#brodnig: Ätzende Methoden
Im Internet kursieren allerlei Versprechungen über angebliche Wundermittel – und in der Corona-Krise haben solche Angebote Konjunktur. Das ist zumindest der Eindruck, den Christoph Baumgärtel, Experte des österreichischen Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen, hat. Ich habe mit ihm vor wenigen Tagen gesprochen. Konkret kriegt er immer wieder Anfragen zu einer Substanz namens „Chlordioxid“. Achtung: Chlordioxid ist ein Bleich- und Desinfektionsmittel und somit eine Chemikalie, die man nicht trinken sollte. Manchmal wird auch der Begriff „MMS“, kurz für „Miracle Mineral Supplement“, verwendet oder „CDL“, was für Chlordioxid-Lösung steht.
Seit einigen Jahren kursiert die Behauptung, Chlordioxid würde extrem viele Krankheiten heilen, von AIDS über Malaria bis hin zu Krebs. Wenig überraschend haben die Chlordioxid-Gurus nun auch erkannt, dass Chlordioxid angeblich vor dem Coronavirus schützen würde. Das Problem: Manche Menschen sind für solche Versprechungen empfänglich. Baumgärtel merkt, dass der Behörde seit Beginn der Pandemie deutlich mehr E-Mails geschrieben werden. „Einerseits erzählen uns Menschen, dass ihnen das Mittel im Bekanntenkreis angeboten wurde – und sie fragen, ob eine Einnahme vernünftig ist. Die Antwort lautet Nein.
Auch berichten uns manche, dass sie gesundheitliche Probleme bekamen, nachdem sie das Mittel ausprobierten. Andererseits regen sich Einzelne bei uns als Behörde auf, dass es eine Frechheit sei, dass wir vor dem Mittel warnen. Dann heißt es manchmal auch, wir wären Teil einer Verschwörung.“ Chlordioxid wird zum Beispiel zur Oberflächenreinigung von Gebäuden oder auch in der Landwirtschaft eingesetzt: Es kann tatsächlich in hoher Konzentration Viren abtöten. Aber wenn man es trinkt, besteht die Gefahr, dass es nicht nur Viren im eigenen Körper abtötet, sondern auch menschliche Zellen.
Häufig berichten Menschen von Durchfall und Erbrechen, nachdem sie das Desinfektionsmittel verdünnt mit Wasser tranken. Auch kann die Einnahme zu Verätzungen im Magen-Darm-Trakt führen oder gar zum Nierenversagen. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat nun schon mehrfach offiziell vor diesem angeblichen Wundermittel gewarnt. Das Tragische ist: Die Verunsicherung, die in Zeiten einer Pandemie aufkommt, scheint jenen in die Hände zu spielen, die Hoffnung auf eine simple Heilmethode wecken.