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Jugendliche und Online-Zivilcourage

Ein Forschungsprojekt an der Universität Wien beschäftigt sich mit Hate Speech im Internet und will Wege aufzeigen, wie Jugendliche darauf reagieren können.

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Der nach unten zeigende Daumen ist wohl die harmloseste Form, sein Missfallen in sozialen Netzwerken auszudrücken. Heute sehen sich Jugendliche mit vielfältigen Formen von Übergriffen, wie zum Beispiel Beleidigungen, Herabwürdigungen, Bloßstellungen oder demütigenden Videos konfrontiert. „Hate Speech ist in den sozialen Netzwerken ein weit verbreitetes Phänomen“, sagt Mag. Dr. Christiane Atzmüller vom Institut für Soziologie an der Universität Wien. „Es wird aber oft aus Erwachsenensicht thematisiert – für die Jugendlichen ist Hate Speech etwas, womit man umgehen muss, wenn man sich in sozialen Medien bewegt.“ Dementsprechend gering schätzen sie die Wirkung ein, etwas gegen herabwürdigende Kommentare zu unternehmen. Hier setzt das Forschungsprojekt, das Christiane Atzmüller mit Univ.-Prof. Mag. Dr. Ulrike Zartler leitet, an. „Man sollte diese Normalität, die Jugendliche für sich auch aus einem Ohnmachtsgefühl definiert haben, nicht hinnehmen“, so die Soziologin. „Denn der digitale Raum ist Teil unserer Gesellschaft und für ihn gehören Werte ausgehandelt und gelebt.“

Sensibilisierung ist nötig

Das Forschungsprojekt „Young People Against Online Hate“, das vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds unterstützt wird, setzt auf den Aufbau von Online-Zivilcourage bei Jugendlichen. „Counter Speech, eine mutige Gegenrede, muss im virtuellen Raum denselben Platz finden, wie im realen Leben“, betont Christiane Atzmüller. Die Bereitschaft sei bei Jugendlichen grundsätzlich gegeben, allerdings wüssten diese oft nicht, wie sie vorgehen könnten oder ob ihr Einschreiten erfolgsversprechend sei.

Im Rahmen des Forschungsprojekts arbeitet ein Team aus Soziolog:innen und Informatiker:innen auch mit Jugendlichen zusammen. „Sie sind unsere Forschungspartner und wir lernen von ihnen, Hate Speech aus ihrer Perspektive wahrzunehmen“, sagt Christiane Atzmüller. Um Jugendliche beim Vorgehen gegen Hate Speech zu unterstützen, könnten diesen automatisch generierter Counter-Speech vorgeschlagen werden. „Vorstellbar wäre, dass ein Feld aufpoppt, in dem etwa steht: ,Willst du das wirklich so hinnehmen?‘ oder es bietet Möglichkeiten der Gegenrede an“, so die Soziologin. „Ein weiteres Ziel ist, Counter Speech durch eine Art Punktesystem oder Voting sichtbarer zu machen.“

Noch ein langer Weg

Noch stehen die Forscher:innen am Anfang. In einem ersten Schritt erheben sie, wie sich Hate Speech in den sozialen Medien für Jugendliche manifestiert. Das gestaltet sich nicht einfach. „Erstens haben sich die Filtersysteme der Plattformen verbessert, eine Suche nach Schimpfwörtern oder Beleidigungen führt also paradoxerweise oft ins Nichts“, erklärt Atzmüller. „Zweitens findet Hate Speech auf einer sehr subtilen Ebene statt.“ Gesucht wird momentan nach jugendtypischen, kontrovers diskutierten und emotional aufgeladenen Themen, wo auch Counter Speech nötig wäre. „Und dann geht es darum, Formen von Counter Speech zu entwickeln, die für Jugendliche als praktikabel und passend empfunden werden, damit sie zur digitalen Zivilcourage animiert werden.“ Wie auch immer die Tools aussehen, ohne eine Zusammenarbeit mit den Betreibern der Plattform ist es nicht möglich, diese zu implementieren. „Unser Ziel ist, Designempfehlungen zu Plattformen zu entwickeln, um Wege zu zeigen, wie Counter Speech gefördert werden kann“, fasst Christiane Atzmüller zusammen.