Fußball

25 Jahre Ballesterer: Ein Gegenpol zum Fußball-Kommerz

Das österreichische Fußballmagazin „Ballesterer“ wird 25. Den modernen Fußball-Kommerz hat es zwar bislang nicht verhindern können – aber man muss es doch weiterhin probieren.

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Zu Fuß sind es nur ein paar Schritte von der Redaktion des österreichischen Fußballmagazins „Ballesterer“ bis zur Strudlhofstiege, an der Heimito von Doderer einst das wechselhafte Hin und Her der Geschichte festmachte. Kaum weniger weit weg, in anderer Richtung, liegt ein städtischer Fußballkäfig. Adresse: Erwin-Ringel-Park, benannt nach dem Psychiater und Erkunder der „österreichischen Seele“.

In diesem – zufällig symbolträchtigen – Koordinatensystem also entsteht der „Ballesterer“, ein Magazin, das in Österreich seinesgleichen sucht, und zwar seit einem Vierteljahrhundert. Chefredakteur Moritz Ablinger empfängt im Redaktionsbüro in einem Innenhof an der Porzellangasse: mutmaßlich ehemalige Hausbesorgerwohnung, klappriges Parkett, tiefes Licht, an den Wänden Fanschals, Mannschaftsfotos, ein Maradona-Porträt.

Als im März 2000 die erste Ausgabe des „Ballesterer“ entstand – inspiriert von einer Seminararbeit am Institut für Publizistik –, lief im deutschen Privatfernsehen gerade die erste Staffel von „Big Brother“ (u. a. mit Zlatko Trpkovski und Jürgen Milski), in der Österreichischen Bundesliga stand der FC Tirol Innsbruck vor seinem ersten von drei aufeinanderfolgenden Meistertiteln (u. a. mit Walter Kogler, Zoran Barišić und Ali Hörtnagl).

Soeben ist die 195. Ausgabe erschienen, Titelgeschichte „Hajduk Split“ – ein schönes Beispiel, wie dieses Magazin Fußballkultur begreift: Es geht nicht um Ergebnisse und Tabellenstände, sondern um Menschen und Kulturen, gern auch fremde, um Lebensumstände und Arbeitsplätze. Sehr oft auch um legendäre Spieler, Trainer oder Stadien, um radikale Fanclubs oder typische Fußballer-verletzungen (Wadenkrampf!), um vergessene Plätze und verpfuschte Karrieren.

Im ersten Editorial des „Ballesterer“-Gründers Reinhard Krennhuber ist nachzulesen, wie sich das Magazin selbst sieht: „Wir schätzen die Form des Balles und die Dauer eines Spiels und lieben Geschichten, die sich daraus ergeben.“ In diesem doch recht weiten Fokus werden Storys sichtbar, die der gewöhnliche Sportjournalismus übersieht, weil sie zwar mit Fußball zu tun haben, aber halt nicht unbedingt mit dem aktuellen Transferstatus bei Bayern München.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.