„In das Gesamtbild Stadt einfügen." Sandra Bauernfeind, Immo-Expertin
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Gut verträglich

Neben ökologischen Kriterien spielt die soziale Nachhaltigkeit bei Immobilien noch eine untergeordnete Rolle – das wird sich ändern.

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von Robert Prazak

In luftiger Höhe drehen gut gelaunte Menschen ihre Runden im Wasser und blicken von oben auf schwitzende Pendler, die sich bei hochsommerlichen Temperaturen ihren Weg ins Büro bahnen. Der „Sky Pool“ in London sei ein Symbol dafür, was auf dem Londoner Immobilienmarkt schiefläuft, konstatiert die Financial Times, sonst nicht gerade für klassenkämpferische Kommentare bekannt. Wer in dem transparenten Pool, der zwischen zwei Luxuswohnblöcken der sogenannten Embassy Gardens gespannt ist, schwimmen möchte, darf keine Höhenangst haben – und muss eine der dortigen Wohnungen besitzen, die ab einer Million Pfund zu haben sind. Kurioserweise soll die gesamte Umgebung eine Mischung aus Natur und Stadt sein, wie es die Projektentwickler versprechen. Die Auswirkungen des Klimawandels werden die Sky-Pool-Nutzer jedenfalls nachhaltig weniger zu spüren bekommen als die meisten Londoner.

London mag ein extremes Beispiel für einen abgehobenen Immobilienmarkt sein, der sich um soziale Aspekte herzlich wenig kümmert – hier die luxuriösen (Zweit- und Dritt-)Wohnsitze der Betuchten, dort die nicht nur in puncto Brandschutz vernachlässigten Wohnblöcke der anderen Klassen. Aber auch in Österreich spielt die soziale Dimension der Nachhaltigkeit noch keine dominante Rolle. Wenn Wohnprojekte in die Höhe wachsen, geht es höchstens um Energieeffizienz, begrünte Fassaden oder Photovoltaik; um die Auswirkungen solcher Projekte auf die Umgebung und die Stadt insgesamt kümmert man sich noch vergleichsweise wenig. „Nachhaltigkeit sollte nicht nur die Ökologie umfassen, sondern auch die soziale Dimension“, meint Immobilienexpertin Sandra Bauernfeind, bisher bei EHL und ab Herbst in der Geschäftsführung des Bauträgers Heimat Österreich tätig. Dazu gehöre, dass das Objekt in die Umgebung passen sollte und Maßnahmen für die Nutzer sozial tragbar sind.

Um 12,3 Prozent sind die Preise für Wohnimmobilien in Österreich im ersten Quartal im Vergleich zu 2020 gestiegen, hat die Nationalbank berechnet.

Sollen Immobilien also auch noch soziale Aspekte berücksichtigen? Das wird in naher Zukunft wichtiger werden – für Käufer, Mieter und Investoren. Nikolaus Grablowitz von der Örag Immobilienvermittlung hat sich in seiner kürzlich fertiggestellten Masterarbeit an der TU Wien die soziale Dimension der Nachhaltigkeit bei Immobilien angesehen. Investoren und Bauträger werden mehr Bereitschaft zeigen, darauf zu achten, meint er – aber nicht, weil Bauträger plötzlich ein Gewissen entwickeln, sondern weil diese bei Banken bessere Konditionen erhalten, wenn das Haus nachhaltige Zertifizierungen aufweist. Verkaufschancen und Wert würden sich erhöhen, beispielsweise spezialisieren sich manche Fonds auf den Kauf von zertifizierten Häusern.

Aber was bedeutet überhaupt soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau? Es geht unter anderem um soziale Integration, bedarfsgerechten Wohnraum, passendes Wohnumfeld und auch gesundes Wohnen. Die Palette der Möglichkeiten reicht also von Zugängen für Menschen mit Behinderungen über gute Anpassung an das Umfeld bis zur Einrichtung von Gemeinschaftsräumen. „Projekte sollten sich in das Gesamtsystem Stadt und in die Nachbarschaft einfügen“, meint Sandra Bauernfeind. So kann man sich etwa für das Erdgeschoß sinnvolle Nutzungen überlegen. „Wir müssen auch wegkommen von der Bebauung von Baulücken, hin zu einer Strategie für das ganze Grätzel“, meint Bauernfeind. Typisch für die Nachhaltigkeit: Sie kann jeweils anders definiert werden. Grablowitz: „Greta Thunberg würde sicherlich die ökologische Dimension in den Vordergrund stellen, der Staat wird sich wahrscheinlich eher für die Sicherung von Arbeitsplätzen im Bau- und Wohnungsbereich interessieren und Eigentümer für die Minimierung der Lebenszykluskosten von deren Gebäuden.“

Wie sieht es mit leistbarem Wohnraum aus? „Leistbares Wohnen ist ein überaus wichtiges Kriterium für Mieter und dadurch auch für Bauträger respektive Eigentümer“, meint Grablowitz. „Österreich zeigt vor, dass wir beides brauchen – den geförderten und den frei finanzierten Wohnungsmarkt; das ist kein Gegeneinander, zumal es bei der Qualität keine großen Unterschiede gibt“, ergänzt Bauernfeind. Die Bedingungen auf dem Immobilienmarkt könnten das aber zunehmend schwieriger machen – Wien beispielsweise wird für internationale Investoren immer attraktiver, denn die Preise sind noch moderat und die Nachfrage steigt. Bauernfeind sieht darin aber keine große Gefahr; die Stadt habe ganz andere Voraussetzungen als etwa Berlin, wo der gesamte soziale Wohnbau verkauft wurde: „Österreich hat immer einen anderen Weg eingeschlagen.“

Es wird zweifellos aber zu Umstellungen am Markt kommen, wenn soziale Aspekte stärker als bisher berücksichtigt werden. Die soziale Dimension sei wichtig bei der Gesamtbetrachtung von Immobilien, meint Bauernfeind: „Das sind alles kommunizierende Gefäße: Du drehst an einem Schräubchen und zehn andere ändern sich.“

„Nachhaltig – aber wie?“

Mit dem eigenen Geld etwas bewirken – das wäre gut für das Gewissen. Doch angesichts des überbordenden Marketings bei grüner Geldanlage und nachhaltigen Finanzprodukten fällt es Privatanlegern nicht leicht, die richtige Auswahl zu treffen. Auf folgende Kriterien sollte man nach Ansicht von Experten achten:

  • Von Begriffen wie „nachhaltig“, „grün“ oder „ökologisch“ nicht blenden lassen: Es gibt keine Vorgaben, welche Finanzprodukte auf diese Weise bezeichnet werden dürfen. Beim Verkauf von Produkten würden die Farbe Grün oder Darstellungen unberührter Natur oft in irreführender Weise eingesetzt, warnt die FMA vor dem sogenannten Greenwashing.
  • Aufpassen heißt es vor allem bei angeblich grünen Anlageprodukten auf dem grauen – also unregulierten – Finanzmarkt. Investitionen in Windkraftanlagen oder Solarparks laufen oftmals als Nachrangdarlehen oder Schuldverschreibungen ab – abgesehen von der mangelnden Überprüfbarkeit der Klimaschutzkriterien besteht die Gefahr des Totalverlusts.
  • Gütesiegel wie Österreichisches Umweltzeichen, FNG (deutschsprachiger Raum) oder SRI (Frankreich) haben recht strenge Auflagen, sind allerdings schwer zu vergleichen.
  • Bei Fonds oder ETF (börsengehandelte Indexfonds) sollten Anleger darauf achten, in welche Werte tatsächlich investiert wird: So ist es etwa möglich, dass Atomkraft oder Erdölförderung im „nachhaltigen“ Portfolio enthalten sind.
  • Die Non-Profit-Organisation Ögut beurteilt nicht einzelne Finanzprodukte, sondern Unternehmen insgesamt, etwa Vorsorge- und Pensionskassen; konkret geht es vor allem um deren Portfolios und das Anlagekonzept dahinter.

Mythos: Rendite und Nachhaltigkeit vertragen sich nicht

Zwar gibt es noch keine strengen Regulatorien, welche Finanzprodukte als nachhaltig bezeichnet werden dürfen – der Begriff selbst ist ja schon schwammig, denn er bezeichnet neben ökologischen etwa auch sozialökonomische Kriterien. Indes schließen gute Rendite und Nachhaltigkeit einander nicht aus, im Gegenteil: Gerade vor dem Hintergrund des steigenden Bewusstseins für Klimaschutz und im Zuge strengerer Vorgaben seitens der Politik haben sogenannte ESG-Fonds in den vergangenen Jahren sogar besser abgeschnitten als herkömmliche Anlageprodukte. So zeigt eine Untersuchung von Morningstar, dass zwischen 2010 und 2019 mehr als die Hälfte der ESG-Fonds eine bessere Rendite erreicht haben als Fonds ohne solche Ausrichtung. Insofern vertragen sich Rendite und Nachhaltigkeit eben doch – mit dem Zusatz, dass nicht überall Nachhaltigkeit drin ist, wo der Begriff draufsteht.