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Zadić im Chat: „Ich glaube nicht, dass der FSB WhatsApp verwendet 😉“

Justizministerin Alma Zadić chattet über Spionage, Geheimdienstparagrafen und Social-Media-Cringe.

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Der Spionagefall Egisto Ott hält das Land in Atem: Der ehemalige Verfassungsschützer soll für Russland spioniert haben und wurde vergangene Woche festgenommen. Er bestreitet die Vorwürfe seit Jahren vehement. Beinahe täglich dringen nun neue Details ans Licht: Auch andere Verfassungsschützer sollen korrumpiert worden sein, zumindest ein Ex-Mitarbeiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz wurde daher suspendiert.

Der Skandal wirft zudem ein Schlaglicht auf den russischen Einfluss in Österreich - und zeigt die Schwächen der Spionage-Abwehr auf, auch auf Justizebene. So ist es in Österreich noch immer legal, andere Länder auszuspionieren. Nur, wer Österreich aushorcht, macht sich strafbar. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) will das nun ändern und den Spionageparagrafen entsprechend anpassen. Aber: Warum erst jetzt?

Max Miller

In den letzten Tagen erschüttert ein Spionagefall Österreich. Bereuen Sie, dass Sie nie in den Geheimdienstausschuss gegangen sind?

Alma Zadić

Als Abgeordnete war ich damals sehr wohl im Geheimdienstausschuss.

Max Miller

Aber als Ministerin haben Sie mehrfach Einladungen ausgeschlagen.

Alma Zadić

Der Geheimdienstausschuss ist ein Ausschuss des Innenministers. Als Justizministerin bin ich in anderen sicherheitspolitischen Gremien, wie dem Nationalen Sicherheitsrat oder dem Krisenkabinett.

Max Miller

Im Nationalen Sicherheitsrat ging es gestern wohl auch um den Spionageparagrafen. Sie wollen darin "Lücken" stopfen. Was soll sich konkret ändern?

Alma Zadić

Wir müssen hier nachschärfen, weil es Gesetzeslücken gibt. Bisher war es in Österreich möglich straffrei gegen internationale Organisationen und befreundete Staaten zu spionieren. Erst wenn sich Spionage gegen Österreich richtet, war es in der Regel strafbar. 

Das ist das falsche Signal, Spionage muss strafbar sein, egal gegen wen sie sich richtet.

Max Miller

Dass Spionage gegen andere Länder nicht strafbar ist, wird Ihnen doch nicht erst jetzt aufgefallen sein. Warum haben Sie nicht früher gehandelt?

Alma Zadić

Die aktuellen Nachrichten führen uns vor Augen, dass es notwendig ist, jetzt dringend zu handeln.

Max Miller

Unter anderem die FPÖ fordert auch eine Erhöhung des Strafmaßes. Aktuell drohen bis zu fünf Jahre Haft für Spionage. Reicht das?

Alma Zadić

Ich habe mit mehreren Expert:innen gesprochen, die uns leider berichten, dass nach der aktuellen Gesetzeslage kaum Verfahren geführt werden können, weil der Tatbestand zu eng gefasst ist. Daher müssen wir mal die Strafbarkeit ausweiten, damit der Paragraph besser greift.  Das ist jetzt der Fokus.

Max Miller

Also bleibt es erst einmal bei 5 Jahren Haft als Höchststrafe?

Alma Zadić

Wie gesagt - wir müssen schauen, dass Spionagefälle überhaupt beim Gericht landen. Ob die Strafen angepasst werden müssen, werden wir uns danach ansehen.

Max Miller

Bevor sie beim Gericht landen, müssen Spionagefälle ermittelt werden. Solche Verfahren sind natürlich besonders komplex und sensibel - und doch recht selten. Braucht es auch neue Strukturen in der Justiz? Zb eine "StA Spionage", die für derartige Fälle kernzuständig ist wie die WKStA für Korruption?

Alma Zadić

Faktisch konzentrieren sich solche Fälle bei der StA Wien. Dort gibt es eine spezialisierte Cybercrime Gruppe und erfahrene Staatsanwält:innen.

Max Miller

Letzte Frage zum Spionageparagraf: Die ÖVP wünscht sich ein „Gesamtpaket“ inklusive der Möglichkeit, Messenger-Dienste zu überwachen. Warum sträuben Sie sich dagegen?

Alma Zadić

Ich glaube nicht, dass der FSB WhatsApp verwendet 😉
Aber im Ernst - man kann und soll natürlich über alles nachdenken, aber unsere rote Linie ist jedenfalls der Bundestrojaner, dieser darf nicht dazu führen, dass Menschen massenhaft überwacht werden können.

Max Miller

Der russische Geheimdienst FSB setzt wohl eher auf Telegram.
Aber das heißt, für ein "normales" Abhören von Messenger-Diensten analog zB zur Telefonüberwachung sind Sie offen?

Alma Zadić

Ich kenne bis jetzt keinen Vorschlag der ohne Bundestrojaner auskommt.

Alma Zadić

Darüber hinaus wissen wir, dass die kriminellen Organisationen oftmals mit eigenen Systemen wie Kryptohandys arbeiten.

Max Miller

Eine letzte Frage zu einem Thema, das auch ohne Bundestrojaner öffentlich ist: Auf Social-Media zeigen Sie sich auch mit Weihnachtsmütze, machen ironische Videos über Ihre Herkunft oder „Outfitchecks“. Haben Sie keine Angst, dass User:innen die Justiz durch solche Auftritte cringe finden?

Alma Zadić

🤣 Man muss auch mal über sich selbst lachen können.

Max Miller

Frau Zadić, danke für den Chat.

Alma Zadić

Vielen Dank, schönen Tag noch 🕵️

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.