#brodnig: Big Papa is watching
Besonders unbehaglich an George Orwells "1984“ ist die Verunstaltung der Sprache: Mit "Neusprech“ und Slogans wie "Freiheit ist Sklaverei“ soll die Denkweise manipuliert und totale staatliche Kontrolle als etwas vermeintlich Positives dargestellt werden. Mein Eindruck ist, dass auch manche App-Hersteller einen Orwell’schen Umgang mit Worten pflegen: indem sie totale Überwachung als eine angeblich sinnvolle Dienstleistung darstellen - vor allem im Umgang mit den eigenen Kindern. Zum Beispiel gibt es die App "Trackidz“, die Eltern für Android-Handys herunterladen können: Die Website des Herstellers ist bunt, wirkt kindgerecht. Der Werbeslogan des Produkts lautet: "Schutz und Sicherheit für Ihr Kind, Beruhigung für die Eltern.“
"Beruhigung“ wird hier mittels Überwachung hergestellt: Man kann die App am Smartphone der eigenen Tochter oder des eigenen Sohns installieren und jeden Schritt aufzeichnen, den das Kind auf dem Gerät unternimmt: Welche Websites es aufruft, mit wem es Nachrichten austauscht, wie viele Minuten es online ist. Und einige Väter und Mütter finden das großartig. "Wirklich gute Unterstützung der Eltern“, schreibt ein User online.
Total irre! Kinder, denen solch eine App aufgezwungen wird, haben keine digitale Privatsphäre mehr. Doch zum Heranwachsen gehört, dass Eltern nicht jeden einzelnen Schritt mitverfolgen können, dass man mal heimlich "Bravo“ lesen, eine Porno-Website aufsuchen oder unbeobachtet peinliche Aufklärungsfragen googeln kann. Man stelle sich vor, die eigenen Eltern hätten früher eine Videokamera ins Kinderzimmer gehängt und dann ausgewertet, was man Minute für Minute tat. Die meisten von uns hätten das verstörend gefunden.
Aktuell wird aber das Recht auf Privatsphäre von Kindern als Sicherheitsrisiko umgedeutet - und ständiges Überwachen zur "Beruhigung“ empfohlen. Orwell hätte das nicht besser erfinden können!