Gerichtsurteil

Andreas Flatscher ist zurück: So schmeckt's in der „Taverna“

Spaghetti Carbonara statt Steaks: Andreas Flatscher wendet sich in der „Taverna“ dem italoamerikanischen Dolce Vita zu.

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Die Servicekraft begrüßt uns gleich zu Beginn des Abends mit einem herzlichen: „Hallo, mein Name ist Roman.“ Den Chef des Hauses braucht er dafür nicht mehr groß vorstellen, es handelt sich nämlich um Andreas Flatscher.

Okay, für Nichtwiener: Flatscher hat in der Kaiserstraße im 7. Wiener Gemeindebezirk ein berühmtes Steakhaus namens „Flatschers“ betrieben und davor in der Josefstadt, genauer in der Albertgasse, die „Wäscherei“. An diesen Standort ist er nun wieder zurückgekehrt und hat dort kürzlich das „Taverna“ aufgesperrt.

Die schummrige Stimmung, eine große Amari-Auswahl und die stilvoll drapierten rot-weiß-karierten Tischdecken machen klar: Flatscher schielt hier mit beiden Augen in Richtung Italien und macht dabei auch vor amerikanischen Einflüssen nicht Halt. Und es wird eleganter, als es im Flatschers war. Die Outfits der Servicebrigade haben davon leider nicht viel abgekommen, deren Schürzen und Schleifen lassen den Eindruck entstehen, dass Andreas Flatscher gerne Sergio Leone wäre – und die Kostüme dafür halt bei einer Karl-May-Produktion ausgeliehen hat.

Unspektakulär gerät dann der Einstieg in den Abend – schade, denn das hier sollte eigentlich ein Herzstück der Karte sein: Die „Cicchetti“, (Bild unten) die kleinen Happen zum Aperitivo, bestehen in der „Taverna“ aus Brötchen mit wechselndem Belag (bei uns waren es Artischocke, Stracciatella und Anchovis, Lardo, Tatar, Salsiccia und Nduja), und die fallen leider ein bisschen langweilig aus. Es sind halt einfach Brötchen ohne Garnitur auf ein Brett drapiert.

Genug gesudert: Die „Spaghetti alla Carbonara del Capo“ (Bild ganz oben) sind ein Traum. Die Nudeln haben Biss, der luftgetrocknete, aus Schweinebacke gewonnene „Guanciale“-Speck ist erstens ausgelassen und zweitens salzig. Gemeinsam mit Parmesan und Ei ergibt das einen Pasta-Teller, der Biss, Cremig- und Würzigkeit sensationell miteinander vereint und der schmeckt wie von der Nonna gekocht. Darauf legt der Chef laut Karte übrigens viel Wert. Und in diesem Fall, Oma – es tut mir leid –, würde ich dich kurz mit Nonna Flatscher tauschen. 

Als Nächstes dann doch noch einmal back to the Flatschers beziehungsweise zum Rindfleisch, hier in Form eines „Italian Tartare“. Das befindet sich dank der vielen Tomaten eher auf der fruchtigen Seite und ist kein Kapern-Gurken-Overkill. Die Grissini dazu schmecken wie ein Ausflug in Nonnas Kräutergarten – könnte aber auch der vom Opa sein, da fehlt es mir an der Sensorik. 

Der Cioppino (Bild oben), ein Fisch- und Seafood-Eintopf, der Legende nach von italienischen Einwanderern erstmalig in San Francisco gekocht, ist herzhaft und doch zurückhaltend-ausgewogen. Calamari, Venus- und Miesmuscheln, Garnelen und Kabeljau bilden eine Einheit mit dem Sud aus Tomaten und Weißwein. Basilikum darübergestreut – wirklich perfekt. 

Einmal dreht die Oma noch auf: Unter dem Menüpunkt „La Cucina della Nonna“ findet sich ein „Pollo della Strada – Der Cadillac unter den Hühnern“. So steht es auf der Karte, und das eher gelbe als braune Hendl ist trotzdem knusprig und schmeckt sehr saftig. Die Pommes sind ein sehr natürlicher, ungeschälter und überraschend fettarmer Beifahrer. 

Zum Dessert dann der Grund, warum man laut „Taverna“ (Bild oben) eigentlich unbedingt in die „Taverna“ kommen sollte: Averna Sour. Ruft man im Lokal an, erzählt einem der Warteschleifen-Typ davon; auf der ersten Seite der Karte schreibt Andreas Flatscher darüber; und gleich darunter wird er noch mal als „Signature Drink des Hauses“ angepriesen. Die Erwartungen sind entsprechend gigantisch. Es kommt dann ein Averna mit Zitrone und einem speziellen runden Eiswürfel. Daran ist nichts falsch, aber es geht hier wohl mehr um den Namen. 

Jener von Andreas Flatscher ist nicht nur deshalb so klingend, weil er mal ganz gute Steaks serviert hat. Vielmehr scheint er seine Restaurants klug zu durchdenken und sie dann einem klaren Konzept unterzuordnen. Auch die Taverna erschließt sich ihren Gästen sofort – und lädt definitiv zum Wiederkommen ein. 

Stimmung: legere Eleganz 
Empfehlung: nicht (ausschließlich) wegen des Rindfleischs hingehen
Preisverhältnis: Cicchetti pro Stück zwischen 1,50 Euro und 3,50 Euro, Vorspeisen 11,90 Euro bis 22,90 Euro, Hauptspeisen 18,90 Euro und 22,90 Euro, Desserts 6,90 bis 9,90 Euro. Averna Sour: 6,50 Euro

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.