Der französische Fotograf Leo d'Oriano begleitete ein „Polykül” während der Lockdowns.
Beziehungsleben

Polyamorie oder Lieben ohne Lügen und Heimlichkeiten

Polyamorie bedeutet, mehrere Liebesbeziehungen transparent und mit Ehrlichkeit für alle Beteiligten nebeneinander zu führen. Gespräche mit sieben Menschen, die „poly“ leben, über ihren Lebensentwurf, den Umgang mit Eifersucht und die Philosophie dahinter.

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Mario kommt schon mit einer gepackten Reisetasche zu unserem Treffen, denn gleich danach fährt er mit einer neuen Beziehung erstmals auf einen gemeinsamen Urlaub: „Ich bin total verliebt!“Sein Partner seit 15 Jahren, Sven, ein bildender Künstler, weiß nicht nur davon, sondern kommt damit auch völlig entspannt klar: „Natürlich empfinde ich da Mitfreude. Ist doch auch ganz logisch. Da Mario der Mensch ist, den ich liebe, freue ich mich, wenn es ihm gut geht.“ In dem „Polykül“ der beiden haben sowohl Sven als auch Mario noch eine zusätzliche Liebesbeziehung. Völlige Transparenz ist der Sauerstoff, der dieses System aufrecht hält. „Der Schlüssel für ein solches Miteinander ist Kommunikation“, erklärt Sven: „Natürlich hat jede Person unterschiedliche Bedürfnisse und auch unterschiedliche Ängste. Aber wir reden darüber.“ Es könne durchaus vorkommen, dass „einer den anderen tröstet, wenn in einer anderen Beziehung gerade etwas schiefläuft oder gerade größerer Heartbreak nach einer Trennung angesagt ist.“

Das Tolle ist, dass bei Geburtstagen oder zu den Weihnachtsfeiertagen alle gemeinsam an einem Tisch sitzen können. Also zumindest fast immer. Mario, der als Chorleiter und Gesangslehrer arbeitet, meint: „Selbst wenn mir einer seiner Partner auf die Nerven ginge, würde ich niemals sagen: ‚Trenn dich von ihm!‘ Das empfände ich als übergriffig.“ So ein Polykül habe für ihn immer etwas von „einem Mobile“: „Es bewegt sich ständig und ist nie im Stillstand.“

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort