Digitales Geld

Mit Kryptos in die Zukunft

Welche Chancen sich auch für Kleinanleger:innen nach dem Crash 2022 bieten und warum laut Expert:innen bald niemand mehr um das digitale Geld herumkommt.

Drucken

Schriftgröße

Es sind Nachrichten wie diese, die erneut einen Schatten auf die Branche werfen: 47 Kryptobörsen wurden heuer im September vom deutschen Bundeskriminalamt und der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main geschlossen. Das Angebot der Börsen sei darauf ausgerichtet, schnell und anonym Kryptowährungen in andere Krypto- oder digitale Währungen zu tauschen, um deren Herkunft zu verschleiern, so die Behörden. Die Nutzer:innen der Börsen lesen sich wie das Lexikon der Internetkriminellen: Schwarzmarkthändler:innen, Darknet-Betreiber:innen und Ransomware-Erpresser:innen nutzten die Dienste, um Geldwäsche im großen Stil zu betreiben.

Für den österreichischen Unternehmer und Krypto-Experten Robby Schwertner, der Firmen und Start-ups beim Einsatz von Blockchain-Technologie berät, ist die Schließung der Börsen jedoch eine gute Nachricht: „Es gibt immer wieder Kriminalfälle in der Branche. Allerdings zeigt das Beispiel, dass nun deutlich härter gegen die schwarzen Schafe durchgegriffen wird.“ Schwertner ist sich sicher, dass trotz aller Höhen und Tiefen „die Technologie rund um Blockchain gekommen ist, um zu bleiben“. Und damit auch die Kryptowährungen. 

Eine:r von fünf 

Die Idee hinter Kryptowährungen: eine digitale Währung zu schaffen, die auch unabhängig von Banken funktioniert. Kryptowährungen nutzen dabei Blockchain als zugrunde liegende Technologie. Die Blockchain ermöglicht es, Transaktionen von digitalen Währungen zu verwalten. Bitcoin ist die bekannteste Kryptowährung, gefolgt von Ethereum. Mittlerweile gibt es allerdings Tausende verschiedene Kryptowährungen – von A wie Avalanche bis Z wie Zilliqa. Währungen wie Bitcoin oder Ethereum bergen ein etwas geringeres Risiko als unbekanntere Coins. Sie sind bereits am Markt etabliert. Und es steckt viel Geld von institutionellen Anleger:innen drin.

Galt selbst der Bitcoin noch bis vor wenigen Jahren als hochriskante Spielerei von IT-Nerds, kommt nun immer mehr Bewegung in den Markt. Spätestens seit der erstmaligen Zulassung von Bitcoin-Spot-ETFs im Jänner 2024 in den USA ist die Währung salonfähig geworden. Und trotz so manchen negativen Schlagzeilen haben sich die Kurse stabilisiert. 

Auch hierzulande wächst das Interesse von Anleger:innen – nicht nur am Bitcoin. Laut einer repräsentativen YouGov-Befragung im Auftrag von Krypto-Plattformbetreiber Bitpanda investiert in Österreich bereits fast jede:r Fünfte in Kryptowährungen. Der Anteil der Anleger:innen stieg von 14 Prozent im Jahr 2023 auf 18 Prozent in 2024. Unter Millennials sind sogar 28 Prozent investiert, 41 Prozent planen, ihr Geld innerhalb der nächsten zwölf Monate (auch) in Kryptowährungen zu stecken.

Empfehlenswertes Investment?

Sind Kryptowährungen aber auch eine gute Investitionsmöglichkeit für Kleinanleger:innen? Paul Pöltner, Obmann der österreichischen Interessenvertretung Digital Asset Association Austria (DAAA), sagt: „Eine Investition in Kryptowährung ist eine gute Ergänzung, um das Portfolio zu diversifizieren.“ Er möchte sich auf keine Prozentzahl festlegen, eine Faustregel gibt es aber: Für eine Investition in alternative Investments, zu denen auch Kryptos zählen, werden rund 15 Prozent der Gesamtportfoliosumme als Beimischung empfohlen. Manche Expert:innen sprechen in diesem Zusammenhang von „Spielgeld“. Wer sich jetzt schon – spielerisch – mit dem Thema digitale Währung beschäftige, habe jedenfalls einen Vorsprung, so Pöltner. „Denn digitale Assets sind ein Trend, der in die Zukunft zeigt. Mit ihnen wird langfristig ein neues Ökosystem aufgebaut.“ 

Er betont aber, dass es auch für Kleinanleger:innen wichtig sei, sich selbst ein Bild zu machen. Am einfachsten könne man heutzutage über eine Krypto-Plattform in die digitalen Währungen investieren – und das oft schon mit wenigen Klicks. „Als Kleinanleger:in würde ich mich an eine Plattform wie etwa Bitpanda wenden und mit großen Coins beginnen, um zu verstehen, wie die Abläufe funktionieren“, so Pöltner. 

Bitpanda ist ein österreichischer Anbieter mit sogenannter „Hosted Wallet“. Die Wallet ist so etwas wie eine digitale Geldbörse, die das Verwalten, Empfangen und Senden von Kryptowährungen ermöglicht. Das bedeutet, die Kryptowährung wird von Bitpanda verwaltet. Das macht den Einstieg für Kleinanleger:innen einfacher. 

Wer sich für einen Plattform-Anbieter entschieden hat, kann ein Konto eröffnen. Dabei ist die Verifizierung der eigenen Person der erste Schritt, um Fälle von Geldwäsche einzudämmen.

Risikoreich und volatil

Ist das Konto eingerichtet, kann es losgehen. Im Falle des Bitcoins müssen Anleger:innen keinen ganzen Bitcoin kaufen – das wäre für die meisten auch nicht erschwinglich. Man kann einfach Bruchstücke davon erwerben. Für Einsteiger:innen empfiehlt es sich, echte Kryptowährung zu kaufen. Im Gegensatz zu sogenannten Krypto-Derivaten sind sie weniger spekulativ. Aber, da dürfe man sich nichts vormachen, „das Investment in Kryptowährungen ist risikoreich“, betont Robby Schwertner. Momentan ist der Bitcoin-Kurs zwar stabil, allerdings sind Kryptowährungen volatil. „Es kann jederzeit hoch und runter gehen. Nach dem Halving – das ist die künstliche Verknappung des Bitcoins – kommt oft der Bullrun, also ein starker Aufwärtstrend des Kurses. Ob das auch diesmal so sein wird, werden wir sehen.“ Im Vorfeld des Halvings im April 2024 waren die Kurse zudem bereits gestiegen. So lag der Kurs Anfang Oktober 2023 bei rund 25.000  Euro und konnte bis Anfang Oktober 2024 auf fast 56.000 Euro zulegen. 

Der wichtigste Tipp beim Investieren: „Ruhe bewahren. Es gibt zwei Strategien: Entweder ich bleibe auf lange Sicht drin. Oder ich bleibe drin, bis ich eine gewisse Summe erreicht habe“, so Pöltner. „Am besten antizyklisch investieren und nicht, wenn der große Hype herrscht und alle investieren. Das treibt den Preis nur nach oben.“ Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen sind in Österreich übrigens – unabhängig von der Haltedauer – zu versteuern, dafür fällt beim Tausch von einer Kryptowährung in eine andere keine Steuer an.

Rechtlicher Rahmen

Generell werden die Hürden für Kleinanleger:innen immer geringer, denn auch so manche Hausbank springt auf den Krypto-Zug auf. „Es gibt eine Kooperation zwischen der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien und Bitpanda“, sagt Schwertner. „Das ist ein toller Schritt nach vorn und wird in der Szene als richtungsweisend gesehen. Ich denke, da werden einige Institute nachziehen.“ Zudem wird der Handel immer sicherer: „Plattformen wie Bitpanda haben eine Banklizenz. Das Investment bleibt zwar volatil, aber der rechtliche Rahmen wird sicherer“, so Schwertner. 

Auch die EU hat das Thema auf dem Schirm und führte mit der MiCA-Verordnung erstmals Rechtsvorschriften für Kryptowerte ein. DAAA-Obmann Pöltner sagt: „Mit der EU-MiCA-Verordnung hat der Markt in Europa ein neues Rahmenwerk bekommen. Kleinanleger:innen können sich an Plattformen wenden, die reguliert sind.“ Das schaffe Vertrauen.

Blockchain mit Mehrwert 

Laut Expert:innen kommt man um Kryptowährungen in Zukunft nicht mehr herum. Robby Schwertner betont etwa: „Die Blockchain löst ein entscheidendes Thema des Internets: Man konnte dort bisher zwar Informationen austauschen, aber keine Werte übertragen.“ Das ändert sich mit dem sogenannten Web3. Das ist ein Begriff, der die dritte Evolution des Internets umfasst. Web3, das auf der Blockchain-Technologie beruht, ermöglicht es, Eigentum im digitalen Raum zu besitzen und auszutauschen. Man hat eine Wallet und kann Eigentum übertragen. 

Claudio Schneider, CEO beim Portfoliomanager DCAP aus der Schweiz, erklärt: „Web3 wird unser Dasein entscheidend beeinflussen.“ Als Web1 bezeichnet man das Internet aus den Anfängen in den 1990er-Jahren, das später durch das Web2 abgelöst wurde. Nun steht das Web3 in den Startlöchern. Und da geht es nicht mehr ohne digitale Währungen. „Kryptowährungen sind als Zahlungsmittel mit der Blockchain verbunden, sie sind die Infrastruktur. Das Web3 und die Kryptowährungen bieten ganz neue Business-Modelle“, sagt Schneider. 

Der Vermögensverwalter nennt ein Beispiel: „Es wird einfacher werden, für seine Leistungen bezahlt zu werden. Es gibt etwa Anwendungen, da wird eine Kamera an das Auto installiert, und die während der Fahrt entstehenden Daten werden direkt an Satellitendienstleister geliefert. Man wird dann automatisch für die Daten, die man zur Verfügung stellt, bezahlt. Das wäre beispielsweise für Taxifahrer:innen ein Nebenverdienst.“ 

Web3 am Start

Noch partizipiert die große Mehrheit nicht am Web3. Das sei aber nur eine Frage der Zeit. Momentan bereiten sich laut Schneider fast alle großen Banken und Finanzinstitute auf das Thema Web3 vor. „Ich denke, dass der Durchbruch kommen wird, wenn es auch für normale User:innen einfacher wird, das Web3 zu nutzen.“ Noch seien die Hürden hoch. „Das ist wie der Einstieg damals ins Web1, da benötigte man ein Modem, um überhaupt teilnehmen zu können. Beim Web3 ist es teilweise noch umständlich: Man muss eine Wallet eröffnen, benötigt einen Key und muss dann von der Bank über die Wallet Token, also Kryptowährung, kaufen.“

Auch beim Thema KI werde man nicht an Kryptowährung vorbeikommen, prognostiziert er. „Nehmen wir das Beispiel KI-Bots, die für uns Dinge erledigen. Dafür benötigt man Zahlungsmittel. Eine KI kann kein Konto eröffnen, sie kann aber eine Krypto-Wallet eröffnen. Dadurch wird die Krypto-Währung als Zahlungsmittel Teil der öffentlichen Infrastruktur“, so Schneider.

Wird das Internet damit in Zukunft ein Stück gerechter? Blockchain-Experte Robby Schwertner ist sich sicher: „Diese Entwicklung bricht die vorherrschenden Monopole auf und bringt einen echten Mehrwert für die Gesellschaft.“ Claudio Schneider ist vorsichtiger: „Die Blockchain ist neutral. Was der Mensch damit macht, kann man nicht voraussehen. Aber es gibt eine große Chance, dass das Internet wieder dezentraler und damit auch gerechter wird.“

 

 

Text: Sabrina Erben