Bale wurde nach "hässlichem" Wales-Sieg zum Dauergrinser
Bale kam am Samstag nach dem erstmaligen EM-Viertelfinal-Einzug seiner kleinen Nation aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Dabei hat der Flügelstürmer allein mit seinem Club Real Madrid schon so vieles gewonnen. Doch noch vor einigen Monaten hätte er es wohl für ziemlich unwahrscheinlich gehalten, überhaupt mit den Walisern an einem großen Turnier teilnehmen zu können.
Jetzt steht das Land mit knapp drei Millionen Einwohnern in der Runde der besten acht Mannschaften des Kontinents - bei der ersten Teilnahme an einer EM-Endrunde überhaupt. Bale genoss diesen besonderen Triumph mit seiner kleinen Tochter auf dem Rasen des Prinzenparks. "Das mit meiner Familie feiern zu können, war sehr besonders", sagte er, während ihm seine Alba Violet die Schlagzeilen stahl. "Daddy, wir haben gewonnen!", titelte der "Sunday Mirror" neben einem großen Bild der Dreijährigen.
Über den glücklichen Ausgang des Spiels wollte und konnte sich Bale freilich nicht beschweren. "Wir haben gewusst, dass es ein hässliches Spiel werden wird", räumte der 26-Jährige ein. "Wir haben vorne nicht viel Platz gehabt. Wir haben aber hart gearbeitet und alles getan, was möglich war. Mehr kann man nicht verlangen." Tatsächlich war vor allem Bale selbst in der Offensive fast komplett abgemeldet, wurde dennoch zum "Man of the Match" gekürt.
Trainer Chris Coleman war sich nach dem Spiel bewusst, das Glück doch etwas strapaziert zu haben. Mit dem entscheidenden Treffer bescherte Nordirlands Verteidiger Gareth McAuley die Coleman-Truppe in der 75. Minute, als er in eine scharfe Flanke von Bale rutschte. Sein Team habe nicht gut gespielt, gab der Chefcoach zu. "Das lag aber nicht an uns, sondern daran, dass Nordirland sehr gut gespielt hat", ergänzte er.
"Es war ein hässliches Spiel, aber wen kümmert das?", sagte Coleman. "Das Glück hat uns heute angelacht, und ich glaube, wir haben das verdient. Über den Rest denken wir morgen nach." In der nächsten Runde wartet nun der Sieger der Partie zwischen Belgien und Ungarn auf Wales. Coleman: "Ich wüsste nicht, wen ich mir von beiden wünschen sollte. Jetzt kommen nur noch starke Gegner." Angst und bange dürfte diesen beim Anblick des Achtelfinales in Paris nicht geworden sein.
Nordirland erlebte nach der Brexit-Abstimmung am vergangenen Donnerstag die nächste kollektive Enttäuschung. Im Gegensatz zu Wales hatte sich die Bevölkerung des Commonwealth-Bruders auf der irischen Insel mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen - was das religiös gespaltene Land in heftige politische Turbulenzen stürzten könnte. Am Samstag wäre ein EURO-Verbleib durchaus machbar gewesen.
"Wir waren die bessere Mannschaft für die meiste Zeit des Spiels", stellte Teamchef Michael O'Neill klar. "Wir hätten uns zumindest verdient gehabt, in die Verlängerung zu kommen. Wenn es so endet, ist das schon sehr bitter." Entscheidend sei gewesen, dass man Bale einmal, im entscheidenden Moment ein paar Meter zu viel Platz gelassen habe, analysierte der 46-Jährige.
Dem Unglücksraben McAuley wollte er hingegen keinen Vorwurf machen. "Ich werde sicher nicht mit dem Finger auf ihn zeigen. Er hat eine Entscheidung in Bruchteilen von einer Sekunde zu treffen gehabt." Das nicht besonders hohe Niveau der Partie verteidigte O'Neill wie sein Gegenüber Coleman. "Wenn man im internationalen Fußball eine kleine Nation ist, muss man taktisch stark und darauf bedacht sein, dass man schwer zu schlagen ist. Das haben wir definitiv gemacht", sagte der Trainer. Für das Viertelfinale war das am Ende aber zu wenig.