Ballhausplatz 42

„Wandel“-Chef Mulla: „Werner Kogler ist in seiner Ehrlichkeit korrumpiert“

Die linke Partei „Wandel“ tritt bei der Nationalratswahl als „Keine“ an. Im Chat erklärt Spitzenkandidat Fayad Mulla, warum er andere Parteien für korrupt hält und wann er trotzdem mit ihnen zusammenarbeiten würde.

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Neun Listen stehen bei der Nationalratswahl am 29. September bundesweit am Stimmzettel. Wer keine davon wählen will, kann daheimbleiben oder in der Wahlkabine weiß wählen. Die Gruppe der Frustrierten wollen viele ansprechen, doch keine Partei probiert dies derart offensichtlich wie der Wandel. Die linke Partei steht als KEINE VON DENEN am Wahlzettel. 

Parteichef Fayad Mulla will darin seinen Protest gegen die Parlamentsparteien zum Ausdruck bringen: Diese seien allesamt „unehrlich, korrupt und unfähig“ und ihre Abgeordneten nur am großzügigen Gehalt interessiert, heißt es auf der Website von „KEINE“. In der aktuellen Ausgabe beleuchtet profil, was die 183 Nationalratsabgeordneten derzeit wirklich arbeiten. Im Chat erklärt Fayad Mulla, warum er mit ihnen so hart ins Gericht geht – und mit welchen Parteien er dennoch zusammenarbeiten würde.

Max Miller

Am Sonntag haben Sie bei Puls 24 mit den anderen Kleinparteien diskutiert. Wäre ein Parlament mit „Liste Petrovic“, „KPÖ“, „Bierpartei“ und „Wandel“ besser?

Fayad Mulla

Wandel ist auf jeden Fall eine dringend nötige Bereicherung fürs Parlament und wenn wir uns die geposteten Ergebnisse der Wahlkabine ansehen, sehen das weit mehr als 4 Prozent der Wählerinnen und Wähler auch so :)

Fayad Mulla

Die KPÖ im Parlament ist mir auf jeden Fall lieber als die meisten, die jetzt im Parlament sitzen. Frau Petrovic war schon 13 Jahre lang im Parlament. Das ist genug. Und die Bierpartei, die sich jetzt schon den Medien und damit der Demokratie verweigert, ist sicher kein Mehrwert.

Max Miller

Dass Ihnen die KPÖ noch am liebsten wäre, überrascht nicht: Sie haben in der Vergangenheit gemeinsam kandidiert. Nun sind Ihnen die Kommunist:innen zu sehr in die Mitte gerutscht. Wo ist der Wandel denn linker als die KPÖ?

Fayad Mulla

Eigentlich bei den meisten Themen. Aber wir treten als KEINE VON DENEN nicht gegen die KPÖ an. KEINE VON DENEN heißt, keine von den Parlamentsparteien, die die meisten Menschen nicht mehr wählen wollen. Wir genauso nicht.

Fayad Mulla

Wir haben keine Vertrauen mehr zu den Parlamentsparteien, sehen keine Lösungskompetenz bei ihnen und die Korruptheit und Unfähigkeit im im Parlament ist nicht mehr erträglich. Deswegen unser Angebot an die Unzufriedenen und auch die Kleinstes-Übel-Wähler: Wählt KEINE VON DENEN.

Max Miller

Haben Sie Sorge, dass Sie das Vertrauen in die repräsentative Demokratie untergraben, wenn Sie alle Parlamentsparteien unfähig, unehrlich und korrupt nennen?

Fayad Mulla

Nicht der, der es benennt, sondern die, die es tun, untergraben unsere Demokratie. Dreiviertel der Menschen sind nicht unzufrieden mit der Politik, weil ich von den Parlamentsparteien nichts halte, sondern weil sie das gleiche über die Abgeordneten denken.

Fayad Mulla

Die ÖVP regiert und korrumpiert mit unterschiedlichen Anhängseln unser Land seit 37 Jahren. Unser Gesundheitssystem kracht, die Preise werden ins Unendliche erhöht und auch bei Flucht, Migration und Integration bringen die genau gar nichts zusammen. Ich benenne nur das Offensichtliche.

Max Miller

Also sind Grünen-Chef Werner Kogler und NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger korrupt?

Fayad Mulla

Korrupt ist ein weiter Begriff. Da geht es nicht nur ums Geldeinstecken.

Fayad Mulla

Werner Kogler ist zum Beispiel in seiner Ehrlichkeit korrumpiert, weil er unbedingt regieren und Vizekanzler werden wollte. Dafür hat er sein Wahlversprechen, dass er und die Grünen nicht mit dem Rechtspopulisten Kurz koalieren, sofort nach der Wahl gebrochen. 

Fayad Mulla

Und die NEOS, als Partei der Reichen, die auch die Sponsoren der Partei waren und sind, sind daher auch immer in einem Abhängigkeitsverhältnis.

Max Miller

Auch Sie werden nach der Wahl mitbestimmen wollen, etwa beim Gesundheitsthema. Schließen Sie dabei die Zusammenarbeit mit irgendeiner Partei aus?

Fayad Mulla

Selbstverständlich arbeiten wir nicht mit Rechten und Faschisten zusammen.

Fayad Mulla

Aber mit demokratischen Parteien, die sich auch bedingungslos für ein öffentliches Ein-Klassen-Gesundheitssystem, mit hohen Löhnen, besseren Arbeitsbedingungen, ohne langen Wartezeiten und keinem Steuergeld mehr für Privatärzte und Privatkliniken einsetzen, mit denen arbeiten wir bei diesem Thema natürlich zusammen.

Max Miller

Die FPÖ fällt da als rechte Partei also weg. Schließen Sie aber auch eine Zusammenarbeit mit der ÖVP aus?

Fayad Mulla

Die ÖVP regiert in unserem Land seit 37 Jahren. An allem, was in Österreich nicht richtig läuft, komplett kracht, korrupt und visionslos ist, hat die ÖVP zumindest Mitschuld. Aus meiner Sicht ist sie hauptschuldig.

Fayad Mulla

Die ÖVP gehört endlich mal auf die Oppositionsbank. Sie ist keine Bereicherung, löst gar nichts und die arbeitenden Menschen sind ihr egal. Also bevor die ÖVP für ein funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem eintritt, erfinden wir noch die warmen Eislutscher :)

Max Miller

Also keine Zusammenarbeit mit der ÖVP?

Fayad Mulla

Die ÖVP kann gerne unseren Anträgen zustimmen. Da haben wir gar nichts dagegen. Aber es ist illusorisch, mit einer Partei an der Lösung der Probleme zu arbeiten, für die sie hauptverantwortlich ist. 

Fayad Mulla

Und solange die ÖVP ihre Korruptionsproblem nicht mal aufgearbeitet und beendet hat und die Schuldigen in den Häfn gehen, kann man mit denen eh nicht ernsthaft zusammenarbeiten.

Max Miller

Letzte Frage: Würden Sie umgekehrt eine Koalition mit den „Unehrlichen und Korrupten“ von SPÖ, Grünen oder NEOS eingehen? Oder wollen Sie mit keinen von denen regieren?

Fayad Mulla

Also bei SPÖ, Grünen und NEOS gibt es auch gute und ehrliche Leute, aber als Parteien müssten die sich schon sehr wandeln. Sonst kommt da keine Politik, wie wir sie wollen, wo Mensch, Tier und Planet über Profit stehen, heraus.

Fayad Mulla

In jedem Fall geht es jetzt bei unserem Wahlantritt nicht darum, in die nächste Regierung zu kommen, sondern den Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit zu bieten, ihren Protest und Wunsch nach Neuem kundzutun und ins Parlament zu bringen.

Max Miller

Herr Mulla, danke für den Chat!

Fayad Mulla

Sehr gerne. Danke für die Einladung.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.