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Wie sicher ist unser Grundwasser?

Sind in Österreich Änderungen der Grundwassermenge und -qualität zu befürchten?

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Der Limnologe Prof. Dr. Christian Griebler erforscht in seinem Projekt „Hitze unter der Stadt“, das vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds gefördert wird, wie sich Temperaturveränderungen auf das Wiener Grundwasser auswirken. 

Wie kann man sich Grundwasser vorstellen?
Am besten kann man es sich als unterirdische Seen vorstellen – als mit Schotter, Sand und Wasser gefüllte Badewannen.

Ist überall in Österreich gleich viel Grundwasser zu finden?
Im Westen Österreichs, im alpinen Raum, gibt es hohe Niederschlagsmengen, und 70 bis 80 % davon versickern im Festgestein. Es gibt also eine substanzielle Grundwasserneubildung. Die Gebirgsstöcke werden daher auch Wassertürme genannt. Im Osten sind die Niederschlagsmengen geringer, und nur 10 bis 30 % davon versickern. Dazu kommt ein wärmeres Klima, mehr Verdunstung – insgesamt also eine geringe Grundwasserneubildung – sowie die vermehrte Entnahme für die Bewässerung in der Landwirtschaft. Es gibt also im Westen Österreichs mehr Grundwasser als im Osten. Die Frage ist damit aber nicht final beantwortet, da es auch auf die regionalen Gegebenheiten ankommt, nämlich auf die vertikale Dimension der grundwasserführenden geologischen Schichten. Die oberflächennahen, grundwasserführenden Donauschotter in Wien haben nur eine geringe Mächtigkeit von 10 bis 15 Meter. In anderen Gebieten kann es mehrere Dutzende tiefe Grundwasserleiter oder verschiedene Grundwasserstockwerke geben, wodurch große Wassermengen im Untergrund gespeichert werden können.

Was sind die Ursachen für das Versiegen des Grundwassers?
Die Grundwasserspeicher werden kontinuierlich entleert. Als Folge sinken die Grundwasserspiegel dort, wo mehr Grundwasser entnommen wird, als sich natürlicherweise neu bildet.  Grundsätzlich gibt es überall in Österreich eine positive Grundwasserneubildung: Ein sinkender Grundwasserspiegel ist vor allem dadurch bedingt, dass Grundwasser übermäßig für verschiedene Zwecke – vor allem zur Bewässerung in der Landwirtschaft – entnommen wird. In diesem Jahr hat es im Frühjahr viel geregnet.

Hilft das bei der Problematik?
Ja, der Regen der letzten Wochen war ausgiebig und ist vor allem über einen längeren Zeitraum verteilt gefallen. Das sind gute Voraussetzungen für eine quantitative Grundwasserneubildung. Die Mengen werden dennoch bei Weitem nicht ausreichen, die Verluste der letzten Jahre auszugleichen. Es handelt sich vielmehr um eine kurzfristige Entspannung. Die langfristigen Klimafolgen sind dadurch nicht aufgehoben.

Was muss passieren, um die Grundwasserspeicher zu stabilisieren?
Im Moment gibt es nicht sehr viele Optionen, dem Ganzen gegenzusteuern. Die wenigen Möglichkeiten, die es gibt, wären technisch allerdings relativ einfach umzusetzen: 1. Weniger Grundwasser entnehmen. Das bedeutet aber auch, die Landwirtschaft umzustellen. 2. Das Wasser in der Landschaft halten. Drainagekanäle müssen geschlossen werden, damit das Wasser nach Niederschlägen nicht aus der Landschaft abgeleitet wird. Auch zusätzliche Überschwemmungsflächen wären gut, in denen das Wasser nach Hochwässern stehen und langsam  versickern kann.

Mehr zum Thema Grundwasser gibt es im Wissenschaftstalk „Spontan gefragt“ in der KURIER TV-Mediathek.

Christian Griebler

Der gebürtige Oberösterreicher studierte Biologie an der Universität in Wien und promovierte zum Thema „Mikrobiologie naturnaher und kontaminierter Grundgewässer“. Nach wissenschaftlichen Tätigkeiten am Zentrum für Geowissenschaften der Universität in Tübingen und am Helmholtz Zentrum in München sowie Forschungsaufenthalten in den USA und Frankreich, forscht Griebler seit 2019 wieder an der Universität Wien. Dort ist er ordentlicher Professor für Limnologie am Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie.