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„Wir müssen nachhaltig pensionsfit werden“

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria hat elf europäische Pensionssysteme analysiert. Die Studie soll die Basis für eine Diskussion zur Neuausrichtung des österreichischen Pensionssystems bilden. Den Anstoß dazu geben die ERSTE Stiftung und die Vienna Insurance Group (VIG).

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Herr Löger, warum wollen Sie jetzt über eine Pensionsreform diskutieren? Debatten über Änderungen darüber gibt es seit Jahren?

Wir sind nicht die Ersten, aber wir haben mit der Studie von Eco Austria eine rein faktenbasierte Analyse unterschiedlicher Pensionssysteme in Europa geschaffen. Wir geben keine Empfehlungen ab, unser Ziel ist es, gemeinsam das beste Pensionssystem für Österreich zu finden. Die Erkenntnisse ermöglichen es, eine sachliche Diskussion mit allen relevanten Stakeholdern zu führen. Das unterscheidet uns von anderen Debatten.

Was halten Sie für verbesserungsfähig am heimischen System?

Es geht uns nicht um eine Änderung, sondern um eine nachhaltige Ergänzung des bestehenden Umlagesystems. Das ist gut, bietet im Vergleich hohe staatliche Pensionsleistungen, es ist aber auch relativ teuer. Die Studie zeigt, dass es Länder gibt, die mit weit weniger Mitteln zur Finanzierung der Pensionen auskommen.

Welche Länder sehen Sie hier als Vorbilder?

Während Österreich 13,7 % des BIP für staatliche Pensionen ausgibt, wenden die Niederländer 6,5 %, die Schweden 7,4 % und die Dänen 8,3 % auf. EcoAustria hat errechnet, dass Österreich zum Beispiel 34 Milliarden Euro mehr im Budget zur Verfügung hätte, wenn wir das gleiche staatliche Ausgabenniveau wie die Niederlande hätten.      Geld, das wir in so wichtige Bereiche wie Bildung, Forschung oder die grüne Transformation investieren könnten.

Gibt es auch Unterschiede in der Pensionshöhe?

In Österreich liegt derzeit das Verhältnis von Durchschnittspension zu Durchschnittslohn bei 56 %. Diese globale Ersatzrate wird laut EcoAustria wegen der demografischen Entwicklung bis 2070 auf   45 % sinken. In den Niederlanden liegt die Ersatzrate jetzt bei 67 % und in Dänemark bei 61 %. Wir haben somit ein gutes, aber teures System, das noch dazu im Vergleich mit anderen eine geringere und noch dazu sinkende Leistung mit sich bringt.

Was unterscheidet im Wesentlichen die Systeme in den genannten Länder von unserem System?

Alle Länder setzen im staatlichen Pensionssystem zusätzlich auf eine kapitalgedeckte Komponente, um das Budget zu entlasten und die Pensionshöhe ganz wesentlich zu verbessern. Darüber sollte auch in Österreich intensiver nachgedacht werden.   

Vorschläge einer Kapitalmarktdeckung für die Pensionen sind aber bisher wegen hoher Verlustrisiken auf viel Widerstand gestoßen.

Wie finanzfit die Österreicher:innen sind ist eine zentrale Frage. Die Antwort ist leider keine erfreuliche, denn es mangelt am Verständnis für Kapitalmarktinvestitionen. Wir haben uns diese kapitalmarktgedeckten Systeme mit der Studie genau angesehen, und sie zeigt, dass sich diese trotz Herausforderungen wie Finanzkrise etc. sehr erfolgreich entwickelt haben. In den Niederlanden und Dänemark gab es seit 2001 sogar mehr als eine Verdoppelung der Ersparnisse.

Viele Reformversuche sind bisher gescheitert. Was macht sie jetzt optimistisch?

Wir müssen nachhaltig pensionsfit werden und dafür ist es höchste Zeit. Eine Systemänderung benötigt mindestens 20 Jahre, um zu greifen. Jeder Tag, den wir länger zuwarten, ist ein verlorener Tag für unsere jungen Generationen.