Finanzen

Schatz, wo ist unser Geld?

Die Vertrautheit endet oft beim Geld, die Finanzen des Partners oder der Partnerin sind Tabuzone. Kommt es zur Trennung, ist die Überraschung groß – und im schlimmsten Fall böse. Wie man sich gegenseitig vernünftig in die Karten schaut.

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Sie hatte ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet, die Kinder erzogen, den Haushalt versorgt, die Enkel gehütet und den im Alter schwerkranken Mann gepflegt. Als er starb, gähnte da eine große Leere. Aber nicht nur das: Da waren auch mehrere Bürgschaften, von denen Frau R. nichts wusste und für die sie nun aufzukommen hatte. Ihre eigene Pension reichte auch plus Witwenpension nicht aus, um das Geld dafür aufzubringen. Sie musste das Haus verkaufen. Ein ruhiger, sorgloser Lebensabend? Sieht anders aus.

Offen statt hoffen

Hätten Herr und Frau R. nämlich offen über ihre Geldangelegenheiten gesprochen, hätte Frau R.  gewusst, dass sich ihr Gatte zu Lebzeiten für die Schulden eines anderen verbürgt hatte. Und dass der Bürgschaftsvertrag nicht mit dem Tod des Bürgen erlischt, sondern auf seine Erben übergeht. Also auf sie.

Partnerschaftliche Offenheit in Geldangelegenheiten schützt aber nicht nur vor bösen Überraschungen. Sie verteilt auch das finanzielle Risiko auf vier statt zwei Schultern. Und sie ermöglicht eine verantwortungsbewusste Planung von Alltag und Zukunft. Ihre Umsetzung beginnt bei praktischen Kleinigkeiten: etwa, dass beide wissen, wo die Liste mit den Passwörtern für Online-Konten und Co versteckt ist. Oder dass man Einblick in die finanzielle Situation und Vermögensangelegenheiten des anderen hat. „Bescheid zu wissen, vermeidet Probleme“, sagt Guido Küsters. Und meint damit vor allem das Wissen über finanzielle Verpflichtungen. „Falls etwa pflegebedürftige Eltern in absehbarer Zeit unterstützt werden müssen, dann treffen die Kosten beide Partner.“ Genau deshalb sollten auch beide Partner über das Vermögen, die Liquidität und mögliche Stolpersteine Bescheid zu wissen. „Sparbuch und Immobilie – das ist noch relativ offensichtlich“, sagt er. „Aber was, wenn es um das Familienunternehmen geht, das nur an einen geeigneten Nachkommen vererbt wird?“ 

Im Falle des Falles

„Was passiert, wenn ich sterbe/wenn du stirbst?“ Das ist eine jener Fragen, die innerhalb einer Partnerschaft diskutiert werden sollten. Kein angenehmes Thema. Aber eines, über das man beizeiten sprechen sollte. Durch ein innerhalb einer Ehe oder einer eingetragenen Partnerschaft erstelltes Testament können sich die Partner gegenseitig als Erben einsetzen. Gibt es kein Testament, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft: Gibt es Kinder, erben diese zwei Drittel, Partner oder Partnerin ein Drittel. Wird dies in einer Partnerschaft nie offen besprochen, bleibt es bis zum Ernstfall ein Fragezeichen, was genau auf den oder die Hinterbliebene:n zukommt. 

Auch die Lebensversicherung gehört zu den unbeliebten, aber wichtigen Themen: Bei einer gegenseitigen Ablebensversicherung, auch Partner-Risikolebensversicherung genannt, schließen beide einen gemeinsamen Vertrag ab. Stirbt eine Person, wird die Versicherungssumme an die andere ausbezahlt. Alternativ dazu kann auch jeder Partner eine eigene Ablebensversicherung abschließen und den jeweils anderen als bezugsberechtigt einsetzen. 

Das Tabu brechen

Warum ist Geld so ein Tabuthema in Beziehungen? „Vielleicht will man dem Partner nicht zeigen, dass er der finanziell schwächere ist“, vermutet Guido Küsters. „Oder man möchte vom anderen nichts einfordern. Doch es ist wichtig, darüber zu reden, wie man ausgleichen kann, wenn einer sehr viel, der andere aber wenig Geld zur Verfügung hat.“ 

Noch besser ist, man handelt auch. „Wer mehr oder allein verdient, weil der andere zum Beispiel zu Hause bei den Kindern bleibt, muss dafür sorgen, dass der andere abgesichert ist und eine gute Pension erhält.“ Etwa durch Pensionssplitting. Bei diesem Modell kann jener Elternteil, der hauptsächlich die Kinderbetreuung übernimmt, für die betreffende Zeit vom anderen Elternteil Gutschriften auf das Pensionskonto übertragen bekommen. „Leider nutzt das kaum jemand“, so Küsters. Tatsächlich gab es laut Sozialministerium im Jahr 2022 gerade einmal 1.155 Übertragungen. 

Frauen im Nachteil?

Für mehr Vorsorge-Fairness in der Partnerschaft sorgen auch freiwillige zusätzliche Beitragszahlungen an die Pensionsversicherung oder eine private Pensionsvorsorge, in die der Besserverdienende für den anderen einzahlt. Bettina Zehetner berät seit vielen Jahren Frauen, die um ihre finanzielle Absicherung bangen. Mit ihrem Verein „Frauen* für Frauen*“ (www.frauenberatenfrauen.at) animiert sie dazu, Fragen zu stellen. Etwa: ‚Sollten wir gemeinsam im Mietvertrag stehen?‘, Steht mir im Trennungsfall Unterhalt zu?‘ oder ‚Was bedeutet eine Ehe eigentlich rechtlich für mich?‘. Die Ehe, so Zehetner, sei jener Vertrag, der am häufigsten ungelesen unterzeichnet würde. Ein Problem, aus dem sich viele weitere ergeben – vor allem dann, wenn die Ehe scheitert. 

„Der schwierigste Fall“, sagt Zehetner, „ist, wenn die Frau schon die Scheidungspapiere unterschrieben und auf alles verzichtet hat, nur um so schnell wie möglich wegzukommen.“ Wer dabei freiwillig auf Unterhalt verzichtet, hat nach der Scheidung keinen Anspruch auf Mindestsicherung, bevor er nicht alle ihm zumutbaren, zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Die Folge: „Keine Sozialhilfe, keine Ausgleichszulage in der Pension und vielleicht sogar kein Unterhalt für gemeinsame Kinder.“ Deshalb sei es so wichtig, sich beraten zu lassen, bevor man die Scheidungspapiere unterschreibt. „Jede Formulierung kann langfristige rechtliche Konsequenzen haben.“ 

Knackpunkt Karenz

Das gleiche gilt für scheinbar harmlose Alltagsentscheidungen. Wenn Frauen Karenzzeiten übernehmen oder nur in Teilzeit in den Beruf zurückkehren, verzichten sie auf Vorsorge und Vermögensaufbau – und damit auf ausreichende Absicherung. Noch gravierender können die Folgen eines gemeinsamen Kredits sein, zum Beispiel für eine Immobilie: Wer gemeinsam Geld von der Bank leiht, haftet gesamtschuldnerisch dafür. Die Bank kann also von jedem Kreditnehmer einzeln die Rückzahlung verlangen, auch wenn ein Partner nicht mehr zahlen kann – sogar nach einer Trennung. Darum würde Bettina Zehetner am liebsten jede Frau ausführlich beraten, bevor sie eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft eingeht. „Es ist einfach wichtig, die rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen von Entscheidungen zu kennen.“

Ehevertrag – ja oder nein?

Ein Ehevertrag ist vor allem dann sinnvoll, wenn die finanziellen Verhältnisse der Eheleute sehr unterschiedlich sind.

Gibt es keinen Vertrag, gilt Gütertrennung: Beide Partner bleiben Eigentümer:in des Vermögens, das in die Ehe eingebracht und während der Ehe erworben wurde. Auch haftet jede:r für seine/ihre eigenen Schulden. Erst im Scheidungsfall werden eheliches Gebrauchsvermögen (Haus, Autos, …) und Ersparnisse aufgeteilt.

Ein Zugewinnausgleich kann im Vertrag geregelt werden, also inwieweit der Partner, der während der Ehe mehr Vermögen hinzuerworben hat als der andere, den Vermögensunterschied ausgleichen muss.

Auf Unterhaltszahlungen oder auf die Obsorgepflichten per Ehevertrag zu verzichten, ist übrigens in Österreich sittenwidrig.

Für Unternehmer:innen ist ein Ehevertrag sinnvoll. Bei Scheidung muss sonst die Hälfte des Firmenwertes ausgezahlt werden.

Unterhalts- und Erbansprüche gelten auch für eingetragene Partnerschaften.

 

Quelle: familienrechtsinfo.at / www.oesterreich.gv.at 

Halbe-Halbe?

Carmen Weingartshofer, Mitgründerin der „Finanzlöwinnen“, einem Kollektiv von Frauen, das sich dem Vermögensaufbau und der Vermittlung von Finanzwissen verschreibt, hat selbst Erfahrung mit Immobilienkauf gemacht – und einige potenzielle Knackpunkte identifiziert. „Nicht nur die gemeinsamen finanziellen Möglichkeiten gehören besprochen“, sagt Weingartshofer, „sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen.“ Etwa, wie das Eigentum an der Immobilie aufgeteilt wird – und welche rechtlichen Vereinbarungen getroffen werden müssen. „Die Krux ist, dass man – das Stichwort ist Eigentümerpartnerschaft – zu gleichen Teilen im Grundbuch steht“, sagt Weingartshofer, „auch wenn die Kaufsumme nicht je zur Hälfte gestemmt wurde.“ Hat ein Partner mehr investiert, müsse das extra vertraglich geregelt werden. 

Vor allem für den Fall einer Trennung. So bestehen für verheiratete Paare zwar klare gesetzliche Regelungen zur Aufteilung des Vermögens und der Immobilien. „Für unverheiratete Paare aber gilt das nicht, da braucht es einen entsprechenden Vertrag.“ Auch gilt es zu besprechen, wer im Fall einer Trennung in der Wohnung bleiben darf und ob die Partnerin oder der Partner ausgezahlt werden kann. Und wenn Investitionen in die Immobilie getätigt wurden, etwa im Zuge einer Renovierung? „Legen Sie sich eine Mappe an, sammeln Sie Rechnungen und notieren Sie, wer was bezahlt hat.“ Alternative: ein eigenes Konto für alle Zahlungen rund um die Immobilie, auf das beide Partner einzahlen und von dem alle Zahlungen abgehen.

Dieses sogenannte „Dreikontenmodell“ – ein Konto für jeden plus ein weiteres für alle gemeinsamen Ausgaben rund um Wohnen und Haushalt, auf das beide Zugriff haben – ist ein bewährtes Modell, auf das viele Paare zurückgreifen, um Geld nicht zum Streitthema werden zu lassen. Dabei werden beide Einkommen auf ein gemeinsames Konto überwiesen und alle Fixkosten – Miete, Kreditraten, Versicherungen, Lebensmittel, … – davon bestritten. Was übrig bleibt, wird geteilt und geht zu gleichen Teilen auf die eigenen Konten der jeweiligen Partner. Alternative: Beide überweisen, abhängig von ihrem Einkommen, einen entsprechenden Betrag auf ein gemeinsames Haushaltskonto. 

Liebe bis ins Depot

Ähnlich ist es mit Wertpapierdepots. Ein gemeinsames Depot mag als partnerschaftliches Projekt verlockend klingen, auch spart man sich die doppelte Verwaltungsgebühr. Ratsam ist es jedoch nicht unbedingt, denn es birgt Risiken, vor allem für unverheiratete Paare. Auch hier gibt es nämlich keine gesetzliche Regelung im Falle einer Trennung. Grundsätzlich stehen die Varianten „Oder-Depot“ sowie „Und-Depot“ zur Verfügung. Im ersten Fall können beide Depotinhaber allein über alle Aktionen verfügen, im zweiten Fall sind Änderungen nur gemeinschaftlich möglich. Haben beide Partner in der Beziehung ein eigenes Depot, sind auch im Fall einer Trennung die Eigentumsverhältnisse klar.

Gemeinschaftsdepots bergen aber noch weitere Risiken. So ist der eine Partner davon abhängig, dass der andere keine risikoreichen Invests tätigt, deren Verlust man mittragen müsste. Dazu kommt die Sache mit dem KESt-Verlustausgleich: Dieser ermöglicht, Verluste aus Wertpapiergeschäften automatisch mit Gewinnen gegenzurechnen, sprich: Verluste werden gleich von der fälligen Kapitalertragssteuer abgezogen. Dieser Verlustausgleich passiert bei Einzeldepots automatisch, bei Gemeinschaftsdepots aber nicht. Er muss erst im Zuge des Steuerausgleichs geltend gemacht werden – ein Unterfangen, das ohne Steuerberatung sehr mühsam wird.

Auf Augenhöhe

Sind all diese Maßnahmen nicht schrecklich unromantisch? Ist das nüchterne Aufrechnen nicht ein potenzieller Beziehungskiller? Im Gegenteil, findet Guido Küsters: „Man redet in einer Partnerschaft anders miteinander, wenn man sich finanziell auf Augenhöhe begegnet. Und es macht viel mehr Freude, sagen zu können: ‚Wir haben beide etwas geleistet‘.“ 

 

Text: Ursel Nendzig

Tipps für Unverheiratete

Wie regelt man die Finanzen, wenn keine Ehe oder eingetragene Partnerschaft besteht?

Werden gemeinsam größere Anschaffungen (bis hin zu Immobilien) getätigt, schriftlich festhalten, wer wie viel bezahlt hat. Im Zweifelsfall einen Notar/Anwalt einschalten.

Paare können in einem Partnerschaftsvertrag regeln, wie im Trennungsfall Vermögenswerte (und Schulden) aufteilt werden.

Weil es kein gesetzliches Erbrecht gibt, ist mittels Testaments dafür sorgen, dass der Partner im Erbe berücksichtigt wird.

Lebensgefährten können sich gegenseitig als Begünstigte ihrer Lebensversicherung eintragen lassen.

Beide Partner sollten im Grundbuch einer gemeinsamen Immobilie und im Mietvertrag der Wohnung stehen, damit im Trennungsfall Ansprüche auf die Wohnung bestehen. 

Achtung: Ob verheiratet, verpartnert oder weder noch: Für einen gemeinsamen Kredit haften alle Kreditnehmenden. Auch nach der Trennung!