Ingrid Brodnig

#brodnig: Der Hund hat meine Maske gefressen!

Mit Ausreden und problematischen Tricks versuchen Menschen, das Maskentragen, die Impfung und das Testen zu verweigern - hier ein paar Beispiele, wie grotesk und gefährlich die Ideen dazu im Netz sind.

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Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Es reicht mir langsam. Seit Monaten lese ich in Online-Gruppen mit, in denen sich Impfgegner:innen austauschen. Und man bekommt dort wirklich viele freche Versuche mit, wie Menschen die gesetzlich vorgeschriebenen Pandemiemaßnahmen umgehen wollen. Drei Beispiele:

1. In einer impfgegnerischen Telegram-Gruppe postet ein User namens "Patrick":

"Hat von euch wer einen tipp, was man schreiben kann, wenn man eine anzeige wegen fehlender FFP2-maske bekommt und das attest von dr.eifler nicht akzeptiert wird?" Zur Erklärung: Peer Eifler war einst Arzt in Bad Aussee, bis er damit aufflog, dass er über das Internet Maskenatteste ausstellte. Mittlerweile hat der Mann Berufsverbot. Es ist also vollkommen richtig, dass die Wiener Linien solche unseriösen "Atteste" nicht akzeptieren. Prompt aber geben andere User:innen Tipps, was Patrick machen soll. Zum Beispiel: "Schreib du hattest einen Schnupfen mit komplett verstopfter Nase und hattest derartige Atemprobleme, dass du die Maske nicht tolerieren konntest." Meines Erachtens sind viele Ausreden der Maskenverweigerer:innen argumentativ auf dem Niveau: "Der Hund hat meine Maske, äh, Hausaufgabe gefressen."

2. Ebenfalls in dieser Anti-Impf-Gruppe schreibt eine Userin, sie könne den Gurgeltest nicht machen, weil sie es nicht schaffe, mehr als zehn Sekunden zu gurgeln, dann "fange ich an zu würgen".

Daraufhin geben ihr andere Tipps, wie sie diesen PCR-Test umgehen kann: "Einfach die Lösung direkt ins Röhrchen und Luft gurgeln. (...)" Oder: "So tun als ob, ins Röhrchen spucken, den Dreck dazu schütteln und fertig. Ich mach gar nichts. Die bekommen meine DNA nicht. (...)" Man merkt bei einigen Postings auch, dass manche Menschen wirklich Verschwörungsmythen glauben oder zumindest ein Misstrauen in den medizinischen Apparat haben - sie verweigern den PCR-Test zum Beispiel, weil sie Angst haben, dass irgendetwas Bösartiges mit ihrer DNA passiert. Einzelne fragen sich, ob in der Kochsalzlösung des Gurgeltests eine gefährliche Substanz enthalten sein könnte. Es ist einerseits traurig, dass manche Menschen wirklich solche absurden Ideen für glaubhaft halten. Andererseits ist es aber für uns als Gesellschaft ein ernsthaftes Problem - weil in solchen Gruppen kategorisch versucht wird, Sicherheitsmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus zu unterlaufen.

3. Derzeit versuchen manche, sich gezielt mit dem Virus anzustecken.

Eine Userin namens "Dani" schreibt in einer anderen Anti-Impf-Gruppe etwa: "Ist aktuell wer positiv und kann mir Spucke geben?" Es gehe ihr "um ein positives attest". Daraufhin meint einer: "Du weißt aber schon, dass eine Quarantäne fällig ist, wenn du positiv bist, oder?" Dazu Dani: "Ja und!?Quarantäne die eh niemand kontrolliert."

Wohlgemerkt: Solche überzeugte Impfgegner:innen-Gruppen auf Telegram sind ein winziger Ausschnitt der Gesellschaft - aber in vielen Konversationen online kann man nachlesen, wie Menschen versuchen, mit fadenscheinigen Ausreden, fragwürdigen "Attesten" und anderen Tricksereien die bestehenden Sicherheitsauflagen zu umgehen.

Das Problem ist dabei nicht nur, dass diese Menschen (oft Ungeimpfte) sich selbst gefährden, weil sie zum Beispiel keine Maske tragen oder beispielsweise Infizierte darum bitten, dass sie sich mit ihrer Spucke anstecken können. Ebenfalls unbehaglich ist ja, dass der Rest der Gesellschaft von diesem Verhalten potenziell mitbetroffen ist: Es ist auch für andere gefährlich, wenn Patrick ohne Maske Öffi fährt - er kann vielleicht eine Person anstecken, bei der die Impfung wegen einer Immunschwäche wenig wirkt. Ebenso ist es problematisch, dass Dani laut eigener Darstellung nicht nur sich selbst infizieren will, sondern auch noch erklärt, dass man ohne große Probleme die Quarantäne brechen kann.

Seit Monaten lese ich solche Konversationen, und es regt mich wirklich auf, wie viel Energie und wie viel Unverfrorenheit manche Menschen an den Tag legen, nur um nicht die Maske tragen zu müssen oder sich nicht testen oder impfen zu lassen. Ich glaube, es ist weiterhin wichtig, dass wir versuchen, Menschen mit wissenschaftlichen Fakten zu erreichen - denn ein großer Teil dieser Maßnahmenverweigerung baut darauf auf, dass Menschen wirklich Falschmeldungen aufgesessen sind, die Angst vor Masken/Impfen/Testen machen. Aber wenn Einzelne sich unseriöse "Atteste" im Internet holen, wissentlich die Quarantäne brechen oder mit Gleichdenkenden nach Ausreden suchen, habe ich dafür kein Verständnis.

Solche Online-Chats zeigen in meinen Augen, dass wir hier streng sein müssen, dass wir genügend Kontrollen von der Polizei einfordern müssen. Denn wenn in solchen Gruppen weiterhin der Eindruck besteht, man könne tatsächlich konsequenzlos die Quarantäne brechen oder mit Fantasie-Attesten maskenlos U-Bahn fahren, werden wir viel mühsamer und schwieriger aus der Pandemie kommen, als dies der Fall sein müsste.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

war bis Dezember 2023 Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.