Von Carbon Capture bis Quantencomputer
1 KI der nächsten Generation
Ein KI-Modell wie das von Meta, Google oder OpenAI – nur fortschrittlicher und leistungsstärker: Dieses nicht ganz bescheidene Ziel hat sich der Leiter des Institute for Machine Learning an der Johannes Kepler Universität Linz gesetzt. Zusammen mit dem Start-up NXAI und der Digitalisierungsagentur Netural will Josef Hochreiter den Grundstein zu einer neuen KI-Generation legen, die mit weniger Rechenleistung auskommt. Hochreiters Alternative baut zwar auf der von ihm selbst mitentwickelten LSTM (Long Short Term Memory) Technologie auf, die von vielen Sprachassistenten und Übersetzungstools genützt wird. Die neue Software-Architektur „xLSTM“ soll große Datenmengen aber noch schneller, effizienter und ressourcenschonender speichern und verarbeiten können.
arxiv.org
2 Autobahn als Kraftwerk
46 erneuerbare Energieanlagen auf Tunnelportalen, Dach- und Freiflächen – davon zwei Kleinwasserkraftwerke: Die ASFINAG will bis 2030 bilanziell energieautark werden und liegt dafür schon heute gut im Plan. „Wir setzen bei der Eigenerzeugung von grünem Strom vorrangig auf Photovoltaik. Dazu nutzen wir auch unsere Lärmschutzwände und können damit eine zusätzliche Flächenversiegelung vermeiden“, sagt Vorstand Hartwig Hufnagl. Mit dem Projekt Energieregion Ost gelingt der ASFINAG sogar eine internationale Premiere: Als erster Autobahnbetreiber weltweit baut sie ein privates Energietransportnetz mit Hochleistungsspeichern (Kapazität: 6,25 MWh) und erzeugt mit 17.000 Photovoltaik-Modulen pro Jahr sechs GWh. So wird ein fast 40 Kilometer langer Autobahnabschnitt mit Eigenstrom versorgt – nämlich die A4 vom Knoten Prater bis zum Knoten Schwechat, die S1 vom Knoten Schwechat bis zum Knoten Inzersdorf und die Wiener Südosttangente. „Wenn es um die Energiewende geht, gibt es bei uns aber keine Denkverbote“, sagt Hufnagl. „Wir haben zum Beispiel die Idee eines Mitarbeiters umgesetzt und testen gerade auf der Tiroler Europabrücke Mikrowindturbinen. Die ASFINAG hat 5.800 Brücken – das Potenzial zur Energiegewinnung wäre daher enorm.“
asfinag.at
3 Wirksame CO2-Bremse
Emissionen vermeiden ist gut. Aber was tun, wenn Emissionen unvermeidlich sind? Der Grazer Maschinen- und Anlagenkonzern Andritz spaltet CO2 aus den Abgasen von Industrieanlagen, Kraftwerken und Hochseeschiffen ab und vermeidet so, dass es in die Luft gelangt. „Das gewonnene CO2 wird dann entweder dauerhaft in sicheren unterirdischen Lagerstätten gespeichert oder weiterverarbeitet – etwa zu synthetischen Kraftstoffen für Flugverkehr und Schifffahrt“, erklärt Andritz-Sprecher Niklas Jelinek. Letzteres allerdings nur, wenn das CO2 biogenen Ursprungs ist und die daraus entstehenden Kraftstoffe somit auch als CO2-neutral gelten. Wie aber funktioniert der Prozess? „Wir bieten unterschiedliche Methoden an und empfehlen je nach Anwendungsbereich die energetisch effizienteste“, so Jelinek. Am häufigsten wird die chemische Absorption angewendet: Ein flüssiges Lösungsmittel absorbiert das CO2 und gibt es bei höherer Temperatur oder niedrigem Druck wieder ab, danach wird es für Transport und Weiterverarbeitung komprimiert oder verflüssigt.
andritz.com
Saubermacher
In einer Carbon-Capture-Anlage wie dieser wird CO2 aus den Emissionen absorbiert und anschließend weiterverarbeitet.
4 TÜV für die KI
Vertrauen ist gut, unabhängige Prüfung ist besser. Was wir für Autos, Elektrogeräte oder Bio-Obst unerlässlich finden, gibt es jetzt endlich auch für Künstliche Intelligenz: Der TÜV Austria hat das weltweit erste Machine Learning Zertifizierungsschema entwickelt. Für die Sicherheit in der Software-Entwicklung (z. B. technische Stabilität), für die funktionalen Anforderungen (z. B. Datenerfassung) sowie für Ethikfragen und Datenschutz müssen insgesamt 46 Prüfkategorien durchlaufen werden. Nutzer:innen, Betreiber:innen und Investor:innen sollen durch das „Trusted AI by TÜV Austria“-Siegel „Orientierung und Gewissheit über die Güte, Sicherheit und Eignung ihrer genutzten Anwendung“ erlangen.
tuv.at
5 Europas größte Wärmepumpe
Die größte, leistungsstärkste und umweltfreundlichste Wärmepumpen-Anlage Europas soll ab 2027 112.000 Wiener:innen mit klimaneutraler Fernwärme versorgen – und damit 300.000 Tonnen CO2 einsparen. Das 70-Millionen-Euro-Investment der Wien Energie verwendet dafür das gereinigte Abwasser der Kläranlage Wien-Simmering, das bisher ungenutzt in den Donaukanal geflossen ist. Diesem werden mit Wärmetauschern sechs Grad Celsius entzogen. Das reicht, um mit Hilfe einer vom nahegelegenen Donaukraftwerk Freudenau gespeisten Anlage Wärme von bis zu 90 Grad zu erzeugen und als Fernwärme in die Haushalte zu leiten. „Ein Meilenstein auf dem Weg zur Wiener Klimaneutralität“ nennt das Bürgermeister Ludwig. Auch in der Spittelau soll 2025 eine neue Großwärmepumpe in Betrieb gehen, sagt Wien-Energie-Geschäftsführer Karl Gruber: „Damit versorgen wir nicht nur zusätzlich 16.000 Haushalte mit Fernwärme, sondern machen aus der Spittelau auch die effizienteste Müllverbrennungsanlage Mitteleuropas.“
wienenergie.at
Mit wärmsten Grüßen: In der Müllverbrennungsanlage Spittelau verwandeln Wärmepumpen die Abfälle der Wiener:innen in umweltfreundliche Fernwärme.
6 Computer hoch zwei
Halbzeit für ein ambitioniertes Projekt: Bis 2025 will ein interdisziplinäres Team an der Universität Innsbruck einen neuen Hybrid-Supercomputer entwickeln, der die Leistungsfähigkeit eines Quantencomputers mit den Stärken eines High-Performance-Computers vereint. Der neue Supercomputer soll Rechenaufgaben lösen können, die die Kapazität herkömmlicher Computer sprengen. „Es geht darum, die Quantenforschung mit der Informatikforschung zu verbinden“, sagt Nicolai Friis vom Atominstitut der TU Wien. „In beiden Forschungsfeldern gibt es in Österreich weltweit führende Forschungsgruppen. Das ist ein entscheidender Vorteil, der uns die Möglichkeit gibt, weltweit beachtete Maßstäbe zu setzen.“ Denn beide Konzepte haben trotz aller Verdienste auch Schwächen: „Realistischerweise kann man immer nur einen Teil eines Programms sinnvollerweise auf Quantencomputern laufen lassen, manche Rechnungen lassen sich auf einem klassischen Computer besser lösen“, sagt Professor Ivona Brandic vom am Projekt beteiligten Institut für Information Systems Engineering der TU Wien. „Daher wird man in der Praxis beide Welten miteinander vereinen müssen.“ Der Culture-Clash von Physiker:innen und Informatiker:innen ist auch ein soziales Experiment, sagt ihr Institutskollege Vincenzo De Maio: „Ganz unterschiedliche Teams aus zwei verschiedenen Welten – aus Physik und Computerwissenschaft – müssen eine gemeinsame Sprache finden, müssen gemeinsam Probleme lösen. Dabei können wir eine Menge lernen.“
uibk.ac.at
7 Augmented Reality für die Polizei
Als der Polizeischüler die Wohnung betritt, steht ihm der Gewalttäter mit gezücktem Messer gegenüber. Im Hintergrund kauern eine verletzte Frau und ein verängstigtes Kind. Jetzt muss er schnell die richtige Entscheidung treffen. Oder aus der falschen lernen, denn in diesem Szenario haben Fehler (noch) keine fatalen Konsequenzen. Täter und Opfer sind nämlich nur Avatare in seiner Augmented-Reality-Brille. „Die Kombination aus realer Umgebung und virtuellen Szenarien macht unser Taktik-Training besonders praxisnahe und spart gleichzeitig Kosten“, sagt Alexander Steiner von MXR Tactics. Die Kufsteiner trainieren internationale Polizei- und Militäreinheiten mit Hilfe selbst entwickelter Augmented Reality. Dafür scannen sie zuerst den realen Übungsraum – z. B. ein Industriegelände, die örtliche Bankfiliale oder ein Flughafen-Gate. Dann werden die benötigten Avatare im Raum positioniert und deren Verhalten programmiert. Die Auszubildenden bewegen sich mit Hololens-2-Brillen im maßgeschneiderten Szenario und können jede Übungssituation beliebig oft wiederholen. „Im Vergleich zum herkömmlichen Training reduzieren wir Aufwand und Verletzungsrisiko, im Vergleich zum VR-Training fällt der Gaming-Faktor weg“, so Steiner. Das Konzept überzeugt Spezialeinheiten von Belgien bis Dubai, auch die österreichische Justiz bildet damit aus.
mxr-tactics.com
Virtuelle Kriminelle:
Augmented Reality hilft beim Polizei-Training, unterschiedliche
Bedrohungsszenarien durchzuspielen. Die Bösewichte existieren nur in der Hololens-Brille.
8 Glasfaser-Boom
Bis 2025 soll in Österreich 5G, bis 2030 das Gigabit-Internet flächendeckend verfügbar sein, also ein Internetanschluss mit einer Verbindungsgeschwindigkeit von einem Gigabit pro Sekunde. Das größte Glasfasernetz hat derzeit A1 mit über 73.000 Kilometern und mehr als 700.000 Anschlüssen. Um pro Jahr weitere 200.000 neue Haushalte ans Glasfaser-Internet anzuschließen, investiert A1 nun jährlich 600 Millionen Euro. „Allein 40 Millionen davon gehen in die Cyber-Security“, sagt A1-CEO Marcus Grausam. 260 Millionen Euro will in diesem Jahr auch die Österreichische Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft (öGIG) in den Glasfaser-Ausbau stecken und bis 2030 eine Million Haushalte an die Eigenmarke öFIBER anschließen. Der Ausbau ist überfällig: erstens, weil der Datenverkehr vor allem aufgrund verstärkter Video-Nutzung rasant zunimmt (im A1-Netz allein im letzten Jahr um rund ein Drittel). Zweitens, weil das rot-weiß-rote Internet im internationalen Vergleich nur gemütlich unterwegs ist. In einer Untersuchung des Internetkonzerns Ookla belegte Österreich bei der Geschwindigkeit stationärer Internetanschlüsse weltweit nur den 56. Rang (Sieger: Singapur), beim mobilen Internet immerhin Platz 21 (Sieger: Vereinigte Arabische Emirate).
oegig.at
9 Internet der Dinge
Das per Smartphone aktivierte Thermostat, das vernetzte Blutdruckmessgerät, der Kühlschrank, der seinen Inhalt im Blick hat und bei Bedarf automatisch Butter und Orangensaft nachbestellt: All das zählt zum Internet der Dinge (IoT). Von den smarten Geräten, die automatisch miteinander kommunizieren, soll es laut Statista weltweit schon 17 Milliarden geben, bis 2030 dürfte ihre Zahl auf
29 Milliarden steigen. Mobilfunkanbieter Drei reagiert darauf mit dem ersten österreichweiten LoRaWAN-Netz – einer Funktechnologie mit minimalem Energieverbrauch bei extrem hoher Reichweite. Indem es Produktionsstandorte und Infrastruktur näher zusammenbringt, hilft das „Long Rage Wide Area Network“ auch, Prozessabläufe zu optimieren.
drei.at
10 Grüner Stahl
Für ihr Konzept der Erzverarbeitung auf Wasserstoffbasis erhielt das Linzer Unternehmen Primetals Technologies Austria 2023 den Staatspreis für Innovation. Ihr patentiertes HYFOR-Verfahren wird seit 2016 erprobt und ermöglicht die CO2-freie Erzeugung von Stahl. Denn statt Koks aus dem Hochofen metallisieren Wasserstoff und elektrischer Strom das feinkörnige Erz zu Eisenschwamm. „Mit greentec steel starten wir die nächste Generation der Stahlerzeugung“, sagt voestalpine-CEO Herbert Eibensteiner. Durch zwei Elektrolichtbogenöfen will der Stahlkonzern seine Emissionen ab 2027 um 30 Prozent reduzieren – und würde damit auch die gesamtösterreichischen Emissionen um fünf Prozent senken. Das Projekt gilt daher auch als „größtes Klimaschutzprogramm in Österreich“.
voestalpine.com
11 3D-Ultraschall
Ultraschall ist eines unserer wichtigsten Diagnoseverfahren, bislang aber leider nur zweidimensional verfügbar. Will z. B. der Arzt oder die Ärztin nicht nur die Ausdehnung der Schilddrüse ermitteln, sondern auch ihr Volumen, ist er auf Schätzungen angewiesen – mit potenziellen Abweichungen von 50 Prozent. Die Alternative des Wiener Medizintechnikherstellers piur imaging trennt hingegen Aufnahme und Auswertung und nützt KI-Algorithmen für den Bildanalyseprozess, um bekannte Krankheitsbilder schneller und effizienter zuordnen zu können. Für den neuen Zugang gab’s 2023 den Innovationspreis Mercur in der Kategorie Gesundheit.
piurimaging.com