Weniger Müll ist mehr
Minus 7.350 Tonnen Photovoltaik-Müll
Erneuerbare Energien sind ein wichtiger Pfeiler der Kreislaufwirtschaft. Doch die Optik sitzt schief, wenn die nötigen Module am Ende ihres Produktlebens den Müllberg vergrößern.
Simon Prüller, Gründer und Geschäftsführer von 2nd cycle FlexCo, hat sich deshalb auf das Recyceln gebrauchter Photovoltaik-Anlagen spezialisiert: „Unsere Upcycling-Anlage ermöglicht es, gebrauchte Module zuerst zu reinigen, dann zu prüfen, kleinere Reparaturen durchzuführen und dann entweder der Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen“, sagt der Amstettner.
Mit seiner innovativen Lösung kann das niederösterreichische Start-up pro Jahr etwa 300.000 gebrauchte Module aufbereiten. Das spart nicht nur 80 Prozent der Kosten gegenüber der manuellen Demontage der Glas-, Aluminium- und Kunststoffteile. Es vermeidet auch rund 7.350 Tonnen Photovoltaik-Müll sowie rund 3.675 Tonnen CO2-Emissionen. Mit Hilfe des Recycling-Unternehmens Müller Guttenbrunn als Investor hat sich Prüller ein noch ehrgeizigeres Ziel vorgenommen: Er will bis 2031 jährlich zehn Millionen Solar-Module aufbereiten. Als Motivation gab’s dafür im Frühjahr den niederösterreichischen Umweltpreis „Skarabäus“.
Minus 50.000 Tonnen Textilien
Wird die Umwelt durch Kleidungsüberproduktion massiv belastet? Ja, sagen 86 Prozent der Befragten der AK-Studie „(Nachhaltiger) Modekonsum in Österreich“ aus 2023. Trotzdem geben wir im Schnitt pro Jahr 800 Euro für neue Oversized-Pullis oder Strickröcke aus. Dabei tragen wir davon ein Viertel nur gelegentlich, 15 Prozent selten und zwölf Prozent nie. Weil der modische Nachschub regelmäßig die Kästen sprengt, werfen 68 Prozent der Österreicher:innen ihre ausgemusterten Teile in den Altkleidercontainer, 42 Prozent geben sie an Familie oder Bekannte weiter, 21 Prozent landen im Secondhandladen. Den Rest wird im Müll entsorgt – jährlich rund 218.900 Tonnen, von denen bislang nur drei Prozent recycelt werden.
Das will die ARA als Sortier- und Logistikpartner künftig zusammen mit der Lenzing Gruppe ändern: Im Rahmen eines Pilotprojekts werden Alttextilien gesammelt, bei der Caritas mit Hilfe einer Recyclinganlage von Hand sortiert und schließlich beim Lenzing-Partner Södra als Sekundärrohstoff für neue Lyocell- und Viscosefasern aufbereitet. „Das Vermeiden ist die erste Maßnahme für einen ökologischeren Umgang mit unseren Rohstoffen“, sagt ARA-Vorstand Martin Prieler. „Wir setzen dann bei den weiteren Schritten der Abfallhierarchie ein und verarbeiten mit diesem Recyclingprojekt bis 2025 jährlich 50.000 Tonnen Textilabfall.“
Minus 983 Tonnen Elektroschrott
Hat jemand mitgezählt, wie viele erfolgreiche Start-ups mit einem Ärgernis begannen? Im Fall des einstigen McKinsey-Consultants Peter Windischhofer zündete ein defektes iPhone den Funken. Der Mühlviertler hatte das Smartphone gebraucht gekauft, doch nach gerade mal drei Wochen gab das High-Tech-Gerät den Geist auf. Aber darf es wirklich nur die zwei Alternativen „neu und teuer“ oder „gebraucht und unzuverlässig“ geben? Nein, fand Windischhofer. Und gründete mit zwei Freunden refurbed. Hier werden gebrauchte Produkte – vom Smartphone bis zum Tablet, vom E-Bike bis zum Haushaltsgerät – in großen Mengen günstig eingekauft. Dann einer bis zu 40 Arbeitsschritte umfassenden Verjüngungskur unterzogen – von der äußerlichen Aufbereitung bis zum Austausch defekter Komponenten. Und schließlich mit mindestens zwölf Monaten Garantie auf der eigenen Plattform zu günstigen Preisen weiterverkauft.
„Unser aktuelles lineares Wirtschaftssystem führt zu einer Vielzahl von ökologischen Problemen, wir möchten Teil der Lösung sein“, sagt Windischhofer. refurbed sparte bislang in zehn europäischen Märkten 299.728 Tonnen CO2, 103 Milliarden Liter Wasser und 983 Tonnen Elektroschrott ein, jeweils im Vergleich zum Neukauf. Beeindruckende Zahlen, aber nur ein erster Schritt: Allein in Europa fallen jährlich zehn Millionen Tonnen Elektroschrott an, nur 40 Prozent davon werden aktuell fürs Recycling gesammelt.
Minus 46 Millionen Plastikflaschen
Wenn Robert Stolz morgens zur Arbeit fährt, scannt er seine Mitmenschen automatisch auf ein typisches Merkmal: „In der Straßenbahn hat jeder dritte oder vierte eine Plastikflasche dabei. Wer sich im Supermarkt sein Frühstück kauft, legt eine Plastikflasche dazu. Und dann beim ersten Außentermin: überall Plastikflaschen im Pausenraum.“
Damit sich das ändert, versorgt der Culligan Austria-CEO heimische Unternehmen mit fast unbegrenzt wiederbefüllbaren Wasserspendern. Jeder einzelne der österreichweit 32.000 Wasserspender spart 1.440 Plastikflaschen ein – zusammengerechnet ein Müllberg von 46 Millionen Flaschen. „Am Anfang wurden wir belächelt. Heute haben wir in Österreich 173 Mitarbeiter und machen 21 Millionen Euro Umsatz“, sagt Robert Stolz. Zu seinen heimischen Kund:innen zählen 14 der 25 heimischen Top-Unternehmen, insgesamt fließt das im steirischen Thalheim abgefüllte Quellwasser landesweit in 11.000 Unternehmen und 3.200 Haushalte.
„Ein professionelles HR-Management kann an dem Thema ,Gesundes Wasser trinken‘ nicht vorbeigehen. Denn der Mensch braucht Flüssigkeit, um leistungsstark zu bleiben für den Arbeitstag.“ Und das gute österreichische Leitungswasser? „Ist erstens nicht überall so gut wie sein Ruf. Und zweitens nicht gekühlt oder auf Wunsch mit Kohlensäure angereichert wie unseres.“
Laut eigenen Angaben spart Culligan jedes Jahr weltweit 40 Milliarden Plastik-Einwegflaschen ein und reduziert damit den CO2-Fußabdruck um 91 Prozent. Doch gerade in Österreich ist noch viel Luft nach oben: Laut Umweltministerium werden bei uns jährlich 1,6 Milliarden Einwegflaschen aus Kunststoff verkauft, nur ein Viertel davon wird bislang recycelt. Zusätzlich kommt mit der neuen Pfandverordnung vor allem auf Unternehmen ab 2025 ein logistisches Problem zu, wenn die Mitarbeiter:innen weiterhin auf Einweg setzen: „Soll jede Firma einen eigenen Lagerraum für die anfallenden Pfandflaschen leerräumen?“, gibt Stolz zu bedenken.
Text: Alexander Lisetz