Gunther Reimoser: „Die Krise muss genutzt werden“
Portfolio: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung bei den österreichischen Klein- und Mittelbetrieben?
Gunther Reimoser: Wir führen regelmäßig den Mittelstandsbarometer durch, für den rund 800 Unternehmen befragt werden, das sind vorwiegend klassische KMU. Daher wissen wir, dass diese Themen auch im KMU-Bereich längst angekommen sind. Zwei Drittel sagen, dass sie von Nachhaltigkeitsaktivitäten wirtschaftlich profitieren oder eher profitieren werden. Der Mittelstand setzt sich also damit auseinander, auch wenn es Unterschiede zwischen den Branchen gibt – für den Dienstleistungsbereich ist das weniger relevant als etwa bei der Energieversorgung.
Sind es eher Einzelmaßnahmen wie etwa im Fuhrpark oder stecken strategische Überlegungen dahinter?
Entscheidend ist, dass nun das Geschäftsmodell und Investitionsentscheidungen auf den Aspekt der Nachhaltigkeit untersucht werden. Es gibt also nicht nur punktuelle Maßnahmen, sondern die nachhaltige Reduktion des CO2-Footprints ist im Fokus. Viele KMU haben Nachhaltigkeit längst in ihre Unternehmensstrategie aufgenommen.
Die Digitalisierung ist ein weiteres zentrales Thema für KMU. Kann diese mit Nachhaltigkeit verbunden werden?
Ja, man kann das sehr gut kombinieren. Digitalisierung ist ja oft eine Lösung, die es ermöglicht, in der Herstellung oder im Absatzprozess eine höhere Nachhaltigkeit zu bewirken. Ich kann beispielsweise mit 3D-Druck komplexe Transportketten vermeiden, weil die Rohstoffe ja schon vor Ort sind. Die Digitalisierung macht es möglich, das Geschäftsmodell flexibler – auch im Sinne der Nachhaltigkeit – anzupassen.
Kann die Coronakrise als Chance genutzt werden?
Die Krise muss genutzt werden und wird es auch. Ich bin mir sicher, dass wir nicht auf den Stand vor Corona zurückfallen werden. Home-Office und digitale Absatzkanäle sind Beispiele, denn auch kleinere Unternehmen haben sich im Zuge von Corona gefragt, wie sie das umsetzen können.
Nachhaltigkeit wird oft von oben verordnet. Macht es nicht gerade bei KMU Sinn, die Verantwortung mehr auf die Verantwortung der Mitarbeiter zu setzen?
Bei diesen Themen können wir als Gesellschaft nur erfolgreich sein, wenn wir es gemeinsam schaffen. Es braucht ein Miteinander zwischen den Einzelnen, der Politik und den Unternehmen. Es besteht aber die Gefahr, dass zwischen Klimabewusstsein und dem konkreten klimabewussten Handeln eine Diskrepanz entsteht. Die Frage ist: Bin ich bereit, meine Gewohnheiten zu ändern? Und da ist es wichtig, im unternehmerischen Kontext durch Bewusstseinsbildung zu agieren.