Michael Braungart: „Weniger schlecht ist noch lange nicht gut“
profil Extra: Herr Braungart, jetzt haben wir ein ganzes profil Extra zum Thema Nachhaltigkeit gemacht. Doch Sie als Umweltschutz-Pionier sind kein Fan dieses Öko-Buzzwords …
Michael Braungart: Nachhaltigkeit ist gut, um innezuhalten und sich der Probleme bewusst zu werden. Eine Zukunftsstrategie ist das aber nicht, sondern Stagnation. Echte Innovation kann nicht nachhaltig sein, sonst wäre sie ja keine Innovation. Nachhaltigkeit ist was für die Biosphäre, da möchte ich, dass es auch in 1.000 Jahren noch Schildkröten oder Tiger gibt. Ich möchte aber nicht in 1.000 Jahren noch den gleichen Stuhl oder Computer haben.
Es fängt aber ja schon damit an, wie die Brundtland-Kommission Nachhaltigkeit in den 1980ern definiert hat: als Versuch, die Bedürfnisse der derzeitigen Generation zu erfüllen, ohne der zukünftigen zu schaden. Der Weg dorthin führt über Verzichten, Vermeiden, Sparen. Das kann als Haltung global aber nicht funktionieren. Denn Moral versagt als gesellschaftliches Modell immer dann, wenn wir sie gerade dringend brauchen. Sieht man in jedem Stau. Deshalb kann Umweltschutz keine Moralfrage sein. Umweltschutz muss Innovationsthema sein.
Kann die Kreislaufwirtschaft diesen Paradigmenwechsel einläuten?
Die heutige Kreislaufwirtschaft ist leider eine völlige Engführung, weil sie sich in weiten Teilen nur darum dreht, Bestehendes zu optimieren. Wenn’s gut geht, haben wir dann halt weniger Energie und Ressourcen verbraucht, weniger Abfall und CO₂ erzeugt. Doch weniger schlecht ist ja noch lange nicht gut. Am Ende bleibt die Erde eine Müllkippe – mit der Kreislaufwirtschaft füllt sich die globale Deponie nur langsamer.
So können wir uns aber kein Wachstum erlauben, dafür sind wir zu viele Menschen auf diesem Planeten. Nur weniger schädlich für die Umwelt zu sein, reicht einfach nicht. Man schützt ja zum Beispiel sein Kind auch nicht, wenn man es nur zwei- statt zehnmal schlägt. Wir müssen radikal neu denken. In echten Kreisläufen. Was wir derzeit machen, ist nichts anderes als lineares Denken im Kreis. Das Ergebnis: Die falschen Dinge und Systeme werden optimiert und damit besonders gründlich falsch gemacht.
Was läuft denn derzeit besonders gründlich falsch?
Recycling zum Beispiel. Was wir aktuell machen, ist in der Regel Downcycling. Recycling findet in Wahrheit nicht statt. Es ist zum Beispiel noch nie eine Fensterscheibe zu einer Fensterscheibe recycelt worden. Oder aber ein Auto zu einem Auto. Vielmehr werden Schrottkarossen zu minderwertigem Baustahl umgeschmolzen. Damit sind nicht nur alle Grundmetalle weg. Das kostet auch Menschenleben – wie bei den Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Die Häuser dort sind nicht eingestürzt, weil man im Süden nicht richtig baut, sondern weil Buntmetalle aus dem Schrott den Baustahl spröde machten.
In Österreich kommen aktuell lediglich 9,5 Prozent des gesamten verarbeiteten Materials aus Recycling ...
... weil eben die allermeisten Dinge gar nicht für echte Kreisläufe entwickelt wurden. Ihre dauerhafte Wiederverwertbarkeit wurde einfach nicht von Anfang an mitgedacht. Dies betrifft auch und vor allem Produkte aus Kunststoff. PET kann ich maximal achtmal verwenden. Und dann? Es bleibt am Ende Müll. Warum sollte ich das noch perfektionieren? Es hilft auch nichts, aus Verpackungen Parkbänke zu machen. Damit verlagere ich die Deponie doch nur – in die Grünflächen. Und wenn man aus PET-Flaschen Textilien herstellt, hat man das Problem auch nicht gelöst. Im Gegenteil: In den Waschmaschinen entstehen Unmengen Mikroplastik-Abrieb, der sich nicht abbaut. Ein Drittel des Mikroplastiks in der Donau stammt heute bereits von Textilien.
Im Plastik stecken noch immer zu viele Additive, die ihm alle möglichen Eigenschaften geben, Recycling aber erschweren oder sogar unmöglich machen. Ich war unlängst in Ägypten, da liegt meterhoch Plastik herum. Das liegt an diesen Kreislaufwirtschaftsleuten. Die machen die Verpackung noch ein bisschen leichter, erhöhen den Recyclinganteil. Dadurch kostet aber das Waschen der Verpackungen dreimal mehr als das Plastik wert ist. Außerdem ist immer noch PVC dabei, dadurch kann ich das Zeug noch nicht einmal verbrennen, weil es giftig ist. Darum bleibt es liegen.
Mit dem Begriff „Klimaneutralität“ stehen Sie ja auch auf dem Kriegsfuß …
… weil er diesen Planeten nicht retten wird. Das 1,5-Grad-Ziel verschiebt den Kollaps nur um zwei Generationen. Wir brauchen öko-effektive Ziele, wie etwa, kein PVC mehr zu benutzen und 2030 nur noch Plastik zu haben, das aus dem CO₂ aus der Atmosphäre gewonnen wird und biologisch abbaubar ist. Und für Produkte, die – wie Autos oder Waschmaschinen – nur genutzt werden, gibt es Plastiksorten, die sich wie Metalle verhalten. Die können 500-mal eingeschmolzen und dann weiterverwendet werden. Heute in der Waschmaschine, morgen als Autoteil, übermorgen als Möbelstück.
Doch stattdessen wollen wir klimaneutral werden. Was für ein Blödsinn! Kein Baum ist klimaneutral. Er ist positiv fürs Klima. Weshalb wollen wir dümmer sein als ein Baum? Warum können wir nicht auch gut für die Umwelt sein?
Bei „neutral“ schwingt auch immer mit, dass wir böse sind und dass es besser wäre, es gäbe uns gar nicht. Übrigens ein Menschenbild, das wir unseren monotheistischen Religionen verdanken, nach denen nur Gott uns aus unserer ewigen Schuld erlösen kann. Es geht aber nicht darum, die Welt zu verschonen, sondern darum, sie zu verändern. Und Veränderung geht nur mit den Menschen. Und ,mit‘ heißt auch, dass wir sie als Chance begreifen, nicht als Belastung.
Wie können wir dort hinkommen?
Das braucht einen Paradigmenwechsel. Wir müssen verstehen, dass es nichts Böses gibt, nur die Abwesenheit von Qualität. Zu viel Abfall ist ein reines Qualitätsproblem. Und dessen Lösung beginnt am Anfang, nicht am Ende beim Recycling. 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produkts werden durch das Design bestimmt. Folglich muss man hier ansetzen, hier die Intelligenz reinstecken.
Was wäre dafür zu tun?
Damit das funktioniert, müsste man zuerst fragen: Was ist das Richtige? Was ist zum Beispiel gesunder Abrieb? Aktuell stellen wir Schuhsohlen her, Autoreifen oder Textilien, ohne überhaupt darüber nachzudenken, was mit dem Abrieb passiert. Was hilft mir denn dann die Kreislaufwirtschaft, wenn der Verschleiß gar nicht betrachtet wird? Die Verschleißteile sind zudem oft aus Dutzenden, teils toxischen Chemikalien zusammengesetzt, damit sie möglichst lange halten. Effizienz nennt sich das, aber für die Umwelt und die Gesundheit ist es alles andere als effektiv. Allein in Deutschland gehen 20.000 Tonnen Reifenabrieb in Gewässer. Und auch in jeder Körperzelle finde ich inzwischen Mikroplastik. 40-Jährige sterben mittlerweile an Schlaganfällen, weil ihre Blutgefäße davon verstopft sind.
In Österreich sind übrigens alle Gewässer auch mit Skiwachs verseucht. Erst bei etwa 1.500 Grad werden diese Ewigkeitschemikalien zerstört. Das Wachs wird auf diesem Planeten bleiben, bis er von der Sonne geschluckt wird. Länger als jedes Mineral, jedes andere Element. Das ist so dumm, wie man sich das eigentlich gar nicht vorstellen kann.
Spricht da gerade auch die Wut des Chemikers aus Ihnen?
Ja, da ist Trauer, Ärger und Wut darüber, wie primitiv die Dinge und Materialien sind, die uns umgeben – im Verhältnis zu dem, was sie eigentlich sein könnten. Warum machen wir Kassenzettel, die schon beim Anfassen zwei Dutzend Chemikalien in meinen Blutstrom befördern? Weshalb stellt man nicht jedes Shampoo aus biologischen Nährstoffen her? Und wieso müssen in einem Fernseher 4.360 Chemikalien stecken? Wir wollen doch nur einen Film schauen und nicht Eigentümer von Sondermüll werden, der mitten im Wohnzimmer steht. Das ist chemische Belästigung!
Abgesehen von dem Unzulänglichkeiten der Chemie und des Produktdesigns – was ärgert Sie noch?
Vieles. Was soll zum Beispiel dieses Recht auf Reparatur für die Technosphäre? Ich möchte doch bitte ein Recht auf Intaktheit haben. Warum soll ich noch hingehen und für eine Reparatur bezahlen, nur weil jemand anders eine Sollbruchstelle eingebaut hat?
Wir denken auch immer über den Produktlebenszyklus nach. Schon das Wort ist absurd. Oder haben Sie schon mal eine lebende Cola-Dose gesehen? Und dann wollen wir den Lebenszyklus auch noch verlängern. Eine Waschmaschine, die 30 Jahre in Betrieb bleibt, ist aber ein Albtraum, weil so Geräteinnovationen nie in die Nutzung kommen, die etwa das Waschmittel zurückgewinnen könnten. Nein, jeder Gegenstand hat eine sinnvolle Nutzungszeit. Für eine Waschmaschine sind das neun Jahre, das ist ihr Innovationszyklus. Danach sollte sie durch ein neues, besseres Gerät ersetzt werden. Die Alte sollte aber klarerweise nicht auf einer Deponie landen, ihre Materialien müssen vielmehr in den Technosphären-Kreislauf zurückgehen. Zu 100 Prozent. So fällt kein Abfall an.
Kein Abfall – das steht auch hinter dem „Cradle to Cradle“-Designkonzept, das Sie bereits in den 1990er-Jahren gemeinsam mit dem US-Architekten William McDonough entwickelt haben. Was verbirgt sich dahinter genau?
Bei „Cradle to Cradle“ werden Produkte so gestaltet, dass sie nützlich sind, nicht nur weniger schädlich. Dass sie am Ende keinen Müll, sondern nur ,Nährstoffe‘ hinterlassen – für die Bio- oder für die Technosphäre. Alle Dinge, die nur genutzt werden, wie Waschmaschinen oder Fernseher, werden so designt, dass sie technisch nützlich sind. Die in der Technosphäre verwendeten Materialien werden wieder und wieder verwendet und gelangen erst gar nicht in die Biosphäre. Und alle Dinge, die verschleißen, wie Schuhsohlen oder Autoreifen, werden so gestaltet, dass ihr Abrieb in biologische Systeme zurückgelangen kann, ohne dort Schaden anzurichten. Mehr noch: Das entstehende Mikroplastik soll biologisch nützlich sein. Fische könnten es gefahrlos fressen wie Plankton, Pilze sich daran festhalten und den Boden verbessern.
Konsum, ja sogar Verschwendung sind dann kein Problem mehr. Wir wären dann wie die Ameisen. Alle Ameisen auf diesem Planeten verbrauchen mehr Nahrung als wir Menschen zusammen. Aber sie produzieren dabei halt einfach keinen Müll, sondern sind nützlich. Das kann man doch nachmachen.
Der Mensch als Nützling statt als Schädling des Planeten – das wäre wirklich ein radikal neues Denken. Denn bisherige Umweltschutzansätze, auch die Kreislaufwirtschaft, zielen ja darauf ab, unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren ...
Genau. Dabei wäre es doch viel besser, einen großen Footprint zu haben, der zu einem Feuchtgebiet wird. Den können wir dann feiern, statt uns schuldig zu fühlen. Ich habe zum Beispiel eine Eisverpackung entwickelt. Im gefrorenen Zustand ist sie eine Folie, ab Raumtemperatur eine Flüssigkeit. Schmeißt man die in die Gegend, baut sie sich in zwei Stunden ab. Man trägt sogar noch zur Artenvielfalt bei, weil sie Blumensamen enthält. So können wir für den Planeten gut sein, nicht nur weniger schädlich.
Das klingt wunderbar. Wie weit sind wir hier schon?
Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie weit sich die Idee schon durchgesetzt hat – wo es doch beim Mobiltelefon 65 Jahre gebraucht hat von der Erfindung bis zur Umsetzung. Aber es gibt weltweit tatsächlich bereits über 17.000 zertifizierte Cradle-to-Cradle-Produkte. Das bekannteste ist wohl der essbare Sitzbezug, der fliegt schon im Airbus A380 mit. Damit entstehen übrigens auch viel günstigere Produkte, denn – zum Beispiel für die Textilproduktion – braucht man dann keinen Arbeitsschutz oder Kläranlagen mehr. Vielmehr kann man mit den Abwässern Felder bewässern.
Jede Designschule der Welt lehrt das Cradle-to-Cradle-Konzept inzwischen ihren Studierenden. Apropos: Macht Ihnen die junge Generation Hoffnung?
Ja, denn sie will nicht mehr so doof sein, wie wir es waren. Nicht als Designer:innen, und auch nicht als Verbraucher:innen oder Nutzer:innen. Darum setzt sich Cradle to Cradle jetzt sehr schnell durch, auch wenn es noch mit hochoptimierten falschen Systemen konkurrieren muss.
Wird die Digitalisierung auch zum Wandel beitragen?
Ja. Digitalisierung ist die Chance für echte Kreislaufwirtschaft, denn mit ihr ist der Abfallbegriff abgeschafft, da wir immer wissen, was in einem Produkt steckt. Zudem bedeutet Digitalisierung, dass man jedes Produkt, jede Maschine in weniger als drei Monaten kopieren kann. Heißt: Wenn wir in Europa nicht schnell neue Geschäftsmodelle entwickeln, werden wir den gesamten Maschinenbau verlieren.
Wie könnten denn ein erfolgreicher Innovationsframe und neue Geschäftsmodelle aussehen?
Unternehmen müssen viel mehr in Dienstleistungen statt in Produkten denken. Nehmen wir wieder die Waschmaschinen. Niemand verbraucht die, man nutzt sie nur. Was wir also eigentlich wollen, ist nicht das Trumm im Bad, sondern saubere Wäsche. Trotzdem verkaufen die Hersteller den Leuten Waschmaschinen und gehen im Wettbewerb mit der billigeren, asiatischen Kopie in die Knie – auch wenn die aufgrund ihrer minderwertigen Qualität früher den Geist aufgibt. Würde uns der Hersteller stattdessen die Nutzungsrechte an seiner Waschmaschine überlassen und sie nach der vereinbarten Nutzungszeit wieder zurücknehmen, könnte er viel teurere, aber auch viel bessere Materialien einsetzen. Für ihn lohnt sich das, weil er weiß, dass er am Ende der vereinbarten Nutzungszeit die in der Maschine enthaltenen Rohstoffe wieder einsetzen kann. Der Kunde wäre auch glücklich und bliebe der Marke treu, weil seine hochwertige Maschine keine Wartung oder Reparatur braucht. Und die Umwelt dankt, weil nur vier kreislauffähige Kunststoffe statt 80 billige und giftige verarbeitet wurden und die Maschine kein Müll wird, sondern zur Materialbank fürs neue Gerät oder für Produkte anderer Hersteller.
Gibt es in der Waschmaschinenbranche schon Bewegung in diese Richtung?
Wir haben auf der Berliner Funkausstellung eine Waschmaschine vorgestellt, bei der nur 3.000-mal Waschen verkauft wird. Das heißt, es ist ein Zähler drin. 90 Grad, das sind drei Punkte, 60 Grad zwei Punkte, 30 Grad ein Punkt. So waschen die Leute bei niedrigster Temperatur und packen die Maschine voll. Und nach der definierten Nutzungsdauer werden die nicht genutzten Waschgänge aufs neue Gerät übertragen. Das ist Kundenbindung.
Das Geschäftsmodell funktioniert auch für viele andere Bereiche. Sogar im besonders klimaschädlichen Bausektor?
Ja. Ein Drittel aller Cradle-to-Cradle-Innovationen kommt sogar aus dem Baubereich. Das bezieht sich auf den Innenausbau, Fußbodenbeläge, Farben oder auch Holz, damit es auch als Holz wiederverwendet werden kann und nicht als behandelter Sondermüll verbrannt werden muss. Und auch der Dienstleistungsansatz funktioniert hier. Es gibt etwa ein Unternehmen, das nur mehr 30 Jahre Nutzungsrecht für seine Terrassendielen verkauft, nicht die Dielen selbst. Da die Materialien etwa 20-mal verwendbar sind, ist es nicht mehr abhängig von Rohstoffen am Weltmarkt. Es kann die Dielen viel kostengünstiger machen oder beim gleichen Preis mehr verdienen.
Win-win also für Hersteller, Kunden und Umwelt. Warum setzt sich das nicht im großen Stil durch? Was braucht es, um mehr Unternehmer zu überzeugen?
Die Unternehmer sind gar nicht das Problem. Sie begreifen meist sofort, dass es in Sachen Umweltschutz nicht um Effizienz geht, sondern um Effektivität. Das mittlere Management hat hingegen die Aufgabe, effizient zu sein. Dem mache ich sozusagen zusätzlichen Stress. Sie haben oft kein Interesse, die bestehenden Dinge wirklich zu ändern. Im Gegenteil: Sie machen die Plastikfolie halt noch um ein paar Prozent leichter, auch wenn es sich dann noch weniger lohnt, sie wieder einzusammeln. Aber im ESG-Bericht macht sich das eben gut. Meine größten Feinde sind inzwischen die Nachhaltigkeitsleute in den Unternehmen. Weil die sitzen in der Kommunikations-, nicht in der Innovationsabteilung.
Wo Ihre Feinde sitzen, ist jetzt klar. Wo finden sich Verbündete?
Wenn ich etwas Neues machen will, wenn ich das Richtige machen will, braucht es vor allem Verlässlichkeit und Vertrauen, die Leute müssen sich kennen. So wie in Österreich. Hier versteht man auch den Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität ganz gut. Es ist der Unterschied zwischen einem Wiener Kaffeehaus und Starbucks, zwischen Lebensqualität und Raffgier. Auf so einem Nährboden können Schönheit, Qualität und damit Innovationen gedeihen, die zur Blaupause werden und die Welt verändern.
Österreich kann die Welt verändern?
Durchaus! Wenn sich Österreich entscheidet, das erste Cradle-to-Cradle-Land zu werden, statt ,klimaneutral‘ zu sein. Letzteres interessiert keinen. Es ist auch fast belanglos, was wir hier machen, weil allein die Zementindustrie in China mehr CO₂-Ausstoß hat als ganz Deutschland. Es muss uns gelingen, Indien und China zu interessieren, zu inspirieren.
Und ich setze da auf Österreich. Es gibt kein anderes Land in Europa, in dem die Umweltdiskussion über die vergangenen 40 Jahre so konstant geführt wurde wie hier. Wenn wir 40 Jahre Umweltdiskussion jetzt in Innovation umsetzen, würde das die Menschen inspirieren. Und Österreich hat die Welt ja immer schon inspiriert. Selbst in China kennt jeder Mozart oder Sisi. Warum soll das nicht auch für Umweltschutz-Innovationen gelingen? Wenn sich nur jedes Bundesland eine echte Innovation vornehmen würde, das hätte echten Impact. Wenn etwa Vorarlberg sagen würde, es möchte keine Schuhe oder Autoreifen mit giftigem Mikroplastik-Abrieb mehr haben, dann würde sich wirklich etwas ändern. Nicht nur für die heimischen Gewässer.
Interview: Daniela Schuster