Entgeltliche Kooperation

Wider alle Skepsis

Der Wissenschaftsbarometer 2024 zeigt, dass 80 Prozent der Österreicher*innen der Meinung sind, dass Wissenschaft unser Leben verbessert. Im Umkehrschluss bedeutet es aber, dass ein Fünftel der Bevölkerung Forschung skeptisch gegenübersteht. Univ-Doz. Dr. Katharina Miko-Schefzig, Leiterin des Kompetenzzentrums für empirische Forschungsmethoden an der WU Wien, forscht an den Beweggründen.

Drucken

Schriftgröße

Woher rührt die Skepsis der Wissenschaft gegenüber?

Katharina Miko-Schefzig: Wir leben in einer hochkomplexen Gesellschaft, wo wir keine Entscheidungen treffen können, wenn wir nicht das Wissen darüber haben, was in dieser passiert.  Allerdings ist das Wissenschaftssystem oftmals von anderen Gesellschaftssystemen abgekoppelt. Forschende denken in Limitierungen. Im Klartext: Sie kennen die Lösung, aber auch unter welchen Bedingungen sie nur gelten kann.  Wissenschafter*innen sind immer auf der Suche nach eigenen Fehlern, und Forschende leben von institutionalisierten Zweifeln. Die Gesellschaft will aber Aussagen haben, die nicht gleich wieder eingeschränkt werden. In unseren Studien haben wir gesehen, dass die Forschung es bisher nicht geschafft hat, ihre Arbeitsweisen zu kommunizieren.  Daraus kann Wissenschaftsskepsis entstehen.

Wie kann man dagegen vorgehen?

In unserer Arbeitsgruppe haben wir eine Methode entwickelt, die sich vignettenbasierte Fokusgruppe nennt. Das sind kleine Gruppen von acht bis zehn Menschen – bei der Studie, wo es um die Impfung in der Pandemie ging, haben Impfskeptiker, impfaffine Personen, ein Politiker und Pandemiemathematiker über die Situation diskutiert. Durch die heterogene Zusammensetzung konnten wir Multiperspektivität herstellen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Menschen nicht nur Hochglanzinformationen haben wollen. Sie nehmen es positiv an, wenn man Limitationen mitkommuniziert, wenn man erklärt, woher diese herrühren und wie sie einzuschätzen sind. Das war für uns überraschend, weil davon ausgegangen wird, dass man mit einfachen Slogans und lösungsorientiert arbeiten soll. 

Die Menschen wollen auch Pros und Contras hören?

So ist es. Wird es unterlassen, entstehen kommunikative Lücken – und dann besteht die Gefahr, dass diese mit Geschichten gefüllt werden, die man gemeinhin als Fake News bezeichnet. Wissen ist eine wichtige Ware.

Warum muss gegen Wissenschaftsskepsis vorgegangen werden?

Da möchte ich vorausschicken, dass wir drei verschiedene Formen von Skepsis identifiziert haben: Wissenschaftsskepsis, Institutionenskepsis und Maßnahmenskepsis. In den seltensten Fällen beschränkt sich Misstrauen nur auf die Wissenschaft, sondern geht auch mit anderen Phänomenen einher. Man hat international zeigen können, dass die Institutionsskepsis mit der Neigung zu populistischen Parteien in Verbindung steht – sie ist also nie ohne eine Haltung zur Demokratie zu verstehen. Da kann man sich nicht einfach zurücklehnen und sagen, das sei egal. Um die ablehnende Haltung zu ändern, müssen wir auch die Ambiguität bei wissenschaftlichen Themen kommunizieren und uns von der Ansicht lösen, dass es einfache Botschaften braucht, um die Menschen nicht zu überfordern. Denn genau das kann nach hinten losgehen.

Univ-Doz. Dr. Katharina Miko-Schefzig, Leiterin des Kompetenzzentrums für empirische Forschungsmethoden der WU Wien