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„Technologie ist kein Schicksal“

Müssen wir moderne Technologien hinnehmen, wie sie sind? Nein, sagt der Digitale Humanismus. DDr. Erich Prem, Geschäftsführer der eutema GmbH, unterrichtet Datenethik an der Universität Wien sowie Digitalen Humanismus an der TU Wien, forscht über Ethik im Bereich digitaler Technologien und ist Mitbegründer des „Vereins zur Förderung des Digitalen Humanismus“.

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Wofür steht der Digitale Humanismus? 

DDr. Erich Prem: Die Bewegung wird stark von Techniker*innen getrieben. In Wien ist sie von einer Konferenz an der TU Wien ausgegangen, wo Informatiker*innen gesagt haben: „Es reicht, wir müssen etwas ändern.“ Wichtig ist, dass der Digitale Humanismus modernen Technologien nicht ablehnend gegenübersteht. Wir erkennen positive Entwicklungen an, die mit ihnen einhergehen. Aber es gibt auch negative Auswirkungen – etwa die Verletzung der Privatsphäre der Menschen, die Gefährdung der Redefreiheit in Onlinemedien oder höchst problematische Auswirkungen in den sozialen Netzwerken mit bekannten Phänomenen wie Fake News. Der Digitale Humanismus ist ein Aufruf, die neuen Technologien nicht hinzunehmen, sondern diese aktiv zu gestalten – und zwar nach den Prinzipien der Demokratie und gemäß den Werten der Aufklärung. 

Die neuen Technologien werden aber von Konzernen gemacht, die an solchen Werten kein Interesse haben … 

Schauen Sie sich die Entwicklung des Autos an. Anfangs gab es ein paar Leute, die damit herumfuhren, Regeln gab es keine. Nach den ersten Unfällen hat man begonnen, ein System von Gesetzen, technischen Vorschriften sowie Prüfungen aufzubauen, damit das Auto sozial verträglich ist. Das werden wir auch für Informationstechnologien benötigen. Die wichtige Message ist: Technologie ist kein Schicksal. Wir können und müssen uns dieser Technologie bemächtigen. Es ist allen bewusst, dass diese Unternehmen nur schwer zu regulieren sind. Sie haben Forschungsvolumen mittlerer Staaten und verfolgen eigene Agenden. Aber zu sagen, wir lassen alles mit uns machen und haben keine Vorstellungen darüber, wie wir digital leben wollen, darf daraus nicht folgen. Die Großen kann man nur als Großer regulieren. Daher sind globale Zusammenschlüsse und ein gemeinsames Nachdenken nötig. 

Wurde deswegen der Verein zur Förderung des Digitalen Humanismus gegründet? 

Der Verein will den Digitalen Humanismus auf institutionelle Beine stellen, zeigen, was sich in Wien tut, und international auftreten. Uns ist eine multidisziplinäre Vorgangsweise wichtig: Zwar hat die Informatik eine führende Rolle, aber es sind auch Philosoph*innen, Sozialwissenschafter*innen oder Jurist*innen dabei, denn es benötigt in allen Bereichen Innovationen. In diesem Punkt hat Wien eine führende Rolle inne, was in Europa auch wahrgenommen wird. 

DDr. Erich Prem,

Geschäftsführer der
eutema GmbH

Was bedeutet für Sie persönlich Digitaler Humanismus? 

Die Grundrechte der Aufklärung – Gleichheit, Freiheit, Brüder-/Schwesterlichkeit – dürfen nicht von einer neuen Technologie außer Kraft gesetzt werden. Es geht darum, wie wir als Gesellschaft digital zusammenleben wollen. Und da ist ein Portiönchen Freiheit gut, Gleichheit wichtig, aber Solidarität essenziell, weil wir nicht allein auf der Welt sind, sondern diese mit anderen Menschen teilen, und die digitalen Technologien sollen uns helfen, das vernünftig zu tun. digitalhumanism.at

INFO

Mehr zum Thema Wissenschaft und Forschung finden Sie in der Themensammlung „Wien will's wissen“.