hartnäckig🙃“
Von Elena Crisan
Vor genau drei Monaten haben wir (Max Miller und ich) diesen Newsletter gestartet.
Diese Woche war ÖVP-Ministerin für Frauen, Familien, Medien und Integration Susanne Raab zu Gast. Am heutigen Mittwoch präsentiert sie gemeinsam mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakholm (ebenfalls ÖVP, hat hier auch schon einmal gechattet) neue Maßnahmen zum Kinderschutz, nachdem zuletzt ein weiterer Missbrauchsfall bekannt wurde.
Um Kinderschutz ging es bei dem Chat mit profil weniger – dafür um Gewalt, besonders gegen Frauen. Raab wehrt sich vehement gegen die Bezeichnung als Feministin. Stattdessen verwendet sie lieber die Zuschreibung „Kämpferin für Frauen“. Nach der Frage, worin sich diese Begriffe unterscheiden, schienen alle Messaging-Dienste den Geist aufgegeben zu haben. Doch Hartnäckigkeit zahlt sich aus:
Hallo Frau Raab! Gender Pay Gap, Kinderbetreuung, Femizide: Chatte ich heute mit einer Feministin?
Hallo! Ich freue mich über das Gespräch! Jedenfalls mit einer Kämpferin für die Frauen in Österreich 😉💪
Warum sind das für Sie unterschiedliche Begriffe?
Sie sind aber hartnäckig🙃. Offensichtlich sind die Begriffsdebatten in der Politik noch immer wichtiger als die Debatten über notwendige Inhalte um den Frauen in Österreich zu echter Gleichberechtigung zu verhelfen.
Mit 4,5 Mrd für die Kinderbetreuung, der Einrichtung der Gewaltambulanzen, der Schaffung von Schutz- und Übergangswohnungen und der Verdreifachung des Frauenbudgets habe ich – glaube ich – die richtigen Schwerpunkte gesetzt.
Gut, dann reden wir über die Kämpfe. Im Jahr 2023 gab es mutmaßlich 26 Femizide. Was hätten Sie rückblickend beim Gewaltschutzpaket 2021 anders gemacht?
Das Gewaltschutzpaket 2021 war ein absoluter Meilenstein, aber bei weitem nicht der letzte Schritt, den wir seither gesetzt haben. Sie müssen wissen, der Gewaltschutz und die Frauenorganisationen in Österreich wurden über viele Jahre ausgehungert, diese Strukturen wieder aufzubauen hat nun Jahre mit viel harter Arbeit gebraucht.
Wo wir wieder bei der Bedeutung von Begrifflichkeiten wären: Braucht es eine klare Definition für Vergewaltigung – etwa nach dem Prinzip „nur ja heißt ja“ (sexuellen Handlungen müsste ausdrücklich zugestimmt werden)?
Ich nehme an, Sie sprechen die Debatte auf EU-Ebene an? Da begrüße ich, dass wir eine Einigung auf Mindeststandards im Gewaltschutz erreicht haben. Österreich war im Gewaltschutz immer Vorreiter und Kollegin Alma Zadić hat das stellvertretend für uns als Regierungsteam in der EU gut verhandelt.
Ja, die Frage bezieht sich auf das EU-Gewaltschutzpaket. Dass Vergewaltigung nicht klar definiert ist, bringt Frauen in die Schwierigkeit der Beweislast. Ich merke, eine konkrete Antwort fällt Ihnen hier schwer, deshalb gehen wir zu einem anderen Thema:
Sie haben einen dreijährigen Sohn. Wer kümmert sich bei Ihnen um die Kinderbetreuung?
Ja, der kleine Benedikt wird im Sommer 3 Jahre alt! Mein Mann und ich teilen es uns partnerschaftlich auf – so gut es geht. Ehrlicherweise mach derzeit mein Mann natürlich mehr.
Oma und Opa springen auch ein 🙏
Ihr Mann ist bekanntlich auch in Karenz gegangen. Muss in Österreich die Person, die weniger verdient, einstecken?
Er war ein Jahr in Karenz, bevor unser Sohn in Kinderbetreuung gegangen ist. Für uns war das das Richtige, jede Familie muss das selbst entscheiden können. Das geht aber nur, wenn es ausreichend Kinderbetreuung gibt. Das habe ich selbst erlebt. Daher braucht es unseren Ausbau der Plätze soooooo dringend.
Frau Raab, ich hätte Ihnen in der vergangenen Stunde gern ein paar Fragen mehr gestellt. Danke dass Sie sich – trotz der technischen Schwierigkeiten – heute Zeit genommen haben!
Danke für das Gespräch! Cooles Format, nächstes Mal trotzdem lieber face to face!
Es ist immer spannend, wenn „Politiker XY schreibt …“ auf dem Handybildschirm steht und sich auf das – im Vergleich zum harten Tages-Business eher lockere – Interview-Format einlässt. Locker soll jedoch nicht intransparent heißen. Ein paar Antworten auf häufig gestellte Fragen:
- Wie chatten wir? Meistens über WhatsApp und Signal.
- Woher wissen wir, dass die Politiker:innen wirklich mit uns schreiben? Wir versichern uns telefonisch, dass die Person bereit ist, und bitten um kurze Antworten.
- Erscheint der Chat in Original? Bis auf Tippfehler oder seltene Textkürzungen: Ja.
