kulinariktrends

Vom Speisen auf Reisen

Der Appetit auf kulinarische Urlaubserlebnisse entwickelt sich zum Heißhunger. Die Tourismusbranche legt nach.

Drucken

Schriftgröße

Auch Bucket Lists folgen Trends. Kochshows, Food-Porn in den Sozialen Medien und wie Rockkonzerte aufgezogene Gourmetfestivals haben dafür gesorgt, dass statt exotischer Inseln immer öfter die Entdeckung kulinarischen Neulands auf den Wunschzetteln landet. Ob High Tea in London oder Sushi in Tokyo: Einmal im Leben gilt es, ikonische Speisen am Ort ihrer Erfindung zu verkosten. 

Laut der World FoodTravel Association bestimmt schon heute bei einem Fünftel der Tourist:innen das Essen maßgeblich über die Urlaubspläne. Für diese Foodie Traveller ist die Erkundung der lokalen Küche nicht bloß Teil des emissionsarmen, instagramtauglichen Reiseerlebnisses, sondern tatsächlich Hauptereignis. Acht von zehn Befragten schätzen es, Land und Leute auch via Blick über den Teller(rand) besser kennenzulernen. Bis 2030 wird der globale Milliardenmarkt für Foodreisen daher jährlich um rund 20 Prozent zulegen, prognostiziert Grand View Research. Sonstige Analysedienste rechnen etwas konservativer mit zwölf bis 17 Prozent, sind sich aber einig, dass sich kaum ein anderes Reisesegment ähnlich schnell entwickelt. Die Angebotspalette ist jedenfalls breit genug, um alle Geschmäcker und Social-Media-Kanäle abzudecken. Sie reicht von Streetfood-Touren und Kochkursen am Urlaubsort über Weinkreuzfahrten und die Teilnahme an der Olivenernte bis hin zum Sternerestaurant-Hopping. 

Mit Foraging und Sober Bars schiebt die Branche gerade zwei Erlebnishäppchen nach, die den wachsenden Hunger auf kulinarische Urlaubserlebnisse zeitgeistig stillen sollen – indem sie gesunden Genuss versprechen. Denn der Sektor Foodreisen boomt auch aufgrund des wachsenden Präventionsbewusstseins der Gäste. Wem eine Kur zu viel und ein Wellnesswochenende zu wenig ist, der bucht gern Trips, bei denen Essen in Form von gesunder Ernährung eine zentrale Rolle spielt. 

Ob Ayurveda-Retreat in Indien oder Slow Food im Waldviertel: Fern des Alltags will man alternative Ernährungsformen ausprobieren, am besten gleich noch darauf umstellen. Zumindest aber soll’s gelingen, mal für ein paar Tage Zucker, Alkohol und Fleisch wegzulassen. Detox heißt das dann. Oder – radikaler betrieben – Fastenurlaub. Letzterer erfreut sich in seinen zahlreichen Darbietungsformen zunehmender Beliebtheit. Von der F.-X.-Mayr-Entschlackung im Luxusresort bis zum Heilfasten im (Schweige-)Kloster: Die Nachfrage steigt. In einer Welt des Überflusses wird selbst Verzicht zum Erlebnis. Man gönnt sich ja sonst (zu) viel.


SOBER BARS

Nüchterne Nächte 

Ohne ist das neue Mit – nicht nur im Dry January. Heute sind die angesagtesten Szenelokale (auch) „Sober Bars“. Statt Cocktails gibt es zwischen Berlin und Bangkok perfekt gemixte Mocktails – ausschließlich oder zumindest tageweise. Die Reisebranche zieht nüchtern rechnend mit. So setzt etwa Hyatt in vielen seiner Hotelbars auf das „Zero Proof, Zero Judgement“-Programm. Und Seabourn Cruises bietet mit „Zero @ Sea“ auf seinen Luxuskreuzfahrten eine alkoholfreie Getränkeauswahl, die Champagner nicht vermissen lässt. 

 


FORAGING: 

Von der Hand in den Mund

Trüffel, Algen, Hopfensprossen? Die Suche nach authentischen Genüssen führt Reisende 2025 nicht mehr in ein Lokal, sondern raus in die Natur. Beim Foraging, dem Sammeln von wildwachsenden Nahrungsmitteln, werden sie von Sterneköchen begleitet, von Rangern geführt, von Expert:innen aufgeklärt. Die „Beute“ wird dann gemeinsam verkocht oder im Degustationsmenü serviert. Touristische 

Foraging-Angebote gibt’s weltweit, übrigens auch in Großstädten. Mit Steve Brill kann man zum Beispiel im New Yorker Central Park auf Tour gehen.

www.wildmanstevebrill.com

Text: Daniela Schuster