#brodnig: Atemlos

Für Smartphone-Junkies gibt es einen guten Tipp: Stärker auf den eigenen Körper achten.

Drucken

Schriftgröße

Ich war neulich bei einem interessanten Workshop: Der amerikanische Medienwissenschaftler David Levy sprach über "Mindful Tech", also die Frage, wie man achtsam Technologie wie Smartphones oder den Computer nutzen kann. Das Problem ist, dass sich viele Menschen (ich inklusive) von den Geräten gestresst fühlen. Man öffnet das E-Mail-Postfach, und schon verkrampft man sich unbewusst, weil man eine negative Nachricht erblickt oder von der Flut der E-Mails übermannt wird. Levy hat über "Mindful Tech" ein gleichnamiges Buch geschrieben. Er beschreibt darin, wie moderne Technologie bei uns körperliche Reaktionen auslöst: Zum Beispiel sitzen viele von uns ziemlich verkrampft am Computer und merken es nicht einmal (passiert mir ständig). Oder Menschen atmen unentspannter, wenn sie ihre E-Mails erblicken. "Wow, ich halte meinen Atem nahezu an, wenn ich meine Inbox nur anschaue", hat zum Beispiel eine seiner Studentinnen notiert.

Wenn man (...) merkt, dass die Nutzung solcher Technik stresst, soll man selbst die Nutzung verändern.

Levy lehrt auch den Umgang mit Technik und hat Übungen entwickelt, die helfen, den eigenen Körper beim Klicken stärker zu beobachten. Bei einer dieser Übungen geht es darum, sich selbst einige Tage beim Lesen von E-Mails zu beobachten. Man soll niederschreiben: a) wie man E-Mails benutzt, b) welche Körperhaltung man einnimmt/wie die eigene Atmung verläuft/welche Emotionen man spürt, c) wie sich Körperhaltung und Gemüt verändern, wenn man das Postfach öffnet, d) inwiefern man einen Drang spürt, E-Mails zu checken.

Wenn man bei solchen Übungen dann merkt, dass die Nutzung solcher Technik stresst, soll man selbst die Nutzung verändern (zum Beispiel kann man lernen, nur zu gewissen Zeiten und mit eiserner Konzentration E-Mails zu checken, anstatt den ganzen Tag eintreffenden E-Mails hinterherzuhecheln).

Solche Tipps mögen simpel klingen, aber in der Praxis sind sie das nicht: Denn einerseits sind unsere Geräte auf ständiges Vibrieren/Blinken/Piepsen und auf ständige Ablenkung programmiert. Und andererseits macht es gerade die körperlose Kommunikation im Internet für viele leicht, den eigenen Körper zu vergessen

Wie denken Sie darüber? Schreiben Sie mir unter [email protected] facebook.com/brodnig twitter.com/brodnig

Mehr aus dieser Rubrik:

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

war bis Dezember 2023 Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.