„Es ist Ehrfurcht“
von Robert Prazak
Albin Hahn
Albin Hahn ist Vorstand Finanzen und Personal der Josef Manner & Comp. AG und Stiftungsvorstand der Privatstiftung Manner – diese hält knapp 49 Prozent der Aktien des Unternehmens, das auch an der Börse notiert.
profil Portfolio: Manner ist ein traditionsreiches Familienunternehmen. Von Wirtschaftskrisen sind Sie dennoch betroffen. Ist der Spagat zwischen Tradition und wirtschaftlicher Entwicklung schwierig?
Albin Hahn: Ich darf Carl Manner zitieren: Tradition heißt, sich seiner Wurzeln bewusst zu sein. Genau das trifft im Speziellen auch auf Krisenzeiten zu. Da wird man sich seiner Stärken erst so richtig bewusst und kann auf die verfestigte DNA des Unternehmens bauen.
Ist diese Tradition aber nicht eine Bürde?
Ich würde es nicht als Bürde bezeichnen, es ist eher Ehrfurcht. Wir sind kein Start-up, sondern ein 130 jähriger Familienbetrieb mit vielen kleinen Familienaktionären, von denen manche zwei oder drei Aktien halten. Wir müssen mit deren Kapital sorgfältig umgehen.
Wie stark engagieren sich die Eigentümerfamilien heute?
Es gibt die drei Eigentümerfamilien Manner, Riedl und Andres, wobei nur noch eine Person im Unternehmen tätig ist, nämlich Hans Peter Andres, der im Vorstand sitzt. Der Rest der Familie hat sich auf die Eigentümerrolle zurückgezogen. Das geschieht oft bei Familienunternehmen und macht es möglich, dass die Firma professionell geführt wird.
In Familien lassen sich Streitigkeit nicht vermeiden. Das wird bei Familienunternehmen nicht anders sein, oder?
Es gibt unterschiedliche Interessen und ein gewisses Konfliktpotenzial ist vorhanden. Das lässt sich aber leichter lösen, wenn die Familien ihre Meinungsverschiedenheiten nicht mit einer operativen Tätigkeit im Unternehmen verbinden. Man kann das dann im Familienkreis ausdiskutieren und mit einer Lösung an das operative Geschäft herantreten.
Das Konzept von Carl Manner hat sich bewährt.
Familienunternehmen sind meistens in der Hand von Privatstiftungen, das trifft auch auf Manner zu. Solche Stiftungen sind aber nicht unumstritten.
Stiftungen haben in Österreich leider keinen guten Ruf. Dabei hat sich das Konzept von Carl Manner bewährt: Er hatte keine Nachkommen und daher die Privatstiftung Manner gegründet, die keinen Begünstigten hat, sondern nur das Unternehmen ist begünstigt. Alles, was investiert wird, geht wieder ins Unternehmen. Die Stiftung hält 48,67 Prozent aller Aktien am Süßwarenunternehmen, das ist eine gute Konstruktion und sichert den Bestand des Unternehmens, weil Streitigkeiten vermieden werden.
In Österreich gibt es viele erfolgreiche Familienunternehmen. Weshalb?
Das liegt an der Mentalität der Gründer und der Kleinheit des Landes. Daher sind Familienunternehmen nicht Opfer von Übernahmen geworden.
Die Krise hat aber auch ein Traditionsbetrieb wie Manner im Vorjahr zu spüren bekommen?
2020 war auch für uns ein Pandemiejahr, vor allem der Herbst war sehr schwierig. Aber es hat sich wieder gezeigt, dass unser Unternehmen bestens funktioniert, wenn es hart auf hart geht. Wir konnten die Kosten reduzieren und dadurch ein halbwegs respektables Ergebnis erreichen.
Was erwarten Sie für heuer?
Wenn die Politiker sagen könnten, wann die Bevölkerung durchgeimpft sein wird, wäre es leichter. Unsere Manner-Shops sind sehr wichtig für uns, dort gehen uns die Touristen ab, am Stephansplatz und am Residenzplatz herrscht gähnende Leere. Das erste Halbjahr wird schwierig, aber wir hoffen, dass ab dem Sommer wieder etwas Normalität einkehrt und einige Touristen bei uns sein können.
Nicht nur die Touristen, auch Rohstoffpreise sind wichtig für Manner, etwa jene für Haselnüsse. Wie wirkt sich das aus?
Wir leben mit den Schwankungen der Preise. Für den Anbau von Haselnüssen haben wir 2018 eine Gesellschaft in Aserbeidschan gegründet, derzeit bauen wir die Bewässerungsanlagen, die ersten Pflanzen kommen in nächsten Monaten in die Erde. Das ist eine Möglichkeit, sich von Weltmarktpreisen abzukoppeln. Wichtig ist uns aber auch, den Ursprung der Haselnüsse zu kennen. Damit sind wir wieder beim Vorteil von Familienunternehmen: Es kommt nicht so sehr darauf an, dass sich so etwas sofort auswirkt. Ein Unternehmen, das auf Quartalsergebnisse ausgelegt ist, wird das eher nicht machen.
Apropos Produktion: Heuer sollen alle Schnitten und Waffel das Fairtrade-Siegel erhalten. Machen Sie das wegen der Außenwirkung oder von innen heraus?
Sowohl als auch. Für mich ist die Wirkung nach innen fast wichtiger, weil das die Werte widerspiegelt, für die wir stehen. Für Carl Manner war der faire Umgang mit Ressourcen und Mitarbeitern sehr wichtig. Mit Fairtrade führen wir sein Vermächtnis weiter. Aber natürlich kommt das Fairtrade-Siegel in der Öffentlichkeit sehr gut an.
Stichwort Nachhaltigkeit: Wie kann ein Produktionsbetrieb wie Manner auf Klimaschutz achten?
Nachhaltigkeit beschäftigt uns laufend, wir nutzen etwa in der Produktion die Abwärme und führen Energiesparmaßnahmen durch. Wir sammeln Abfallstoffe und bauen die Wiederverwertung aus. Um wieder mit Carl Manner zu sprechen: Man muss sich am Ende eines Arbeitstags in den Spiegel schauen können.
Wie stark ist der Einfluss des 2017 verstorbenen ehemaligen Firmenchefs noch zu spüren?
Für mich sehr stark, im Nebenzimmer hängt ein großes Portrait von ihm. Er hat immerhin mehr als 50 Jahre im Unternehmen gearbeitet, das Unternehmen stark geprägt und war bis knapp vor seinem Tod anwesend.
Die Digitalisierung betrifft alle Branchen und wird auch an Ihrem Unternehmen nicht vorübergehen. Was tun Sie in dieser Hinsicht?
Wir haben im Vorjahr einen Digitalisierungsausschuss gegründet, denn Digitalisierung bedeutet Organisationsveränderung und ist für uns extrem wichtig. Das betrifft nicht nur den Onlineshop, sondern auch die Produktion: Wie bekomme ich Daten vom Einkauf, wie läuft der Rechnungslauf, wie können Informationen für Mitarbeiter aufbereitet werden? Abläufe werden ganz neu gestaltet.
Das kostet aber Geld.
Ja, aber man kann es clever machen. Wir haben beispielsweise rasch auf Home Office umstellen können, weil sich die Mitarbeiter mit der Firma identifizieren und nicht lange herumfackeln. In multinationalen Konzernen ist das weniger reibungslos abgelaufen, wie ich höre.
MANNER
Die gleichnamigen Neapolitaner-Schnitten sind das bekannteste Produkt des Wiener Familienunternehmens Manner, das auf ein Geschäft am Stephansplatz zurückgeht: Dort verkaufte Firmengründer Josef Manner zunächst Schokolade und Kaffee, eher er in die Produktion einstieg. Sein Enkel Carl Manner baute das Unternehmen aus, er starb 2017 im Alter von 87 Jahren. Die heutige AG ist der größte österreichische Süßwarenhersteller und vereint bekannte Marken wie Ildefonso, Napoli, Casali (u.a. Rum-Kugeln) und Heller. 2019 erzielte die Josef Manner & Comp. AG einen Umsatz von 220,1 Millionen Euro, im ersten Halbjahr 2020 gab es wegen der Coronakrise einen Umsatzrückgang von einem Prozent.