Barbara Blaha
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Barbara Blaha: Ein Lohnplus zwischen sieben und neun Prozent muss drin sein

Die Leiterin des Momentum Institut sieht keine Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale, wenn Löhne kräftig steigen.

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Wer arbeitet, kann sich von seinem Einkommen immer weniger leisten. Die knapp vier Millionen Beschäftigten müssen sich heuer auf einen Reallohnverlust von vier Prozent einstellen. In mehr als 60 Jahren ist die Kaufkraft nicht so stark gesunken. Ohne Lohnerhöhung könnte es 2023 sogar Richtung zehn Prozent gehen. Wer um 100 Euro einkaufen geht, bekommt dann nur mehr Produkte im Wert von 90 Euro.

Preissteigerungen bei Wohnen, Essen und Energie gefährden den bescheidenen Wohlstand der unteren Mittelschicht. Jeder Dritte in Österreich kann seine Ausgaben nicht mehr kraft seines Einkommens bestreiten. Richtig eng wird es in den niedrigsten Einkommensschichten: 300.000 Menschen sind armutsgefährdet – obwohl sie arbeiten gehen.

Die Preise steigen rasch. Die Betriebe haben die Teuerung quer über den Warenkorb mittlerweile auf neun Prozent hinaufgeschraubt, zeigt die Statistik. Dadurch wird der Kuchen für Beschäftigte kleiner. Das gilt jedoch nicht für Unternehmen, die ihre gestiegenen Kosten an die Konsumenten weiterreichen, während sie ihre Gewinnspannen beibehalten. Manche schraubten in der „Gunst der Stunde“ die Gewinne sogar noch hoch. Der Mineralölriese OMV verdreifachte streckenweise den Gewinnaufschlag auf Benzin. Auch im Supermarkt werden Preisexzesse spürbar: Spar-Vorstand Markus Kaser beklagte jüngst die „maßlos überzogenen“ Preise der Lebensmittelkonzerne.

Eine deutliche Lohnerhöhung ergibt auch volkswirtschaftlich Sinn. Der heimische Teil der Wirtschaft – von der Buschenschank bis zur Tischlerei – lebt von der Kaufkraft der Menschen, die regional ihr Geld ausgeben.

Im Vorjahr haben heimische Unternehmen im Schnitt ausgezeichnet verdient – allen voran in der Industrie. Auf die Eigentümer regnete es rekordverdächtige Gewinnausschüttungen (Dividenden). Erwirtschaftet haben den Aufschwung nach Corona aber bitte auch die Arbeitnehmer. Sie sollten die Teuerung nicht allein schultern. Eine deutliche Lohnerhöhung ergibt auch volkswirtschaftlich Sinn. Der heimische Teil der Wirtschaft – von der Buschenschank bis zur Tischlerei – lebt von der Kaufkraft der Menschen, die regional ihr Geld ausgeben.

Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk ertönt zum Start jeder Lohnrunde die „Warnung“, zu hohe Löhne könnten die Preise nach oben ziehen. Das Totschlagargument heißt: Lohn-Preis-Spirale. Doch die Preise folgen in Österreich nicht den Löhnen. Die Löhne folgen den Preisen – und das nur zum Teil. Während die Preise im Schnellzug davonziehen, kommen die Löhne im Bummelzug nach: Die Lohnforderung ergibt sich mit Blick in den Rückspiegel: Verhandlungsgrundlage der Sozialpartner ist die Durchschnittsinflation seit vergangenem Herbst: Das sind nur 6,3 Prozent, nicht neun Prozent.

Wer heute vorsichtige Lohnabschlüsse fordert, aus Rücksicht vor einer angeblichen Lohn-Preis-Spirale, ruft besser Betriebe, Vermieter, Energiekonzerne zur Zurückhaltung bei der Preisgestaltung auf. Ohne kräftige Lohnerhöhungen müssen Beschäftigte die Krise sonst allein schultern. Ein Lohnplus zwischen sieben und neun Prozent muss drin sein. Bei den untersten Lohngruppen sollte es noch höher ausfallen. Alles andere können wir uns als Gesellschaft nicht leisten.

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Anders als Barbara Blaha sieht es der liberale Ökonom Lukas Sustala. Seinen Text können Sie hier lesen:

In "Cash & Clash" streitet die Gründerin des linken Momentum Instituts, Barbara Blaha, regelmäßig mit dem wirtschaftsliberalen Ökonomen, Lukas Sustala. Er leitet die Neos-Parteiakademie. Beide legen Wert darauf, parteiunabhängig zu argumentieren.

Barbara Blaha

Barbara Blaha

leitet das ökosoziale Momentum Institut.