Nachruf auf Eva Streng, 1956–2024
Wir haben eine traurige Nachricht zu vermelden, die mit der Kernaufgabe dieses Magazins, der Vermittlung und Wertung von Nachrichten, einerseits viel, andererseits herzlich wenig zu tun hat. Mitten in die gestrige Montagssitzung hinein musste das versammelte profil-Team erfahren, dass die langjährige Mitarbeiterin Eva Streng 67-jährig nach langer schwerer Krankheit verstorben ist.
Eva war die Frau, auf die in ihren 20 Jahren bei profil alles zulief, und das ist noch eine kolossale Untertreibung. Eva trat 1998 als promovierte Kunsthistoriker in die Redaktion ein, wie man heute weiß, ein historisches Jahr für dieses Magazin. Damals hieß das noch „Sekretärin“, wobei Eva ihr Arbeitsfeld vom Start weg neu erfand, weitaus größere Radien zog. Das Zeichnen des sogenannten „Spiegels“, jener Vorlage, die einst wie heute festlegt, in welcher Reihenfolge und Seitenzahl die Artikel im Magazin erscheinen, war das eine. Das andere war, dass man getrost behaupten kann, dass ohne Eva das Zustandekommen und letztendliche Erscheinen zahlloser Ausgaben akut gefährdet gewesen wäre. Sie hatte oft als Einzige den Überblick, half mit Beistrichen und Rechtschreibung aus, mit tröstenden Worten und hilfsbereiten Ermunterungen. Sie federte für uns ebenso viele lässliche wie gravierende Probleme aufs Angenehmste ab. Im Dezember 2018 trat sie als „Redaktionsmanagerin“ in den Unruhestand. Italien und Frankreich waren da ihre Ziele, das Lesen und das Theater ihre Passion.
Man wird andere Menschen nie ganz kennen, manchmal ergeben aber viele Mosaikteile ein gutes Bild. Der obligate Kaffee; Evas Telefondurchwahl 3502; ihr geliebter Peugeot; die roten Marlboros, die Manner-Schnitten; die Anrufe bei den Redakteurinnen und Redakteuren im Auftrag wechselnder Chefredakteure, wobei Letztere irrigerweise tatsächlich davon ausgingen, Chefs zu sein, was selbstredend reines Wunschdenken war, weil Eva stets Hirn und Herz dieser Redaktion war. „Schdrrrrrreeeeeng“, klang es dann aus dem Telefonhörer, rauchige Stimme, freundliches dienstliches Begehr, am Ende des Telefonats immer die Möglichkeit, kurz ins Private abzubiegen. Es ist nach wie vor ein weit verbreiteter Irrtum, dass es ausschließlich die Macherinnen und Macher in den Büros der Chefetage sind, die über Wohl und Wehe des Arbeitsalltags bestimmen. Es sind Menschen wie Eva, die mit zugewandtem Blick gut zuhören konnte, die sich vielerlei Sorgen selbstlos annahm; die eine ganz eigene Balance zwischen Nähe und Distanz kultivierte; die das ganze Gedöns, das mit dem Zeitungsmachen zwangsläufig einhergeht, mit Liebenswürdigkeit und Gelassenheit auf erträgliches Maß souverän herunterkühlte. Sicher kein Zufall war es, dass man Eva zu jeder Tages- und Nachtzeit um eine Aspirin anbetteln konnte. Sie war die Frau für unsere kleineren und größeren Nöte und Notfälle.
„Was für eine Frau!“, brachte es einst der Zeichner Rudi Klein auf den Punkt, für den Eva neben der Abwicklung der wöchentlich abgelieferten Cartoons für die Leitartikel-Bebilderung stets ein offenes Ohr hatte: „Freundlich und manchmal nett – aber trotzdem ununterbrochen Streng.“ Am vergangenen Samstag ist Eva Streng in Wien gestorben.