In der neuen Ausgabe des Wissenschaftstalks „Spontan gefragt“ diskutiert Moderator Markus Hengstschläger mit Marion Huber-Humer, Leiterin des Instituts für Abfall- und Kreislaufwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien, und Philipp Bodzenta, Direktor für Public Affairs bei Coca-Cola Österreich, über Abfallvermeidung, Mülltrennung und die Notwendigkeit eines anderen Lebensstils.
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In der neuen Ausgabe des Wissenschaftstalks „Spontan gefragt“ diskutiert Moderator Markus Hengstschläger mit Marion Huber-Humer und Philipp Bodzenta über Abfallvermeidung, Mülltrennung und die Notwendigkeit eines anderen Lebensstils.

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Plastikmüll, der im Meer schwimmt, Autobatterien, die nicht fachgerecht entsorgt wurden und ihre schädlichen Inhaltsstoffe an den Boden abgeben, Haushaltsgeräte, die nicht repariert werden, sondern auf den Deponien außerhalb Europas landen: Nicht biologisch abbaubare Abfälle und Schadstoffe können über Hunderte von Jahren in der Umwelt zurückbleiben. Umso wichtiger ist die sogenannte Kreislaufwirtschaft, die zum Ziel hat, eingesetzte Rohstoffe über den Lebenszyklus der Konsumgüter hinaus wieder möglichst vollständig in den Produktionsprozess zurückzubringen. Im Wissenschaftstalk „Spontan gefragt“, der in Kooperation vom KURIER Medienhaus und dem Wiener Wissenschafts-,Forschungs- und Technologiefonds produziert wird, nimmt sich Moderator Markus Hengstschläger dieses brennenden Themas an. Dazu hat er Marion Huber-Humer, Leiterin des Instituts für Abfall- und Kreislaufwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien, und Philipp Bodzenta, Direktor für Public Affairs bei Coca-Cola Österreich, als Studiogäste eingeladen. „Etwa 500Kilogramm Abfall produziert jede*r Österreicher*in im Jahr“, leitet Hengstschläger ein. „Gleichzeitig werden unsere Ressourcen immer knapper. Was kann jeder Einzelne, aber auch Industrie und Unternehmen tun, um zu einem besseren Müllmanagement zu kommen?“ Die Frage sei nicht leicht zu beantworten, da es sich um ein vielschichtiges Thema handle, gibt Marion Huber-Humer zu. „Es beginnt bei Kreislaufwirtschaft im Alltag – wir müssen wieder dorthin kommen, Dinge möglichst lange zu nutzen, ihren Wert zu sehen und entsprechend sorgsam mit ihnen umzugehen“, so die Forscherin. „Aber natürlich inkludiert das alle Ebenen der Wertschöpfungskette bis hin zur Produktion, wo in den vergangenen Jahrzehnten linear gewirtschaftet wurde und dementsprechend viele Ressourcen verbraucht wurden. Am Ende des Tages sehen wir nun, dass sich das nicht mehr ausgehen kann.“ Ein Ansatzpunkt der Kreislaufwirtschaft, so Huber-Humer weiter, sehe vor, Abfall zu recyceln, um wertvolle Sekundärrohstoffe zu gewinnen. „Der Anfang dieser Wertschöpfungskette ist die Frage, wie man etwa Verpackungen reduzieren kann, um weniger Müll zu produzieren“, hakt Philipp Bodzenta gleich ein. „Der zweite, ebenso wichtige Aspekt ist aber: Wenn wir als Unternehmen Verpackungsmaterialien in den Kreislauf setzen, dann möchten wir sie auch wieder zurückhaben. Denn wir sehen sie nicht als Abfallstoffe, sondern als Wertstoffe, die man wiederverwenden kann.“ Beim Thema Mülltrennung stoßt man allerdings an Grenzen. Gerade in Österreich ist die Bereitschaft dazu hoch, dennoch erreicht man etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung trotz Aufklärung und gut eingesetzter Kampagnen nicht. „Deshalb ist die Einführung des Pfandsystems ab 2025 ein Meilenstein in der Kreislaufwirtschaft“, so Philipp Bodzenta. „Wir sind gerade dabei mitzuhelfen, dass flächendeckende Pfandsysteme in ganz Europa entstehen. Ziel ist es aber für die ganze Welt.“

Viele kleine Schritte
Marion Huber-Humer hält fest, dass die Voraussetzungen für eine Kreislaufwirtschaft je nach Land unterschiedlich seien. „Wir befinden uns jetzt schon in der ressourcenorientierten Abfallbewirtschaftung, sanitäre Probleme haben wir in Europa großteils gelöst“, betont sie. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es Länder gibt, wo es nicht einmal eine geregelte Müllabfuhr gibt. Dort geht es einmal darum, Abfälle so zu bewirtschaften, dass sie für Mensch und Umwelt keine direkte Gefährdung darstellen. “Markus Hengstschläger will wissen, wie die Wissenschaft an das Thema heran geht. „So vielfältig wie die Kreislaufwirtschaft ist, ist auch der Forschungszugang“, so die Expertin. „Wir wollen das Gesamtsystem darstellen: Welche Ressourcen werden verbraucht, welche Abfälle entstehen, welche werden recycelt und welche müssen ausgeschleust werden und landen letztlich doch in einer Senke, weil sie nicht in den Kreislauf eingebracht werden können. Das Produktdesign spielt da eine große Rolle.“ Das ist auch Philipp Bodzenta klar, und er bringt ein Beispiel aus der Praxis: „Wir haben einen neuen Multipack herausgegeben, der ohne die übliche Shrinkfolie auskommt“, erzählt er. „Die Flaschen werden von einem Kartonstreifen mit Trageeinrichtung zusammengehalten. Da sparen wir enorm viel Plastik ein. Aber da sieht man auch, dass es bei allem ständiges Finetuning braucht.“ Gelebte Kreislaufwirtschaft, so Marion Huber-Humer, sei nur möglich, wenn alle an einem Strang ziehen. „Das beginnt bei den Konsument*innen, die ihren Lebensstil überdenken müssen, und reicht über die Industrie bis hin zur Politik“, fasst sie zusammen. „Kreislaufwirtschaft ist ein Instrument, um das Ziel zu erreichen, eine lebenswerte Welt für uns alle zu schaffen. Und dort wollen wir hin.“

Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger

Markus Hengstschläger studierte Genetik, forschte auch an der Yale University in den USA und ist heute Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien. Der vielfach ausgezeichnete Wissenschafter unterrichtet Studierende, betreibt genetische Diagnostik, ist Berater und Bestsellerautor. Er leitet den Thinktank Academia Superior, ist stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission, ist Kuratoriumsmitglied des Wiener Wissenschafts-, Forschungs-und Technologiefonds und war zehn Jahre lang Mitglied des Rats für Forschung und Technologieentwicklung und Universitätsrat der Linzer Johannes Kepler Universität. Hengstschläger ist außerdem Wissenschaftsmoderator auf ORF Radio Ö1 und Autor von vier Platz-1-Bestsellern.

Univ.-Prof. Dr. Marion Huber-Humer

Marion Huber-Humer studierte an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien Landschaftsökologie und Landschaftsplanung. Ihre Diplomarbeit schrieb sie bereits am Institut für Abfallwirtschaft. 2005 promovierte Huber-Humer im Fachbereich Kulturtechnik und Wasserwirtschaft mit einer Arbeit über die Möglichkeiten der Reduzierung von Methanemissionen auf Mülldeponien. Es folgten internationale Forschungs- und Lehraufträge, unter anderem an der Universität von Thessaloniki und Lima. Von 2007 bis 2011 war Huber-Humer als stellvertretende Leiterin des Instituts für Abfallwirtschaft an der BOKU tätig, mit ihrer Professur für Globale Abfallwirtschaft übernahm sie 2011 die Leitung des Instituts.

Mag. Philipp Bodzenta

Der Kommunikationsprofi war in Österreich und international tätig, bevor er 1997 bei Coca-Cola Österreich zu arbeiten begann. Seit 2021 verantwortet Bodzenta als Public Affairs Director die strategische Öffentlichkeitsarbeit, wobei Soziales, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft seine Schwerpunkte sind. Er setzt sich maßgeblich für die Einführung eines modernen Pfandsystems ein und engagiert sich daher auch als Vorstand im Trägerverein Einwegpfand. Da Coca-Cola auch Partner der Special Olympics ist, fungiert er zusätzlich als Vizepräsident von Special Olympic Österreich.

Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds

2001 wurde der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) als gemeinnützige Wiener Förderorganisation mit dem Ziel gegründet, die Exzellenz und auch die Relevanz der Forschung in Wien kontinuierlich zu steigern. Seine Hauptaufgabe ist es, herausragende Forschungsarbeiten über kompetitive Forschungsförderung zu unterstützen sowie junge Forschende an den Standort Wien zu binden. Wer unterstützt wird, unterliegt strengen Kriterien: Eine international besetzte Jury entscheidet in einem Auswahlverfahren, welche Projekte  substanzielle finanzielle Unterstützung durch den WWTF erfahren. Anträge werden nur nach Ausschreibungen, sogenannten Calls, entgegengenommen, wobei nur zehn Prozent der Projekte erfolgreich sind. Seit seinem Bestehen hat der WWTF mehr als 230 Millionen Euro an Forscher ausgeschüttet. Unterstützt werden Projekte aus dem Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie, Kognitionswissenschaften, Life Science sowie Umweltsystemforschung. Mit der Informationskampagne „Wien will’s wissen“, von der „Spontan gefragt“ einen Teil bildet, will der WWTF die Forschung vor den Vorhang holen: In KURIER TV, profil und KURIER werden wichtige wissenschaftliche Themen unserer Zeit verständlich erörtert und zugleich Forschung, die uns alle betrifft, vorgestellt.