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Wurzelbehandlung

Bäume sind für Städte längst mehr als Dekoration. Ein Forschungsprojekt will dafür die nötige Grundlage schaffen.

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von Robert Prazak

In den Städten geht es heiß her: Durch den Klimawandel steigt die Hitzebelastung. Abhilfe sollen begrünte Fassaden, neue Parks, beschattete Plätze, Brunnen und Wasserspeier schaffen. Doch eine zentrale Rolle wird vor allem Bäumen zukommen: „Wir müssen in der Klimakrise der Stadt Kühlung verschaffen, aber Schirme beispielsweise haben keinen Kühleffekt, sondern geben nur Schatten“, sagt Stefan Schmidt von der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn. Den erhofften Kühleffekt würden nur Bäume mit ihrer Fähigkeit zur aktiven Verdunstung bewirken. Das liegt daran, dass die Oberfläche von Blättern nie heißer wird als die Umgebungstemperatur; zudem lassen Bäume über ihre Blätter eine große Menge Wasser verdunsten. 

Alleine in Wien werden jährlich mehr als 4500 Bäume gepflanzt. Das Problem dabei, das sich nicht nur in der Hauptstadt stellt: Bäume sterben in der Stadt oftmals bereits nach 20 Jahren, weil die Stadtböden unter den Fahrbahnen heute extrem verdichtet sind, sodass es praktisch keine Hohlräume im Untergrund gibt. Wasser und Luft können nicht gespeichert werden, doch genau das ist die Voraussetzung für das Überleben der Bäume – der Untergrund muss Poren für diese Stoffe aufweisen. Bäume brauchen als Wurzelraum ungefähr das Volumen ihrer Krone; fehlt der durchwurzelbare Raum, wachsen Wurzeln oft entlang von Leitungen, wo der Untergrund weniger verdichtet ist. Wenn dann eine dieser „Pipelines“ bei Grabungsarbeiten gekappt wird, stirbt der Baum.

Die Lösung kann das Schwammstadt-Prinzip sein: Dabei wird im Straßenunterbau die geeignete Struktur geschaffen, um Bäume wachsen und gedeihen zu lassen. Zugleich muss die nötige Stabilität für Straßen erhalten bleiben. Möglich wird das durch eine Schicht aus grobkörnigem Schotter und feinen Materialien, in denen das Wasser zwischengespeichert wird und damit den Wurzeln zur Verfügung steht. „Das Schwammstadtkonzept wäre ein Paradigmenwechsel im Straßenbau, der ja kein Wasser im Untergrund haben möchte. Wir brauchen aber Wasser für die Straßenbäume“, sagt Schmidt, der das Prinzip aus Skandinavien nach Österreich gebracht hat. „Ich bin wie ein Wanderprediger in Österreich unterwegs und erkläre Kommunen, wie es funktionieren könnte und welche lokalen Materialien für die Schwammstadt verwendet werden können.“ In Wien wäre das beispielsweise Schwemmmaterial aus der Donau. Es gebe allerdings noch einigen Forschungsbedarf, führt Schmidt aus: „Das wird in Lysimetern, also im Freilandlabor, aber auch bei konkreten Projekten untersucht.“ Eines davon ist der Praterstern im zweiten Wiener Bezirk, dort soll die Technik im großen Umfang eingesetzt werden. 

Zudem werden in Zukunft andere Baumarten benötigt: Von Kastanien und Linden werden wir uns verabschieden müssen – besser geeignet für die Auswirkungen des Klimawandels sind laut Schmidt Bäume, die Trocken- und Hitzeperioden gut überstehen, etwa die Silberlinde oder der Zürgelbaum. Auch politisch gibt es Vorbehalte: „Das Thema ist politisch schwierig, weil Politiker jetzt etwas tun müssen, dessen Effekt sich erst in 20 bis 30 Jahren so richtig einstellt“, bedauert Schmidt.